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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 4.1901

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Karabacek, Joseph von: Nachträgliches zu dem vorstehenden Aufsatze
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Wolfgang Reichel
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https://doi.org/10.11588/diglit.31585#0256

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Für diese 46 Wettschießen mit 272 Bogen-
schützen ergeben sich, nach den 8 verschiedenen
Windhilfen geordnet, somit als höchste Treffer:

I. X021 —1150 Ellen Distanz,

II. 700—1282 „ „

III. 1011—1160 „ „

IV. 1012—1223 „ „

V. 901 —1031

VI. 928—1190 „ „

VII. 945 — 1279 „

VIII. 1072—1271 „ „

Nach der Zahl der Wettschießen und der daran
Theilnehmenden dürften die Winde VI, VII und VIII
fiir die günstigsten erachtet worden sein. Wie die
ausgeklügelte Benützung der Windrichtungen, waren
es auch die besonders hergerichteten Projectile —
man verwendete sogenannte Menzil oklärü, ,Pfeile,

die ans Ziel kommen ‘ —, welche Zur Erreichung
der an sich außerordentlichen, aber erkünstelten
Resultate mithelfen mussten, wobei außerdem anzu-
nehmen ist, dass man, um die Pfeile möglichst weit
zu schleudern, dieselben keineswegs immer eine
rasante Bahn nehmen ließ.

Mögen nun die hier zum erstenmale veröffent-
lichten Wettschießdistanzen — die des Anaxagoras
mitinbegriffen — immerhin für die Geschichte des
Sportwesens von Interesse sein: für die Erkenntnis
der Schusskraft und Treffsicherheit der aus
den Bogen entsendeten Pfeile sind sie meines Er-
achtens ziemlicli belanglos. Dass die daraus resul-
tierende Schus s wirkung, worauf es ja im Kampfe
ankommt, nur auf erstaunlich geringe Distanzen erzielt
werden konnte, wird sich auf Grund ernster Quellen-
forschung zur Evidenz erweisen lassen.

Wien. JOSEF KARABACEK.

Wolfgang Reichel.

Einen kummervollen Verlust haben wir in dem
vorzeitigen Hingang eines nächsten treusten Arbeits-
genossen erlitten, des Secretärs Dr Wolfgang Reichel,
der am 18. December vorigen Jahres zu Athen einem
tückisch vorbrechenden Leiden im besten Mannes-
alter erlag.

Auf ungewöhnlichen Wegen der Entwickelung
hatte er lange den zusagenden Beruf gesucht, in
dem er mit geschlossener Kraft dann Eigenthümliches
leisten sollte. Geboren am 2. Mai 1858 in Wien als
Sohn eines feinsinnigen Gymnasialprofessors, an
dessen erziehliche Einwirkungen sich hervorragende
Gelehrte heute noch dankbar erinnern, nach dem
frühen Tode des Vaters weiter gebildet an den
Mittelschulen von Darmstadt, wohin die Familie
zeitweise übersiedelt war, betrieb und vollendete er
an der Wiener Universität die gesetzlichen Studien
der Jurisprudenz, ohne sich schließlich für diese
Laufbahn entscheiden zu können. Es folgten sorglose
Jahre, in denen ihn die geliebte Mutter, von der
ihm Phantasie als bestimmendes Erbtheil über-
kommen war, willfährig seinen eigensten Neigungen
überließ. Musikalische Bediirfnisse, die sich in leiden-
schaftlicher Hingabe an die Schöpfungen Richard

Wagners befriedigten, dichterische Anlagen, geweckt
und genährt an den Lieblingsschriftstellern Lessing
und Shakespeare, zuletzt kunsthistorische Anregungen,
die er aus Vorlesungen Eitelbergers und Wickhoffs
empfieng, beschäftigten ihn während dieser Zeit an-
gelegentlich, in gemäßeren, doch unruhig tastenden
Bethätigungen. Er hatte das 28. Lebensjahr erreicht
als ihn ein Zufall in unser archäologisch-epigraphisches
Seminar brachte. Hier lernte er, von einem Verbande
Gleichstrebender sympathisch angezogen, den Wert
wissenscbaftlich begrenzter Aufgaben kennen, die
sacblich wie formell, indem sie einen freien Selbst-
gewinn von Ergebnissen ermöglichlen, sein Interesse
trafen und dauernd festhielten. Ernst holte er alsbald
nach, was ihm an sprachlichen Vorkenntnissen ge-
bracb, mit archäologisch geschärften Augen vertiefte
er sich namentlicli in Homer, und ein kritisches
Studium der bedeutenden Leistung Wolfgang Helbigs
fiihrte ihn in die Denkmälerwelt des mykenischen
Zeitalters, in der er als Forscher allmählich wie
kaum ein zweiter heimisch ward. Nunmehr ver-
schloss er sich allem Abziehenden und nutzte für
das erkannte Ziel zunächst eine vorbereitende Um-
schau in den Museen Deutschlands, später einen

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