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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 4.1901

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Keller, O.: Über das Romulusgrab, die älteste Foruminschrift und die beiden Löwen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31585#0249

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Dadurch soll wie gesagt nicht in Abtede gezogen
werden, dass die Opferreste in der dreieckigen Grube
aus viel friiherer Zeit stammen können. Schwerlich
haben sie alle dem Romulus gegolten.

Am Grahe des Heros Eponymos machlen die
Leichcnziige der Patricier Halt; hier wurde die lau-
datio gebalten. Wahrschcinlich ist eben aus diesem
Anlass die Existenz der Rednerbühne an dieser
Stelle des Forums liervorgegangen: selbstverständlich
erst in der nachköniglichen Zeit.

Um nun nocb ein Wort über des russiscben
Gelehrten Enman Hypothese, das Ganze beziehe sicli
auf ein Heiligthum des Terminus, zu sagen, so wird
dieseibe mit dem besten Wilien von niemand ge-
billigt werden können. 8) Seine ursprüngliclie Idee,
dass hier auf dem Forum von einem wirklichen
Grenzstein und vom Auspflügen desselben die Rede
sei, lässt Enman in seiner neuesten ausfübrlichen
Darlegung jetzt sclber fallen. Es sei ein Druckfehler:
er hahe den Gott Terminus, nicht einen wirklichen
terminus gemeint. Allein wenn hier gleichsam das
Centralheiligtum der ganzen Terminusverehrung ge-
wesen sein soll, so hat das honc (eigentlich hon<(ke
terminom)>) gar keinen vernünftigen Sinn; man er-
wartet dann vielmehr DiovemTerminom, s.Dion. Haiic.
II 74: 'H rcspl öpiapoo; töv xxvjascüv vauoS-saia'
xsmpoccg ~(ccp sxdaxcp -rcspiypcecpcct. xrjv saoxou y.x^aiv xai
axrjaa.L Xid-oo' sxi xoi' öpoig, tspoj; aTisöstgsv öptou
Ätöp xojp ZtS'OUj ... si ös xtp a^avtastsv fj psxa-
D-SIT] XOÜJ öpoug, tspöv SVO|Jto3-SX7]GSV stvai xoö 3-soö xöv
xojxtüv xt StaTtpa^dpsvov. Die von Enman vorge-
schlagene Deutung ,den Terminus hier‘ wird wenig
Beifall finden. Wenn dann weiterhin behauptet wird,
die Reste, die auf uns gekommen sind, beweisen, dass
die Tödtung des Rinderpaares, mittels desscn ein

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Grenzstein ausgepflügt wurde, bestimmt sei, so spricht
dagegen erstens, dass iumenta nicht von den dem
Pflug vorgespannten Rindern gesagt zu werden pflegt,
sondern von beliebigen Zugthieren eines Wagens; 3 10)
zweitens, dass für gewöhnlick nicht mit Stieren, son-
dern mitOcbsen und Kühen gepflügt wurde, der Aus-
druck tauri statt des ailein richtigen boves lu) also ein
juristisches Unding wäre; drittens, dass weder
vom exarare noch von einem terminus noch von dem
Tödten von Rindern auch nur eine halbwegs sichere
Spur vorliegt; die einzige Basis sind die Buchstaben
TAV, aus welchen er seine ,Stierc‘ gemacht hat. 11)
Und wenn endlich Enman trotz meiner Einsprache
an seiner Conjectur ,et‘ = ,und‘ festhält (S. 105
seiner Abhandlung), so hätte er sich doch durch
die Betrachtung der Scipionengrabschriften und des
Senatsbeschlusses über die Bacchanalien, durch die
Inschrift des Mummius u. s. w. überzeugen können,
dass die älteste Latinität kein ,et‘ = ,und‘ kennt,
sondern entweder que oder atque verwendet. 12) Einen
zweiten sprachlichen Fehler in seinen Ergänzungen:
exarasset statt exarauerit hat er als lapsus calami er-
klärt und zurückgenommen. Dagegen hält er gegen
Ceci an der Annahme fest, dass die dritte Person
Pluralis im Altlateinischen ein d statt des t haben
könne, gerade wie die dritte Person des Singularis;
er sclieint zu. übersehen, dass er hiemit nicht bloß
den übrigen altlateinischen Texten, sondern auch dem
Umbrischen, Oskischen u. s. w. gegenüber eine
Singularität statuiert. Aber freilich, wenn er auf sie
verzichtete, würdp sein ganzes Kartenhaus sogleich
zusammenfalien. Es wäre ja schön gewesen, wenn
der Gedanke Enmans sicli hätte plausibel machen
lassen, so aber muss der Spruch zur Geltung kommen:
Näcps xat pspvaa’ dTUaxsIv.

Prag. O. KELLER.

8) Herr ProfessorEnman hatte die Freundlichkeit,
mir seine russisch geschriebene neueste Abhandlung,
Extrait du Journal du Ministere de Plnstruction publi-
que, 1900 Nov. et Dec. zuzusenden. Vor Enman
hat übrigens schon Giacomo Cortese an das termi-
num exarare gedacht, Not. d. scavi 1899 (MAi) P- 170.

°) Eher möchte man sich armenta gefallen lassen,
wenn Enmans Idee bewiesen werden soll.

10) Boves heißt es auch in der That ausdrück-
lich in jener Eeslusstelle, auf welche Enman seine

Hypothese gegründet liat: Termino sacra faciebant,

quod in eius tutela fines agrorum esse putabant.

Denique Numa Pompilius statuit eum, qui terminum
exarasset, et ipsum et boves sacros esse.

u) Ich selber habe an dieser Stelle der Insclirift
eine andere Wortabtheilung und Ergänzung vorge-
schlagen, nämlich käpiad ot auehad. Mit ot = aut
vgl. origa, Fostlus, Orata, Plotius, Clodius, das ote
= aut der iguvinischen Tafeln u. a. Unmöglich ist
die Annahme eines archaischen ot = aut gewiss
nicht, doch finden ändere vielleicht etwas besseres.

12) Auch die Spraclivergleichung zeigt, dass que,
griechisch xs, altindisch tscha, das urspriingliche echte
Wort fiir ,und‘ ist, niclit aber ,et.‘
 
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