Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Strzygowski, Josef; Strzygowski, Josef [Hrsg.]
Die Baukunst der Armenier und Europa: Ergebnisse einer vom Kunsthistorischen Institute der Universität Wien 1913 durchgeführten Forschungsreise (Band 1) — Wien: Kunstverl. Schroll, 1918

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47010#0265
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
248

ZWEITES BUCH: WESEN

L

Neubauten wie die Bibliothek, das Museum, der
Palast des Patriarchen, die hohe Schule in gewich-
tigen Größen errichtet worden, aber bis heute noch
keine zweite Kirche. Ich gebe in Abbildung 275 den
alten Plan von Brosset, Atlas du voyage, Tafel XVx).
Die Kathedrale wird von einem quadratischen Hof
umschlossen, der die Wohnung des Patriarchen, die
Zellen der Mönche und den Speisesaal in den
Randgebäuden aufweist. Um diesen Kern lagern
sich die landwirtschaftlichen Einrichtungen, die Ställe
und ein Bazar. Nach dem Briefe des Lazar von Pharpi
an Wahan war das Kloster um 500 so weit gekommen,
daß es mit allen andern Klöstern wetteifern konnte2).
Von dieser Art des armenischen Haupt-
klosters (vgl. Zwarthnotz, S. 108 f.) weichen die andern
Anlagen nicht unwesentlich ab. Schon Haridscha,
das auch die eine Hauptkirche in die Mitte stellt,
hat doch diese erst errichtet, als die ursprüng-
liche Gregorkirche (S. 79), die dem ersten Typus von
Edschmiatsin (Abb. 381) nahe kommt, zu klein wurde,

Aufnahme Brosset.
Abb. 276. Kloster Ketscharus (Daratschitschak): Grundriß.


bzw. als um diesen alten Bau im 9. Jahrhundert
das Kloster entstand. Im übrigen sind es fast immer ganze Gruppen von Kirchen und Grabräumen, die den
Kern des Klosters bilden. Die eigentlichen Nutzräume, die Wohnungen-, Speise- und Wirtschafts-
räume der Mönche sind meist ganz verschwunden oder durch neue sehr bescheidene Bauten
ersetzt, können also nicht baulich bedeutende und dauerhafte Formen aufgewiesen haben. Es
ist daher schwer nachzuweisen, wie diese Teile des Klosters im ersten christlichen Jahrtausend
ausgesehen haben mögen.
Man muß sich die alten Klöster reich ausgestattet denken. Stephan von Taron II, 4 (Gelzer-B.
S. 90) erzählt von dem Einfall arabischer Truppen, die im 7. Jahrhundert das Kloster des hl.
Gregor so reich an herrlichem Schmuck und prächtigen Gefäßen fanden, daß es ihre Beutegier weckte,
sie die 40 Mönche ermordeten und die hl. Gefäße der Kirche raubten. Freilich muß die Bezeichnung
»reich geschmückt« bei Stephan nicht immer auf die bildende Kunst bezogen werden, denn III, 7
(S. 128) z. B. sagt er von einem Kloster, es sei reich geschmückt — durch die Ordensregel, durch
die Menge der Brüder und vielberühmt durch seine weisen Gelehrten. Dieses Lob ist bei den
1) Vgl. mein »Edschmiatsin-Evangeliar«, S. 2, Macler. Nouv. archives miss, scient. XIX, 2, Figur 3, 20/1.
2) Vgl. die neue arm. Ausgabe des Lazar, Tiflis. Von dem Briefe später.
 
Annotationen