Eine Verwechslung von Bonifazio Veneziano mit Tizian.
Von Dr. Th. Frimmel.
Bei Gelegenheit eingehender Studien über die Ikonographie von
Petrarca’s »trionfi« musste ich zunächst auf eine Reihe italienischer
Staffelei-Gemälde aufmerksam werden, dann auf Miniaturen, Stiche,
Teppiche, auf verschiedene Reliefs, welche diese trionfi darstellen.
Unter den italienischen Gemälden, welche hieher gehören, sind zwei
Bilder des Bonifazio Veneziano im Wiener Belvedere (Nr. 72 und
73 des neuen Kataloges von 1882) nicht uninteressant, welche den
Triumph der Liebe und den der Keuschheit vorstellen. Sie beziehen
sich unzweifelhaft auf Petrarca’s »trionfi«. — Eine Beschreibung der
Bilder und ein Hinblick auf das bekannte Gedicht wird dies klar machen.
Nr. 72 zeigt rechts im Mittelgründe den Triumphwagen der Liebe.
Er wird von vier weissen Pferden (roth geschirrt, ohne Zaum) nach
links im Bilde gezogen. Das vordere Pferdepaar bewegt sich nach
links im Mittelgründe. Die Thiere gehen im Schritt. Auf dem Wagen
zu oberst, nämlich auf der nach rückwärts eingerollten Lehne eines
vorn am Wagen angebrachten Sitzes erblicken wir Amor als ge-
flügelten Knaben. Seine Augen sind durch eine Binde verhüllt. Er
hält den Bogen schussbereit. Ganz vorne auf dem Wagen der mit
Ketten gefesselte Jupiter. Neben und vor dem Gefährte 36 Figuren,
von denen viele durch Inschriften gekennzeichnet sind. Leserlich finde
ich: Mars und Venus (rechts im Vordergründe), Daphne, Apollo, Pluto,
Octavia, Orfeo, Sofonisba, Perseo, Andromeda, Jason, Medea, Filis,
Protesilaos, Deidamia, Alexander, Ipomen, Gexare, Ganimede (ver-
hältnissmässig kleine Renaissanceschrift meist roth oder weiss). Viele
andere Schriften sind durch Uebermalung unleserlich geworden, wie
denn auch der Wagen complicirte Retouchen zeigt. Tracht der Zeit
vorherrschend. Hintergrund: hügelige Landschaft. Leinwand. Br. 2,47.
H. 1,53.
vii 1
Von Dr. Th. Frimmel.
Bei Gelegenheit eingehender Studien über die Ikonographie von
Petrarca’s »trionfi« musste ich zunächst auf eine Reihe italienischer
Staffelei-Gemälde aufmerksam werden, dann auf Miniaturen, Stiche,
Teppiche, auf verschiedene Reliefs, welche diese trionfi darstellen.
Unter den italienischen Gemälden, welche hieher gehören, sind zwei
Bilder des Bonifazio Veneziano im Wiener Belvedere (Nr. 72 und
73 des neuen Kataloges von 1882) nicht uninteressant, welche den
Triumph der Liebe und den der Keuschheit vorstellen. Sie beziehen
sich unzweifelhaft auf Petrarca’s »trionfi«. — Eine Beschreibung der
Bilder und ein Hinblick auf das bekannte Gedicht wird dies klar machen.
Nr. 72 zeigt rechts im Mittelgründe den Triumphwagen der Liebe.
Er wird von vier weissen Pferden (roth geschirrt, ohne Zaum) nach
links im Bilde gezogen. Das vordere Pferdepaar bewegt sich nach
links im Mittelgründe. Die Thiere gehen im Schritt. Auf dem Wagen
zu oberst, nämlich auf der nach rückwärts eingerollten Lehne eines
vorn am Wagen angebrachten Sitzes erblicken wir Amor als ge-
flügelten Knaben. Seine Augen sind durch eine Binde verhüllt. Er
hält den Bogen schussbereit. Ganz vorne auf dem Wagen der mit
Ketten gefesselte Jupiter. Neben und vor dem Gefährte 36 Figuren,
von denen viele durch Inschriften gekennzeichnet sind. Leserlich finde
ich: Mars und Venus (rechts im Vordergründe), Daphne, Apollo, Pluto,
Octavia, Orfeo, Sofonisba, Perseo, Andromeda, Jason, Medea, Filis,
Protesilaos, Deidamia, Alexander, Ipomen, Gexare, Ganimede (ver-
hältnissmässig kleine Renaissanceschrift meist roth oder weiss). Viele
andere Schriften sind durch Uebermalung unleserlich geworden, wie
denn auch der Wagen complicirte Retouchen zeigt. Tracht der Zeit
vorherrschend. Hintergrund: hügelige Landschaft. Leinwand. Br. 2,47.
H. 1,53.
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