Bibliographische •Notizen.
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schieden nach Südwestdeutschland. In Bayern war diese noch mittelhoch-
deutsche Schreibweise längst verdrängt, man schrieb hier z. B. sein, zeit,
ain etc. Auf die Gesetze dieser Lautänderung einzugehen, ist hier nicht der
Ort, es genügt die Thatsache. Auch ins Schwäbische drang diese bayrisch-
österreichische Orthographie ein, Augsburg steht ganz unter ihrem Einflüsse,
während in Ulm bereits der Gebrauch schwankt. Nicht minder sind Nürnberg
und seine weitere Umgebung auszuschliessen; wenn sie auch an der bayerischen
Schreibung nicht theilnehmen, so haben sie den mittelhochdeutschen Charakter
doch abgestreift. Die Gegenden östlich der Iller scheinen als Sitz des Meisters
E. S. ganz ausgeschlossen; am liebsten würden wir ihn im oberen Rheinthal
suchen, wohin ja auch die niederländische Kunstweise, die er sich in der
That angeeignet hat, zuerst in Oberdeutschland eingedrungen zu sein scheint.
Dazu kommt noch sein unzweifelhafter Einfluss auf den Kolmarer Meister
M. Schongauer. Ich glaube nicht, dass wir ihn zu weit von diesem zu denken
haben werden. Passavant war der erste, der auf die Thatsache, dass E. S.
das österreichische Wappen gestochen, hinwies. Dieser Zusammenhang mit
Oesterreich, bezw. mit Kaiser Friedrich III., ist richtig, jedoch gab es auch in
Südwestdeutschland österreichische Gebiete, und um das Wappen nachzubilden,
brauchte der Künstler nicht in Oesterreich selbst gewesen zu sein. Und wenn
er auch, was ja möglich ist, sich daselbst einmal aufgehalten hat, so können
wir hier nicht das eigentliche Feld seiner Thätigkeit erblicken; wir stellen ihn
uns nur als Alamannen vor. Auch scheint mir zweifelhaft, ob er, wie Herr
v. Wurzbach will, noch in den 80er Jahren thätig war, er müsste denn von der
weiteren Entwicklung der deutschen Kunst nicht mehr berührt worden sein;
auf keinen Fall aber geht es an, ihm die Dürer’sche Zeichnung von 1485
aufs Conto zu schreiben. Wilhelm Schmidt.
Bibliographische Notizen.
Geschichte der Wandmalerei in Belgien seit 1856. Nebst Briefen
von Cornelius, Kaulbach, Overbeck, Schwind und Anderen an Godfried Guffens
und Jan Swerts. Von Herman Riegel. Berlin, Ernst Wasmuth 1882. Der
Verf. behandelt darin eine kurze »Episode« der modernen Geschichte der
Malerei in Belgien — denn nicht mehr als eine Episode bilden die Bestre-
bungen, die Wandmalerei in Belgien unter deutschem Einfluss populär zu
machen. Es sind eigentlich nur drei hervorragende Namen, welche mit diesen
Bestrebungen verknüpft sind: Godfried Guffens, Jan Swerts und Hendrick
Leys. Die Polemik, welche gegen diese Bestrebungen durch Du Mortieu, aber
auch durch den feinsinnigen ausgezeichneten Historiker der belgischen Kunst
Henri Hymans geführt wurde, ist doch etwas ernster zu nehmen als dies
der Verfasser thut. Dass diese Bestrebungen nicht ihre Stütze im nationalen
Geiste fanden, dass sie einen akademischen Zug im allgemeinen Sinne des
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schieden nach Südwestdeutschland. In Bayern war diese noch mittelhoch-
deutsche Schreibweise längst verdrängt, man schrieb hier z. B. sein, zeit,
ain etc. Auf die Gesetze dieser Lautänderung einzugehen, ist hier nicht der
Ort, es genügt die Thatsache. Auch ins Schwäbische drang diese bayrisch-
österreichische Orthographie ein, Augsburg steht ganz unter ihrem Einflüsse,
während in Ulm bereits der Gebrauch schwankt. Nicht minder sind Nürnberg
und seine weitere Umgebung auszuschliessen; wenn sie auch an der bayerischen
Schreibung nicht theilnehmen, so haben sie den mittelhochdeutschen Charakter
doch abgestreift. Die Gegenden östlich der Iller scheinen als Sitz des Meisters
E. S. ganz ausgeschlossen; am liebsten würden wir ihn im oberen Rheinthal
suchen, wohin ja auch die niederländische Kunstweise, die er sich in der
That angeeignet hat, zuerst in Oberdeutschland eingedrungen zu sein scheint.
Dazu kommt noch sein unzweifelhafter Einfluss auf den Kolmarer Meister
M. Schongauer. Ich glaube nicht, dass wir ihn zu weit von diesem zu denken
haben werden. Passavant war der erste, der auf die Thatsache, dass E. S.
das österreichische Wappen gestochen, hinwies. Dieser Zusammenhang mit
Oesterreich, bezw. mit Kaiser Friedrich III., ist richtig, jedoch gab es auch in
Südwestdeutschland österreichische Gebiete, und um das Wappen nachzubilden,
brauchte der Künstler nicht in Oesterreich selbst gewesen zu sein. Und wenn
er auch, was ja möglich ist, sich daselbst einmal aufgehalten hat, so können
wir hier nicht das eigentliche Feld seiner Thätigkeit erblicken; wir stellen ihn
uns nur als Alamannen vor. Auch scheint mir zweifelhaft, ob er, wie Herr
v. Wurzbach will, noch in den 80er Jahren thätig war, er müsste denn von der
weiteren Entwicklung der deutschen Kunst nicht mehr berührt worden sein;
auf keinen Fall aber geht es an, ihm die Dürer’sche Zeichnung von 1485
aufs Conto zu schreiben. Wilhelm Schmidt.
Bibliographische Notizen.
Geschichte der Wandmalerei in Belgien seit 1856. Nebst Briefen
von Cornelius, Kaulbach, Overbeck, Schwind und Anderen an Godfried Guffens
und Jan Swerts. Von Herman Riegel. Berlin, Ernst Wasmuth 1882. Der
Verf. behandelt darin eine kurze »Episode« der modernen Geschichte der
Malerei in Belgien — denn nicht mehr als eine Episode bilden die Bestre-
bungen, die Wandmalerei in Belgien unter deutschem Einfluss populär zu
machen. Es sind eigentlich nur drei hervorragende Namen, welche mit diesen
Bestrebungen verknüpft sind: Godfried Guffens, Jan Swerts und Hendrick
Leys. Die Polemik, welche gegen diese Bestrebungen durch Du Mortieu, aber
auch durch den feinsinnigen ausgezeichneten Historiker der belgischen Kunst
Henri Hymans geführt wurde, ist doch etwas ernster zu nehmen als dies
der Verfasser thut. Dass diese Bestrebungen nicht ihre Stütze im nationalen
Geiste fanden, dass sie einen akademischen Zug im allgemeinen Sinne des