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Franz Schestag f.
Am 26. Juni 1. J. starb in der Sulz bei Wien Dr. Franz Schestag
im 45. Lebensjahre an einem Herzleiden, das erst in den letzten Jahren auf-
trat, aber einen rapiden Verlauf nahm. Er war geboren zu Schönberg in
Mähren; an der Universität Wien machte er seine Studien. Noch Student,
wurde er schon von dem Unterzeichneten zu den Vorarbeiten bei der Grün-
Idung des österr. Museums berufen , später wurde er Mitglied des Instituts
für österr. Geschichtsforschung. Sobald das österr. Museum ins Leben ge-
treten war, übernahm Schestag die Leitung der Bibliothek und der mit der
Bibliothek verbundenen Kupferstich-Vorbildersammlung. Als die Gründung
des Repertoriums von dem in Wien 1873 zusammengetretenen kunstgeschicht-
lichen Congress beschlossen worden war, wurde Schestag die Leitung
dieses Fachorgans anvertraut. Der Umfang und die Gründlichkeit seines
Wissens, die Objectivität seines Urtheils befähigten ihn in besonderer Weise
zu dieser Vertrauensstellung. Ueberbürdung mit Arbeiten zwangen ihn
später, die Leitung des Repertoriums niederzulegen.
Als Bibliothekar des österr. Museums verfasste er den ersten Katalog
der Bibliothek und später den illustrirten Ornamentstichkatalog
des Museums. Ihm war es nicht gegeben, sich leicht auszusprechen, aber
wenn er es einmal that, so geschah es jedesmal gründlich und wissen-
schaftlich correct. Er führte zuerst die wissenschaftliche Behandlung des
Ornamentenstiches in die deutsche Kupferstichkunde ein, die von den
älteren Forschern vernachlässigt wurde. Seine Abhandlung über
Punzenstiche und der Ornamentstichkatalog haben einen bleiben-
den Werth und sind in ihrer Art unübertroffene Arbeiten, gleich wichtig
für Fachgelehrte, als für Kunstkenner und Sammler. Ein gewissen-
hafter, ehrlicher Kunstforscher, war ihm die schöngeistige und rein philo-
sophische Behandlung der Kunstgeschichte zuwider. Als es sich darum
handelte, die Stelle eines Gustos an der Hofbibliothek, welche der jüngere
Bartsch eingenommen hatte, zu besetzen, so war es begreiflich, dass die
Hofbehörde, insbesondere der Oberstkämmerer Graf Franz Crenneville, ein
besonderer Gönner der graphischen Künste, sein Augenmerk auf den ge-
lehrten, sachkundigen Bibliothekar des österr. Museums, F. Schestag, ge-
lenkt hat. Liebenswürdig und entgegenkommend jedem Fachmann gegen-
über, füllte Schestag in der Hofbibliothek seine Stellung in glänzender
Weise aus. Leider war es ihm nicht gestattet, die Uebertragung der kaiserl.
Kupferstichsammlung in das neue Semper-Hasenauer'sche Hofmuseum zu
erleben. Er starb mitten in den Vorarbeiten zur Ausstellung der Kupfer-
stichsammlung in dem kunsthistorischen Hofmuseum. Er betheiligte sich
Bauch an den wissenschaftlichen Arbeiten für das Jahrbuch der Hofmuseen,
und hinterlässt eine unvollendete Arbeit für dasselbe, über das sog. Dürer-
sche Gebetbuch des Kaisers Max, welche im Herbst erscheinen sollte. Wie
alle deutschen Mährer war er kaiser- und reichstreu, und hatte nichts gemein
mit jenen slavophilen Mährern, die nicht wissen, ob sie Oesterreich oder
Böhmen angehören sollen. Er wurde am 29. Juni 1. J. in Schönberg be-
graben, betrauert von allen, welche ihm im Leben näher gestanden sind.
Er wurde vom Kaiser wiederholt ausgezeichnet; die Wittwe trauert ihm
mit zwei Kindern nach.
Hütteldorf bei Wien, im Juli 1884. R. v. Eitelberger.
