Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0215

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
180 Tie Architektur in der deutschen Schweiz.

Bauschule. Antike Vorbilder fehlten, auch hatte die römische Cultur im
Norden und Osten der Schweiz nur spärliche Wurzeln geschlagen.
Ueber den Einfällen der Barbaren und den hierauf folgenden Stürmen war
fast jede Spur derselben untergegangen. Die romanische Architektur tritt daher
von Anfang an viel selbständiger auf, ohne Rückerinnerungen an die Antike
und einfacher als im Westen des Landes. Aber während jene fremde
Richtung, der wir dort im XI. Jahrhunderte begegnen, ohne jeden Zu-
sammenhang mit den Leistungen folgender Zeiten blieb, so dass zwischen,
den romanischen Gewölbebauten und den Schöpfungen des sog. Ueber-
gangsstiles eine unausfüllbare Kluft besteht, so lässt sich hier, in den deut-
schen Landestheilen eine ziemlich ununterbrochene Entwickelung von der
flachgedeckten Basilika bis zu dem allmähligen Abschlüsse des gothischen
Systemes verfolgen.

Wie in karolingischer Zeit so hat auch während der romanischen Epoche
ein reger Verkehr zwischen diesen Gegenden und Deutschland fortbestanden.
Freilich ist es nicht mehr jener grossartige Verband, der diese Länder zu.
Karls des Grossen Zeiten umfasste. Die Pfade werden schmäler, die Ver-
bindungen vereinzelter, sie beschränken sich jetzt fast ausschliesslich auf die
Beziehungen zwischen den einzelnen Klöstern, die auch jetzt noch, wie
früher als die Hauptsitze künstlerischer und wissenschaftlicher Thätigkeit.
zu betrachten sind. Je mehr die Welt in einem kriegerischen und ganz nur
äusserlichen Gewalten anheim gegebenen Treiben aufzugehen schien, umso-
stärker wurden Viele von dem Bedürfnisse ergriffen, für ihr inneres Leben
eine Zufluchtsstätte- zu suchen. So kam es, dass in Deutschland, gerade-
als unter Heinrich IV. der Kampf mit der Curie am allerheftigsten ent-
brannte, zahlreiche Männer aus den höchsten Ständen der Welt entsagten,,
so dass dietheils neu gegründeten, theils reformirten Stifte von Schaffhausen,
das benachbarte S. Blasien und Hirschau die Menge der Zuströmenden,
kaum mehr zu fassen vermochten.r) Diese Richtung wurde unterstützt
durch die grosse kirchliche Reformation, welche seit dem X. Jahrhunderte-
von Cluny ausgegangen war. Der strenge Geist jenes französischen Ordens,
hatte sich auch nach Deutschland verbreitet und hier die Gründung zahl-
reicher Klöster veranlasst, wobei es dann nicht fehlen konnte, dass auch in
künstlerischer Beziehung ein reges Leben erwachte.* 2) Wie in der früheren
Epoche so standen auch jetzt die geistlichen Baumeister in einem lebhaften,

Bernoldi Chronicon, bei Pertz Mon. Scr. V. p. 386 und 439. Ein Verzeichniss.
der deutschen zur Reform von Cluny gehörigen Klöster giebt Trithemius, Opera,
historica. Pars II. Frankfurt 1601. (Chron. Monast. Hirsaugiensis) p. 86. u. f.

2) Vgl. hierüber Zell, Gebhard von Zaehringen. Freiburger Diöcesanarchiv Bd. L
1865. S. 3x5 u. f. Ein Verzeichniss der bedeutendsten damals in der Diöcese von,
Constanz befindlichen Benedictiner-Stifte a. a. O. S. 334.
 
Annotationen