Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0104

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
72

Goldschmiedearbeiten.

dienten. Damit stimmt auch die Wahl der bildlichen Darstellungen überein,
die meistens Hinweisungen auf den Schutz einer höheren Macht, oder
Mahnungen zur Treue im christlichen Glauben enthalten, lauter Gedanken,
welche sehr wohl dem Sinn eines Volkes und einer Zeit entsprachen, die in
der Geschichte nur durch die unausgesetzte Reihenfolge ihrer blutigen
Kämpfe bekannt geblieben sind.

Neben diesen Bronze- und Eisenarbeiten sind endlich die wenigen
Denkmäler zu verzeichnen, welche uns den Stand der Goldschmiede-
kunst bei den eingewanderten Barbaren bezeichnen. Die ältesten der-
selben stammen aus den Gräbern von Ins (Anet) und Alienlüften im
Canton Bern.1) Es sind dünne Goldplatten, die theils zu kreisrunden
Scheiben und glatten Bändern, theils zu Korallen eines Halsgehänges ver-
arbeitet sind und vielleicht auf mechanischem Wege durch Walzung oder
Pressung mit einfachen Ornamenten, mit übereckgestellten Quadraten, Drei-
ecken und Kreisen zwischen dünnen Linien versehen wurden. Entwickelter
in der Technik sind einige Schmucksachen aus den burgundischen Gräbern
der Waadt,2) kleine Medaillons die nach Art des späteren Zellenemails- mit
bunten Glasflüssen zwischen senkrecht auf den Metallgrund aufgelötheten
Goldleistchen geschmückt sind. Diese Kunstgattung, die namentlich von
den merowingischen Franken, aber auch von anderen germanischen Stämmen
mit Vorliebe gepflegt wurde, ist am reichsten in zwei im Klosterschatze
von S. Maurice befindlichen Reliquiarien verteten. Das eine ist die be-
rühmte Vase des heiligen Martin,3) eine antike etwa 5x/2 Zollhohe
Sardonyx-Kanne, deren vollendet schöne Reliefs nach Art der Cameen mit
Benutzung der oberen milchweissen Steinschichte aus dem oliyenbraunen
Grunde herausgeschafft sind. Diese Vase, die einer späteren Legende zufolge
das Blut der thebäischen Märtyrer enthält und dem Stifte von dem heiligen
Martin von Tours geschenkt wurde, ist später mit einem Fusse und einem
Halse von konischer Form versehen worden. Diese Zusätze, wahrscheinlich
eine fränkisch - merowingische Arbeit, sind mit dünnen Goldleistchen
quadratisch geschmückt, die Füllungen mit rothen Glasflüssen und die

Eine andere, aus Daillans stammende, im Anzeiger für Schweiz. Alterthumskunde 1872.
Seite 386 mit den Worten: Vir (?) Daniel duo leones pedes eius lengebant. Daidius.
Eine dritte aber unentzifferte Inschrift bei Troyon, bracelets et agrafes antiques..
Taf. III. Fig. 6.

J) Die Funde aus Ins bei v. Bonstetten, Supplement I. Taf. XIV. Die Gold,
platten von Allenlüften sind herausgegeben von Jahn und von Fellenberg in den
JVlittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Bd. XVII. Heft 2.

z) Troyon, Bracelets et agrafes T. II. Fig. 6. v. Bonstetten, Recueil Taf. XXIV.
Fig. 8.

3) Abbildungen bei Aubert, Tresor de l’abbaye de S. Maurice d’Agaune. T. XV.
Auf S. 151 u. ff. versucht der Verfasser die bisher unenträthselten Reliefs zu deuten.
 
Annotationen