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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0216

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Einfachheit der Monumente.

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gegenseitigen Verkehre. So sind zum Beispiel bauliche Eigenthümlichkeiten
nachgewiesen worden, die sich in verschiedenen gleichzeitigen Ordenskirchen
von Niedersachsen bis nachSekkau in Obersteiermark wiederholen.*) Wahr-
scheinlich hatten sich im Schoosse des Ordens selbst eine Menge tüchtiger
Architekten herangebildet, deren Dienste dann in den weiteren Kreisen be-
ansprucht wurden.* 2)

Süddeutschland war, als Sachsen und die Rheingegenden sich schon
mächtig hoben, noch fast im Urzustände. Nur einzelne Klöster und Bischofs-
sitze lagen wie Inseln in diesen culturlosen Gegenden zerstreut. Noch um
■die Mitte des XI. Jahrhunderts fand der heilige Altmann, als er auf den
bischöflichen Stuhl von Passau berufen wurde, fast sämmtliche Kirchen seiner
neuen Diöcese in Holz gebaut.3) Auch diesseits des Rheines mögen die
Zustände nicht viel günstiger gewesen sein, denn während um dieselbe Zeit
im Westen des Landes schon vollständig gewölbte Kirchen errichtet wurden,
blieb in den östlichen und nördlichen Gegenden die flachgedeckte Basilika
die überall herrschende Form der Anlage und zwar in ihrer einfachsten
Gestalt, nur mit Säulen oder Pfeilern, nirgends mit gemischter Stützenreihe.
Ebenso anspruchslos ist in der Regel das Aeussere dieser Monumente. Ein
■einfacher Rundbogenfries, der sich unter dem Dache des Hauptschiffes hin-
zieht, ist hier, selbst bei grösseren Bauten, wie am Münster zu Schaff hausen,
an der Kirche zu Stein und dem Dome zu Constanz der einzige wahr-
nehmbare Zierath, während die Seitenschiffe in völliger Kahlheit starren.
Eine höhere Ausbildung des Portalbaues fehlt durchwegs.

Die älteste dieser Basiliken ist wahrscheinlich die Klosterkirche von
Muri im Canton Aargau. Das Stift wurde im Jahre 1027 gegründet, 1064
fand die Weihe der Kirche statt.4) Ein Rest dieses Gebäudes ist allem
Anschein nach in der Krypta erhalten, die sich in Form einer dreischiffigen
Säulenhalle mit rundbogigen Kreuzgewölben unter dem Chore erstreckt. Sie
ist gleich diesem horizontal geschlossen, die Säulen, mit schmucklosen Würfel-
kapitälen versehen, ruhen auf steilen Basen (Fig. 39a oben), an denen das
Eckblatt fehlt. Auch die übrigen Formen, die Gesimse der Wanddienste u. s. w.
zeigen eine sehr alterthümliche Einfachheit. Die Kirche selbst dürfte, soweit
sie romanische Bestandtheile enthält, wohl ebenfalls aus dem XI. Jahr-

x) Quast und Otte, Zeitschrift fiir christliche Archäologie und Kunst. Bd. II.
Seite 171 u. f.

2) Trithemius, Annales Hirsaugienses Tom. I. S. Gallen 1690. p. 228 u. 255.

B Schnaase, Gesch. der bild. Künste IV,2. S. 403. Auch, in S. Georgen auf
dem Schwarzwald wurde noch im Jahre 1035 eine hölzerne Klosterkirche ge-
weiht. Freiburger Diöcesanarchiv, Bd. I. 1865. S. 355.

4) v. Mülinen, Helvetia Sacra I. p. io5. Der Grundriss der Klosterkirche ist
abgebildet im Anzeiger fiir Schweiz. Alterthumskunde 1872. S. 326.
 
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