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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0107

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Die antiken Basiliken.

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Schaft mit den Foren hin. Zunächst dem geschäftlichen Verkehr geöffnet
dienten sie auch als Sitzungslocale für die richterlichen Behörden. Diese
Gebäude waren also nichts anderes als „abgekürzte, ins Enge gezogene
Foren“, demselben Verkehr gewidmet, der sich dort, auf dem Forum, unter
freiem Himmel, in der Basilika dagegen in einem beschränkteren und ge-
schützten Raume vollzog. Die Anlage der Basiliken war nach Vitruv
etwa folgende: Das Ganze bildete im Grundriss ein längliches von Säulen
begrenztes Rechteck, das auf allen vier Seiten zunächst von einem freien
Umgänge und sodann von den Umfassungsmauern umgeben war. Was
die Ausdehnung des Flanes betrifft, so sollte die Breite desselben nie mehr als die
Hälfte und nie weniger als ein Drittel seiner Fänge betragen. Der Säulen-
gang im Innern erhielt sodann den dritten Theil von der Breite des freien
Mittelraumes. Das Charakteristische dieser Anlage bewährt sich aber erst
in dem Aul bau. Ueber den Säulen des Erdgeschosses spannt sich zunächst
eine horizontale Balkenlage, sie dient als Trägerin eines Fussbodens, der
das untere Stockwerk abschliesst. Darauf ruht eine hohe Brustwehr, welche
den oberen Umgang gegen den Mittelraum abgrenzt und einer auf allen vier
Seiten herrschenden Säulenstellung als Basis dient. Während hier nunmehr
die umgebenden Seitenräume mit einem Dache abschliessen, steigt der
Mittelraum in Form eines von Fenstern durchbrochenen Hochbaus noch
weiter empor, um dann mit einem allseitig abfallenden Dache abzuschliessem
Anordnung verschiedener Höhenregionen auf einem und demselben Grund-
plane und die selbständige, seitliche Beleuchtung des Mittelraumes sind also
die hauptsächlichsten Merkmale der Basilikenanlage.

Gewiss war eine solche Einrichtung die allertauglichste zur Aufnahme
einer grossen Menschenmenge. Was lag also näher, so urtheilte man früher,
als dass sich die Christen dieser Basiliken bemächtigten, um dieselben für
ihre gottesdienstlichen Zwecke zu benutzen. Diese Ansicht wie allgemein-
gültig sie früher war, ist indessen durch eine Reihe neuerer Untersuchungen
vollständig widerlegt worden. Der Erste, welcher diese Ableitung der
christlichen Basilika aus den heidnisch-forensischen Gebäuden aufgebracht
zu haben scheint war Eeo Battista Alberti, der berühmte Renaissance-
theoretiker des XV. Jahrhunderts. Seine Autorität scheint jener Ansicht die
meiste Geltung verschafft zu haben, denn die zahlreichen Schriftsteller, welche'
bis vor wenigen Jahrzehnten diese Frage behandelten, haben jene Theorie
ohne Bedenken verfochten.

Der erste Fehler, den man bei dieser Ableitung beging, beruhte darauf
dass man bei dem Mangel noch erhaltener Markt- und Gerichtshallen sich
das Bild der forensischen Basilika aus der Anschauung christlicher Basiliken
ergänzte und jener in Folge dessen Bestandteile und Einrichtungen zu-
muthete, welche ihr niemals angehörten. Was sodann die vermeintliche
 
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