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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0053

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Defektive „Tempora"

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Abgesehen davon, daß der Ansatz des sdm.w-f als eine Art Nomen actionis eine
einfache Abgrenzung für die Verbalgruppen mit und ohne prothetisches ;- bietet
und für die Beschränkung auf einen Teil — wenn auch den größten — der formalen
Verbalklassen, ergibt sich daraus eine nicht unbeachtliche Klärung für das syntak-
tische Verhalten der Form sdm.w-f selbst. Schließt man die Erklärung als Prospek-
tiv-Form aus grundsätzlicher Skepsis gegenüber dem Ansatz spezieller Prospektiv-
Formen (vgl. dazu auch: unten Abschnitt 5.2.2) aus, so dürfte es bis jetzt nicht
gelungen sein, der Form sdm.w-f neben den übrigen „Tempora" der Suffixkonju-
gation, besonders den „Tempora" mr'y-f und mrr--f, eigene distinktive Funktionen
zuzuweisen113. Vielmehr tritt sdm.w-f als freie Variante anderer Verbalformen
der Suffixkonjugation auf. Es wäre nun plausibel zu machen, daß in den syntak-
tischen Positionen, in denen sdm.w-f anstelle der finiten Verbalformen der Suffix-
konjugation, mr'y-f und mrr--f, steht, diese beiden „Tempora" nominale Funktion
haben. Es kann dies hier nur in ganz vorläufiger Form geschehen (siehe weiter:
unten Abschnitt 5.2.5). Immerhin läßt sich schon für die vielleicht wichtigsten Ver-
wendungsweisen durch bekannte Fakten eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die
Richtigkeit der Erklärung geben:

1. mrr--f hat nach H. J. Polotskys Ausführungen nominale Funktion; z. B. ver-
sucht er eine Erklärung als „abstrakte Relativform"114 (zu einer genaueren Erklä-
rung siehe unten Abschnitt 5.2.7). Formales Kennzeichen des nominalen Charak-
ters: Negation durch tm.

2. mr'y-f hat nominale Funktion mindestens in folgenden Fällen:

(2.1) als Subjunktiv ist es Nukleus eines „Objektsatzes" (Negation: tm);

(2.2) in Wunschsätzen könnte man es — entsprechend z. B. dem Deutschen —
als Nukleus eines „Daß-Satzes" verstehen: „daß doch .. . wäre";

(2.3) nach Präposition ist es Nukleus eines Satznomens (Negation: tm).
Schließlich ist als letztes, vielleicht nicht einmal schwächstes Argument für den

möglichen nominalen Charakter des sdm.w-f auf das bereits oben beschriebene
Verhalten der Nomina actionis, z. B. des „narrativen Infinitivs", hinzuweisen, die
in ihrer Funktion recht nahe an die finiten Verbalformen der Suffixkonjugation
herankommen, so nahe, daß Ägyptologen Schwierigkeiten haben, beide Formen-
gruppen exakt voneinander zu trennen.

Hier erhebt sich auch die Frage, ob nicht das vermutete Nomen actionis sdm.w-f
mit anderen Nomina actionis auf -w (siehe oben Abschnitt 4.1.2) identisch sein
könnte.

Abschließend sind zwei Argumente zu erwägen, die für den verbalen Charakter
des aktiven sdm.w-f (im Sinne eines „Tempus" der Suffixkonjugation) sprechen
könnten:

1. E. Edel führt auch für das sdm.w-f eine £;-Passiv-Bildung an, wie sie für die
aktiven „Tempora" der Suffixkonjugation charakteristisch ist115.

113 Vgl. Polotsky, Zur Grammatik, 473 f., zu Westendorf, GMT § 192.

114 Polotsky, Etudes, 53—9; 91.

115 Edel, AäG, § 524.
 
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