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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0103

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Figürliche Darstellungen.

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römischem Muster die Gestalt von Vögeln gab, dass Bandverschlingungen
in Vögel- oder Schlangenköpfe auslaufen, auch menschliche Masken, Thier-
fratzen und dgl. sind mehrfach zu erkennen. Aber alle diese Motive werden
in der Regel in decorativer Unterordnung, oft nur wie ein blosser Noth-
behelf angewendet, während selbständige Figuren, wie die Darstellung eines
Reiters auf zwei aus alamannischen Gräbern stammenden Metallplatten im
Zürcher Antiquarium zu den Seltenheiten gehören.J) Häufiger kommen
solche Darstellungen auf burgundischen Schmucksachen, namentlich auf
bronzenen Gürtelschnallen vor, wie solche zahlreich in der Waadt und
andere völlig übereinstimmende in der Franche-Comte gefunden worden
sind.1 2) Ihr Inhalt vergegenwärtigt uns die ersten rohen und kindlichen
Versuche zur Wiedergabe der menschlichen Gestalt. So erscheint der
segnende Heiland, noch häufiger Daniel in der Löwengrube, wie er die
Flände betend erhebt und zwischen zwei Löwen steht, die ihm die Fiisse
belecken. (Fig. 11.) Dann wieder sieht man Männer zwischen Drachen,

Fig. 11.

ßurgundische Gürtelschnallen.

Greifen und anderen Ungethümen, in der Mitte zuweilen das Kreuz. Solche
Figuren sind von wahrhaft abschreckender Roheit. Grosse ungeschlachte
Köpfe mit glotzenden Augen auf schwerem, plumpem Leibe mit kleinen ver-
schrumpften Gliedmaassen, ein förmlicher Protest gegen die Natur, Ver-
höhnung jeder existenzfähigen Proportion. Inschriften welche mitunter den
Rand umgeben, enthalten den Namen des Besitzers und andere Andeutungen,3)
welche vermuthen lassen, dass solche Gürtelschnallen zugleich als Amulette

1) Die eine, aus Embrach im Canton Zürich stammend, ist abgebildet in den
Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich Bd. XVIII. Heft 3. Taf. III.
Fig. 2. Die andere, eine Silberplatte aus Seengen am Hallwylersee, a. a. O. Fig. 1.
und in der Archaeologia Vol. XLIV. London 1872. pag. 100 u. f. Der Heraus-
geber, Mr. Wylie, bezeichnet dieselbe als eine phalera. Wahrscheinlich dienten beide
Medaillons zum Schmucke von Pferdegeschirren.

2) Ed. Clerc, Essai sur l’histoire de la Franche-Comte Vol. I.

3) So die Inschrift der unter Fig. 11. abgebildeten und bei Lavigny in der
Waadt gefundenen Schnalle: Nasualdus Nansa vivat Deo. Utere felex Daninil.
 
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