Die Madonna Sixtina und der Kupferstich Ed. Mandel’s.
Von A. v. Reumont.
Man weiss wie karg und unzureichend die älteren Nachrichten
über Raphael’s schönstes Altargemälde sind. »Für die Schwarzen Mönche
von San Sisto zu Piacenza malte er das Bild des Hochaltares, darin
Unsere Liebe Frau mit dem hl. Sixtus und der hl. Barbara, ein wahr-
haft seltenes und ausgezeichnetes Werk.« So lauten Vasari’s wenige
Worte, bei denen nur der ihnen angewiesene Platz, nach den archi-
tektonischen Arbeiten im Vatican und anderwärts in Rom wie für den
Bischof von Troia (Pandolfmi) in Florenz und vor dem hl. Michael für
K. Franz I., 1518, im Allgemeinen auf die Zeit der Entstehung hin-
deutet x). Von allen Bildern Raphael’s ist die Sixtinische Madonna das
Kirchenbild par excellence. Es ist keine Handlung und keine Begeben-
heit, von der es berichtet, es ist eine himmlische Erscheinung ohne
einen andern als geistigen Zusammenhang mit dem Irdischen, über
welches die beiden Heiligengestalten sich verklärt erheben, während die
beiden aufschauenden Engel gleichsam der verkörperte Ausdruck des
innerlich beseligten Menschenauges sind. Ueber Charakter und Compo-
sition des Bildes vermag ich nichts zu sagen, was meiner Anschauung
und meinem Gefühl besser entspräche als das, was An ton Springer
in seinem »Raffael und Michelangelo« über dasselbe ausgesprochen hat.
Ueber die Geschicke des Gemäldes, seit es die Aufmerksamkeit des
sächsischen Polenkönigs auf sich zog, und die Urtheile neuerer Zeiten
hat Julius Hübner unter Benutzung amtlicher Actenstücke in einem
ausführlichen Aufsätze im III. Bande der Zahn’schen Jahrbücher für
Kunstwissenschaft berichtet. Diesen Nachrichten hat ein italienischer
Autor, der Erzpriester G. Tononi in Piacenza in einem im J. 1874
J) Die Milanesi’sche Ausgabe des Vasari, Bd. IV (1879), S. 365, hat
nichts von den Ergebnissen meiner Arbeiten in Bezug auf die Geschicke des Bildes,
indem sie blos des Kaufs durch K. August III. und des Steinla’schen Stiches erwähnt.
Von A. v. Reumont.
Man weiss wie karg und unzureichend die älteren Nachrichten
über Raphael’s schönstes Altargemälde sind. »Für die Schwarzen Mönche
von San Sisto zu Piacenza malte er das Bild des Hochaltares, darin
Unsere Liebe Frau mit dem hl. Sixtus und der hl. Barbara, ein wahr-
haft seltenes und ausgezeichnetes Werk.« So lauten Vasari’s wenige
Worte, bei denen nur der ihnen angewiesene Platz, nach den archi-
tektonischen Arbeiten im Vatican und anderwärts in Rom wie für den
Bischof von Troia (Pandolfmi) in Florenz und vor dem hl. Michael für
K. Franz I., 1518, im Allgemeinen auf die Zeit der Entstehung hin-
deutet x). Von allen Bildern Raphael’s ist die Sixtinische Madonna das
Kirchenbild par excellence. Es ist keine Handlung und keine Begeben-
heit, von der es berichtet, es ist eine himmlische Erscheinung ohne
einen andern als geistigen Zusammenhang mit dem Irdischen, über
welches die beiden Heiligengestalten sich verklärt erheben, während die
beiden aufschauenden Engel gleichsam der verkörperte Ausdruck des
innerlich beseligten Menschenauges sind. Ueber Charakter und Compo-
sition des Bildes vermag ich nichts zu sagen, was meiner Anschauung
und meinem Gefühl besser entspräche als das, was An ton Springer
in seinem »Raffael und Michelangelo« über dasselbe ausgesprochen hat.
Ueber die Geschicke des Gemäldes, seit es die Aufmerksamkeit des
sächsischen Polenkönigs auf sich zog, und die Urtheile neuerer Zeiten
hat Julius Hübner unter Benutzung amtlicher Actenstücke in einem
ausführlichen Aufsätze im III. Bande der Zahn’schen Jahrbücher für
Kunstwissenschaft berichtet. Diesen Nachrichten hat ein italienischer
Autor, der Erzpriester G. Tononi in Piacenza in einem im J. 1874
J) Die Milanesi’sche Ausgabe des Vasari, Bd. IV (1879), S. 365, hat
nichts von den Ergebnissen meiner Arbeiten in Bezug auf die Geschicke des Bildes,
indem sie blos des Kaufs durch K. August III. und des Steinla’schen Stiches erwähnt.