Amphitheater und Thermen.
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Bauten, dass das Colosseum in Rom 87,000 Zuschauer zu fassen vermochte,
und so unsinnig mitunter der Aufwand, dass in Rom allein, innerhalb eines
einzigen Jahres, 4 bis 5000 Gladiatoren auftraten. Aber selbst die Auf-
regung blutiger Gefechte reichte nicht mehr hin, um den Schaukitzel des
niedrigen und vornehmen Pöbels zu befriedigen. Es kam soweit, dass Do-
mitian einmal Weiber und Zwerge gegen einander auftreten liess. In Italien
war kein Städtchen zu klein und zu armselig, dass dort nicht gelegentlich
in einer mehr oder weniger improvisirten Arena Wildschweine und Bären
gehetzt geworden wären. Nächst Italien waren diese Spiele am häufigsten in
Gallien, ebenso sind in der Schweiz noch mehrere Amphitheater von zum
Theil sehr beträchtlicher Ausdehnung nachweisbar.1) Dasjenige von Marti-
na ch (Octodurum), noch heute in den theilweise mannshohen und annähernd
kreisrunden Substructionen erkennbar, misst in der grösseren Achse 214, in
der kleinen 201 Fuss. Noch grösser war dasjenige von Aventicum, die
Zahl der Zuschauer welche dasselbe fassen konnte, ist mit Sicherheit auf
mehr als 8780 zu berechnen. Die Lage derjenigen von Baden und Vin-
donissa ist nur noch aus der ovalen Einsenkung des Bodens zu erkennen,
während die früherer Ansicht zu Folge ebenfalls von einem Solchen her-
stammenden Ruinen in Basel-Augst neuerdings für die Reste eines Theaters
erklärt worden sind.2)
Zu Roms hervorragendsten Bauten gehörten ferner die Thermen.
„Nichts Schlechteres alsNero, nichts Herrlicheres als die Neronischen Thermen“
lautete ein damaliges Sprichwort. Zunächst für die Badenden bestimmt
umschloss der Kern der Anlage die verschiedenen Bassins mit kaltem, lauem
und warmem Wasser, sodann die Säle wo man bei trockener Hitze zu
schwitzen pflegte, die Gemächer wo man den Körper mit Salben tractirte,
sich reiben und kneten liess. Wie aber der Ursprung solcher Bauten in
den Palästren der Griechen zu suchen ist, wo sie erst nachträglich die Leibes-
übungen ergänzten, so war auch für diese in den römischen Thermen ein
besonderer Raum geöffnet, gruppirte sich hier zunächst ein geselliger Ver-
kehr, aus dem sich in letzter Linie Geist und Wissenschaftlichkeit in die
Schulen, Lehrsäle und Lesezimmer schieden, die sich in immer weiterer Aus-
dehnung den Thermen anschlossen. Keinen Genuss, kein Bedürfniss die
Geist und Körper kannten, keinen Luxus hätte es geben können, denen
1) Vergl. hierüber ausser den oben citirten Werken die kurze Uebersicht bei
L. Friedländer. Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms. 2. Th. S. 431 u. f.
2) Eine anschauliche Schilderung dieses Theaters giebt der Basler Andreas
Ryff bei Anlass der 1582 daselbst vorgenommenen Ausgrabungen. Vergl. Beiträge
zur vaterländischen Geschichte, herausgegeben von der historischen Gesellschaft
von Basel. Bd. IX. 1870. S. 167. u. f. lieber das Theater von Avenches vgl. Bursian
Aventicum I. S. 14.
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Bauten, dass das Colosseum in Rom 87,000 Zuschauer zu fassen vermochte,
und so unsinnig mitunter der Aufwand, dass in Rom allein, innerhalb eines
einzigen Jahres, 4 bis 5000 Gladiatoren auftraten. Aber selbst die Auf-
regung blutiger Gefechte reichte nicht mehr hin, um den Schaukitzel des
niedrigen und vornehmen Pöbels zu befriedigen. Es kam soweit, dass Do-
mitian einmal Weiber und Zwerge gegen einander auftreten liess. In Italien
war kein Städtchen zu klein und zu armselig, dass dort nicht gelegentlich
in einer mehr oder weniger improvisirten Arena Wildschweine und Bären
gehetzt geworden wären. Nächst Italien waren diese Spiele am häufigsten in
Gallien, ebenso sind in der Schweiz noch mehrere Amphitheater von zum
Theil sehr beträchtlicher Ausdehnung nachweisbar.1) Dasjenige von Marti-
na ch (Octodurum), noch heute in den theilweise mannshohen und annähernd
kreisrunden Substructionen erkennbar, misst in der grösseren Achse 214, in
der kleinen 201 Fuss. Noch grösser war dasjenige von Aventicum, die
Zahl der Zuschauer welche dasselbe fassen konnte, ist mit Sicherheit auf
mehr als 8780 zu berechnen. Die Lage derjenigen von Baden und Vin-
donissa ist nur noch aus der ovalen Einsenkung des Bodens zu erkennen,
während die früherer Ansicht zu Folge ebenfalls von einem Solchen her-
stammenden Ruinen in Basel-Augst neuerdings für die Reste eines Theaters
erklärt worden sind.2)
Zu Roms hervorragendsten Bauten gehörten ferner die Thermen.
„Nichts Schlechteres alsNero, nichts Herrlicheres als die Neronischen Thermen“
lautete ein damaliges Sprichwort. Zunächst für die Badenden bestimmt
umschloss der Kern der Anlage die verschiedenen Bassins mit kaltem, lauem
und warmem Wasser, sodann die Säle wo man bei trockener Hitze zu
schwitzen pflegte, die Gemächer wo man den Körper mit Salben tractirte,
sich reiben und kneten liess. Wie aber der Ursprung solcher Bauten in
den Palästren der Griechen zu suchen ist, wo sie erst nachträglich die Leibes-
übungen ergänzten, so war auch für diese in den römischen Thermen ein
besonderer Raum geöffnet, gruppirte sich hier zunächst ein geselliger Ver-
kehr, aus dem sich in letzter Linie Geist und Wissenschaftlichkeit in die
Schulen, Lehrsäle und Lesezimmer schieden, die sich in immer weiterer Aus-
dehnung den Thermen anschlossen. Keinen Genuss, kein Bedürfniss die
Geist und Körper kannten, keinen Luxus hätte es geben können, denen
1) Vergl. hierüber ausser den oben citirten Werken die kurze Uebersicht bei
L. Friedländer. Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms. 2. Th. S. 431 u. f.
2) Eine anschauliche Schilderung dieses Theaters giebt der Basler Andreas
Ryff bei Anlass der 1582 daselbst vorgenommenen Ausgrabungen. Vergl. Beiträge
zur vaterländischen Geschichte, herausgegeben von der historischen Gesellschaft
von Basel. Bd. IX. 1870. S. 167. u. f. lieber das Theater von Avenches vgl. Bursian
Aventicum I. S. 14.