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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 4.1901

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Benndorf, Otto: Über die Großbronzen des Museo Nazionale in Neapel
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https://doi.org/10.11588/diglit.31585#0197

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geformt, worauf der Zuschnitt der Brust und die stillos mächtigen, so nur der
Steintechnik gemäßen Seitenarme hindeuten — und der als bloßer Copist keine
Scheu trägt, mit einem anorps den Schein seiner Urheberschaft zu erzeugen.

In der Zeit; als sich die hellenische Civilisation Rom und das lateinische
Italien eroberte, muss in Griechenland neben einer erstaunlichen Vervielfältigung
kunstg*eschichtlicher Sculpturen in Marmor ein nicht minder blühender Betrieb
vervielfältigender Erzgießereien einhergegang'en sein. Nur so erklärt sich die
Thatsache; dass auch unter den Bronzen unseres Antikenbesitzes Originale selten
sind. Während productive Kräfte neue Aufgaben im Auslande fanden, beuteten
geringere die alte Kunst der Heimat aus; indem sie nach Abg'üssen oder frischen
Modellen immer wieder dieselben berühmten Werke derVorzeit in beliebig'er Größe
bald in Bronze; bald in Marmor, wie die Besteller wollten; wiederholten und den
Wert ihrer Wiederholungen gelegentlich durch Signaturen steigerten, die; wenn
echt; im Grunde Fabriksmarken waren. Hauptplatz dieser Production, bevor Rom
der Centralmarkt einer Reichskunst wurde; war wohl immer Athen; und wie emst
mit den vielbeg'ehrten Töpfereien des Iverameikos werden damals ganze Schiffe
voll solch moderner Sculpturware aus Attika nach Italien g'egangen sein. Aber
Italien war nur das hauptsächliche; nicht das ausschließliche Consumptionsg'ebiet.
Von wie vielen entlegenen Provinzialplätzen jener Zeit sind heute Copien attischer
oder mittelgriechischer Sculpturen des fünften und vierten Jahrhunderts bekannt;
die nach dem Grade ihrer Übereinstimmung nicht an ihren zufälligen Fundorten
entstanden sein können; vielmehr auf gemeinsame Productionsquellen zurück-
schließen lassen. Von einem mit Götterbildern befrachteten Boote; das im ersten
Jahrhundert n. Chr. aus dem Piraeus nach Ionien fuhr; gibt zufällig Philostratos
Nachricht in dem Feben des Apollonios von Tyana. 46) Ein Prachtgebäude der
ersten Kaiserzeit, das wir in Ephesus aufdeckten; war mit g'leichzeitigen Marmor-
werken pol)ddetischen und praxitelischen Stiles g'eschmückt; die g'enau so vom
Palatin stammen könnten, und ebendort kamen reizvolle Ivleinbronzen zum Vor-
schein; die man ohne Kenntnis des Fundortes ohne Weiteres für pompeianisch
halten würde. 47)

Eine lehrreiche Analog'ie zu diesen Handelsverhältnissen bietet die heutig'e
Kunstindustrie von Neapel; die fast ausschließlich von der Antike lebt und in den
letzten Decennien einen ung'eahnten Aufschwung' durch den enorm sich steig'ernden
Fremdenzuspruch erfuhr. Die neueste Guida commerciale von Neapel führt acht;
mehr oder minder groß eingerichtete Etablissements auf; in denen alle namhaften
4G) Pliilostr. vita Apoll. V 30.

47) Vgl. Jahresliefte I Beibl. 67 ff.
 
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