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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 11.1920

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Drittes Heft
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Nebel, Otto: Zuginsfeld, [6]
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Walden, Herwarth: Fall Westheim
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Inhalt
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https://doi.org/10.11588/diglit.37133#0049

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Befehl, Herr Hauptmann
Wenn det man jut jeht, Herr Leutnant
Zwei Werfer fahren iangsam vor
Beobachter sehen alles
Munition kriecht langsam nach
(Unterernährung)
Granaten fahren dazwischen
Munition fährt hoch
Hoch leben alle Minenwerfer
Hingerissen
Fortsetzung folgt

Fall Westheim
Dem kleinen journalistischen Gehirn des
Herrn Westheim wird es niemals klar
werden, warum ich ihn anremple, wie er
sich ausdrückt. Zwar gesteht er jetzt end-
lich, dass er „den Schaffenden dumm und
hartköpfig gegenüber gestanden hat", bis
ich ihn im Laufe von Jahren auf den
Trab brachte. Um so weniger kann er
verstehen, dass ich ihn trotzdem noch „an-
remple", obgleich er die Güte hat, jetzt
Kandinsky, Chagall und andere Künstler
des Sturm „anzuerkennen". Herr Westheim
scheint sich für so auf dem Laufenden zu
halten, dass ich seiner „Anerkennung" nach-
renne. Die Person des Herrn Westheim ist
mir völiig gleichgültig. Ich brauche weder
Aberkennung noch Anerkennung. Von nie-
mandem. Wohl aber zertrümmere ich das
journalistische System, das nach seinem
Modebedürfnis aus der Zeit Welt oder aus der
Welt Zeit macht. Wenn ich Herrn Westheim
mit früheren künstlerischen Dummheiten
nicht laufen lasse, so tue ich es, weil er seine
künstlerischen Dummheiten fortsetzt. Und
jetzt feierlich einem ahnungslosen Publikum
gegenüber nur das rühmt, was längst über
die Zeit hinaus Ewigkeit geworden ist.
Trotzdem hat dieser Herr Westheim nach
wie vor die Kühnheit, seine Vorurteiie und
Nachurteile als Urteile hinzustellen. Er, der
nicht einen Urteil künstlerischer Gesin-
nung besitzt. Er, der Gedichte von Konrad
Ferdinand Meyer für Kunstwerke hält und
sie ausserdem noch in seinem Buch als
Dichtungen von Lehmbruck veröffentlicht,
um die Bedeutung Lehmbrucks als Künstler
nachzuweisen. Ich kann mich mit diesem
Herrn Westheim nicht auf historische Aus-
einandersetzungen einlassen. Er spielt nicht
einmal in der Geschichte eine Bolle. Es ist

ab er e i n e Verleum d u ng, wenn Herr Westheim
schreibt, dass „Kokoschka, Klee und Eei-
ninger dem Geschäftsbetrieb des Herrn
Waiden entlaufen sind". Abgesehen davon,
dass dieser Herr Westheim von den ge-
nannten Künstlern nur etwas durch den
Geschäftsbetrieb des Herrn Waiden weiss
und abgesehen davon, dass Paul Klee für
die sogenannten Bücher des Herrn West-
heim noch immer nicht existiert, haben
sich diese Künstler aus materiellen Gründen
Geschäftsbetrieben verpflichtet, weil Herr
Waiden kein Geschäftsbetrieb ist. Es ist
weiter eine Verleumdung des Herrn West-
heim, dass es „Fälle Marc, Macke, Essig,
Jawlensky und Chagall" gibt. Marc und
Macke sind gefallen, bevor Herr Westheim
giftigst den Expressionismus entdeckt hat.
Essig hat mich bis wenige Stunden vor
seinem Tode seinen Freund genannt.
Nach seinem Tode ist ein Roman veröffent-
licht worden. Ein missglückter Versuch, aus
naturalistischer Darstellung zu künstlerischer
Gestaltung zu gelangen, die Tragödie einer
unfertigen Künstlerschaft mit der Wirkung
übermenschlicher Gemeinheit. „Fall Essig".
Jawlensky und Chagall sucht Herr Westheim
offenbar für sein Kunstblatt zu gewinnen.
Herr Westheim beteiligt sich an jeder
grossen Mode, auch am Schieben. Man
kann allerdings von Chagall nicht verlangen,
dass er im abgeschlossenen Russland weiss,
wie die Herren Westheim und Konsorten
ihn so lange beschimpft und verächtlich
gemacht haben, bis der Sturm seine Aner-
kennung erzwungen hat. Es bleibt also
nur ein Fall Westheim übrig.
Herwarth Waiden

Inhalt
Herwarth Waiden: Künstliche Psychiatrie
Kurt Schwitters: Erweiterung
Rudolf Blümner: Kleine kritische Fabeln
Otto Nebel: GlosseBerlinerDunstausstellung
1920
Kurt Schwitters: Hannover
Otto Nebel: Zuginsfeld
Herwarth Waiden: Fall Westheim
Albert Gleizes / Paris: Zeichnung
Louis Marcoussis / Paris: Zeichnung
Kurt Schwitters: Merzzeichnung
Marc Chagall: Interieur / Eünffarbendruck
Juni 1920


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