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Franz Schestag f.
Am 26. Juni 1. J. starb in der Sulz bei Wien Dr. Franz Schestag
im 45. Lebensjahre an einem Herzleiden, das erst in den letzten Jahren auf-
trat, aber einen rapiden Verlauf nahm. Er war geboren zu Schönberg in
Mähren; an der Universität Wien machte er seine Studien. Noch Student,
wurde er schon von dem Unterzeichneten zu den Vorarbeiten bei der Grün-
Idung des österr. Museums berufen , später wurde er Mitglied des Instituts
für österr. Geschichtsforschung. Sobald das österr. Museum ins Leben ge-
treten war, übernahm Schestag die Leitung der Bibliothek und der mit der
Bibliothek verbundenen Kupferstich-Vorbildersammlung. Als die Gründung
des Repertoriums von dem in Wien 1873 zusammengetretenen kunstgeschicht-
lichen Congress beschlossen worden war, wurde Schestag die Leitung
dieses Fachorgans anvertraut. Der Umfang und die Gründlichkeit seines
Wissens, die Objectivität seines Urtheils befähigten ihn in besonderer Weise
zu dieser Vertrauensstellung. Ueberbürdung mit Arbeiten zwangen ihn
später, die Leitung des Repertoriums niederzulegen.
Als Bibliothekar des österr. Museums verfasste er den ersten Katalog
der Bibliothek und später den illustrirten Ornamentstichkatalog
des Museums. Ihm war es nicht gegeben, sich leicht auszusprechen, aber
wenn er es einmal that, so geschah es jedesmal gründlich und wissen-
schaftlich correct. Er führte zuerst die wissenschaftliche Behandlung des
Ornamentenstiches in die deutsche Kupferstichkunde ein, die von den
älteren Forschern vernachlässigt wurde. Seine Abhandlung über
Punzenstiche und der Ornamentstichkatalog haben einen bleiben-
den Werth und sind in ihrer Art unübertroffene Arbeiten, gleich wichtig
für Fachgelehrte, als für Kunstkenner und Sammler. Ein gewissen-
hafter, ehrlicher Kunstforscher, war ihm die schöngeistige und rein philo-
sophische Behandlung der Kunstgeschichte zuwider. Als es sich darum
handelte, die Stelle eines Gustos an der Hofbibliothek, welche der jüngere
Bartsch eingenommen hatte, zu besetzen, so war es begreiflich, dass die
Hofbehörde, insbesondere der Oberstkämmerer Graf Franz Crenneville, ein
besonderer Gönner der graphischen Künste, sein Augenmerk auf den ge-
lehrten, sachkundigen Bibliothekar des österr. Museums, F. Schestag, ge-
lenkt hat. Liebenswürdig und entgegenkommend jedem Fachmann gegen-
über, füllte Schestag in der Hofbibliothek seine Stellung in glänzender
Weise aus. Leider war es ihm nicht gestattet, die Uebertragung der kaiserl.
Kupferstichsammlung in das neue Semper-Hasenauer'sche Hofmuseum zu
erleben. Er starb mitten in den Vorarbeiten zur Ausstellung der Kupfer-
stichsammlung in dem kunsthistorischen Hofmuseum. Er betheiligte sich
Bauch an den wissenschaftlichen Arbeiten für das Jahrbuch der Hofmuseen,
und hinterlässt eine unvollendete Arbeit für dasselbe, über das sog. Dürer-
sche Gebetbuch des Kaisers Max, welche im Herbst erscheinen sollte. Wie
alle deutschen Mährer war er kaiser- und reichstreu, und hatte nichts gemein
mit jenen slavophilen Mährern, die nicht wissen, ob sie Oesterreich oder
Böhmen angehören sollen. Er wurde am 29. Juni 1. J. in Schönberg be-
graben, betrauert von allen, welche ihm im Leben näher gestanden sind.
Er wurde vom Kaiser wiederholt ausgezeichnet; die Wittwe trauert ihm
mit zwei Kindern nach.
Hütteldorf bei Wien, im Juli 1884. R. v. Eitelberger.
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