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Prähistorische Blätter — 1.1889

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Nr. 6
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Versammlungen und Vorträge
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https://doi.org/10.11588/diglit.33613#0103

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Versammlungen und Voidräge.

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Versammtungen und Vorträge.
In der Sitzung der Berliner anthropologischen Gesellschaft
vom 16. November machte der Vorsitzende, Geh. Rath Prof. Dr. Virchow
die Mittheiiung, dass die Geselischaft am nachstfolgendem Tage, den 17. Nov.
gerade zwanzig Jahre bestehe und gab dabei von einem hochherzigen Ge-
schenke des Herrn C. Künne in Charlottenburg Kenntniss; dasseibe be-
steht. in einer 836 Nummern entiialtenden Bibliothek anthropo-
logischer Werke. Aus den Eingängen erwähnon wir den Bericht des Herrn
G. Stimming-Brandenburg iiber einen neuen nahe der Stadt Brandenburg
gemachten Gräberfund, sowie einen diesem benachbarten Bronzefund, ferner
den Bericht des Herrn Dr. H. Jentsch-Guben iiber die Erschliessung eines
provinziai-römischen Gräberfeides bei Reichersdorf.
Dr. Reiss hieit sodann seinen Vortrag iiber Steinzeitfunde aus
Aegypten. Redner hat inFolge der vonVirchow gegebenenAnregungen
seinen Aufenthalt in Aegypten während des letzten IVinters dazu benutzt,
nach Resten der altägyptischen Steinzeit zu suchen. Von Assuan hinab
bis Kairo und das Fayum durchforschte er die Thalränder des Niliandes
und eine erhebiiche, der Versammlung vorgelegte Auswahl von Steinge-
räthon veranschaulichte die Ergebnisse seiner Studien. Den Kunstproducten
des Feuersteinzeitaiters liatte er vergleichshalber eine grössere Zahl von
Stücken beigefügt, welche die Formveränderung der Feuersteinknolien durch
natiiriiche Einíliisse — Sonnenhitze, Abschleifung bei ÍVassertransport
u. dgl. — zeigen. Ausser deň bereits frhher bekannt gewordenen Fund-
stätten hat Vortragender übrigens eine neue entdeckt, nämlich bei Dimeh
am Rande des Fayum. Dort finden sich atie moglichen Formen des Stein-
geräthes beisammen. Dieselben liegen so, dass man annehmen muss, am
Fusse der nahen Felshänge des lybischen IVüstenplateau's habe eine grössere
Stoinwerkstatt gelegen, von welcher her die Stiicko durch zeitweilige heftige
Regengiisse angeschwemmt sind. Die Aufschhessung dieser Fundstätte
wurde von Geh. Rath Virchow in einem dem Vmtrage angeschlossenen
Nachworte als ganz besonders freudig zu begriišsen hervergehoben.
Den letzten Theit der Sitzung fiiUte der Bericht V i r c h o w ' s über
den diesjährigen Kongress der deutschen anthropologischon Gesellschaft
in Wien. Vortragender riihmte die vollendete Gastiichkoit, mit welcher
die Gesellschaft in Wien und Budapest empfangen worden ist, der mit
diesem Kongresse angekniipfte freundschaftliche Verkehr der betreffenden
Gelehrten beider Länder erwecke schöne Hoffnungen fiir ein gedeihliches
danorndes Zusammenwirkeu. Zu den wissenschaftlichen Erörterungen des
Kongresses sei iibrigens ais bemerkonswerth die Neigung der Oesterreicher
hervorgetreten, den Weg iiber den Balkan ats den zu betrachton, welchen
die alte Kultur bei ihrem Vordringen von Siid nach Nord genomtnen habe.
Wenn diese Ansicht auch einen gewissen Fortschritt gegenüber der, heute
noch mehrfach in Frankreich vorhatidenen, bezeichne, welche die Wiege der
Kultur nach dem Kaukasus verlege und die Donau als die Heerstrasse der-
selben bei ihrem Zuge in die Abendländer erachte, so sprcche doch ge-
nauer betrachtet fíir den Baikan weiter nichts, als dass man eben nichts
vom Balkan wisse. Da sei es doch noch immer rathsatner, anzunehmen,
dass diese Kultur iiber Italien und die Ostalpen naoh Deutschiand gedrungen
soi, und namentlich die schönen und aiie Kronländer umfassenden vorge-
schichtiichen Sammiungen des Wiener Ilofmuseums böten in dieser Hinsicht
reichen Stofť zur Aufheliung jenes Weges. Hierbei beklagt Redner die
jetzt in Deutschland, bez. Preussen um sich greifende Neigung zur Zer-
 
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