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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0106

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Aelteste Kirchenbauten.

Kirchen seien den Christen mit einem Male zu eng geworden, ihre Zahl
hätte den Bedürfnissen nicht mehr genügt, überall seien grössere und
reichere Gebäude entstanden. Die Form der vorconstantinischen Kirchen
ist unbekannt, auch giebt es nur wenige Nachrichten, welche von einer Bau-
tätigkeit der Christen in dieser Epoche handeln. Die frühesten, welche
einigermaassen verbürgt sind, datiren seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts.
So soll Hadrian (117—138) den Christen gestattet haben kleine Gotteshäuser
zu erbauen. Auch Alexander Severus (222—235) war anfänglich ein Gönner
der Christen; er urtheilte, als ihnen Wirthe die Localitäten zu ihrem Cultus
streitig machen wollten, dass Gottesdienst, in welcher Form er stattfinden
möge, jedenfalls besser sei, als Schenkwirthschaft. Von da an mögen
solche Stiftungen überhaupt nicht mehr selten gewesen sein, denn schon
zu Ende des III. Jahrhunderts bestanden in Rom allein an vierzig grössere
Kirchen. Im Anfang nannte man diese Gebäude, nach den Versammlungen,
denen sie dienten, einfach ecclesiae (Versammlungsorte) ebenso v.vQiav.bv
oder xvQiaxd, dem Herrn gehörig, Sitz des Herrn, woher wahrscheinlich
das deutsche Wort Kirche stammt. Seit Constantins Zeit scheint dann aber
die Bezeichnung Basilika die weitaus vorherrschende. Es ist diess bekannt-
lich ein Ausdruck der jetzt noch gebraucht wird, und an welchen sich
unmittelbar die Frage über den Ursprung der christlichen Kirchenbauten,
wenigstens einer gewissen Klasse derselben, der auf länglichem Grundrisse
geplanten Kirchen knüpft.1) Die früher allgemein herrschende Ansicht war
die, dass die Form der christlichen Basiliken aus den gleichnamigen antik-
römischen Frofangebäuden herzuleiten sei, indem man annahm, dass ent-
weder römische Basiliken geradezu in Kirchen umgewandelt, oder als Vor-
bilder für dieselben benutzt worden seien.

Die Basiliken gehörten bekanntlich zu denjenigen Öffentlichen Gebäuden,
deren nur selten eine römische Stadt entbehrte. Es waren Monumente,
die mit dem ganzen Aufwand künstlerischer Pracht geschmückt waren und
in welchen Handel und Wandel ihre täglichen Mittelpunkte fanden. Die
am zahlreichsten vertretene Gattung derselben waren die forensischen
Basiliken2) Ihr Name wie ihre Bestimmung deutet auf die nahe Verwandt-

T) Zestermann, die antiken und die christlichen Basiliken. Leipzig 1847.
Kreuzer, der christliche Kirchenbau 2. Aufl. 1860. Messmer, in von Quast und
Otte’s Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst Band II. 1857. W. Wein-
gärtner, Ursprung und Entwickelung des christlichen Kirchengebäudes. Leipzig 1868.
Mothes, die Basilikenform bei den Christen der ersten Jahrhunderte. Leipzig 1865
und 2. Aufl. 1869. Reber, die Urform der römischen Basilika, in den Mittheilungen
der k. k. Centralcommission für Baudenkmale 1869. Schnaase, a. a. O. Band III.
und Kraus, S. 147 u. ff.

2) Die Existenz von besonderen Wein-, Pelz- und Wechslerbasiliken wird
neuerdings von Reber a. a. O. S. 41 bestritten.
 
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