jahrg. V, Nr. 2 vom 11. Januar 1931
WELT KUNST
3
achtliche Durchschnittsergebnisse können hier
von der Versteigerung Ball-Graupe am 12. Mai
8400 M. für eine Maria des Lorcher Kreuz-
tragungsmeisters und 7400 M. für eine öster-
reichische Kalksteinmadonna um 1380, — von
einer Frankfurter Versteigerung bei H. Hahn
am 17. Juni 5750 M. für eine französische Ma-
donna des frühen 14. Jahrhunderts und 4700 M.
für einen lothringischen Johannes um 1400, —
von der Versteigerung der Sammlung Weiller
(Helbing, Frankfurt, 21. Oki.) 4000 M. für einen
Altar von Valentin Lendenstreich und 3700 M.
für eine Barbara des jüngeren Syrlin aufge-
fiihrt werden.
13. Dez., Abb. in Nr. 1, Seite 2), Für eine
kleine Bacchantengruppe von Clodion (Abb.
Nr. 50) wurden in der Galerie Georges Petit
am 1. Dezember 15 900 M., für zwei Bac-
chanfenköpfe von C. G. Marin bei Christie’s
am 8. Juli 15 500 M. bezahlt.
{Fortsetzung des Rückblicks auf das Jahr 1930
in Nr. 3 der Weltkunst)
Renoir-Erwerbung
Das Pensylvanian Art Institute in Phil-
adelphia hat soeben zum Preis von über
100 000 M. Renoirs „Bildnis der Mme Renoir"
von 1885 erworben.
Paar eiserner Gartenbänke, Sheraton, um 1790
Une paire de bancs en fer, Sheraton, vers 1790 — Pair curved wrought iron garden seats of the
Sheraton period, about 1790
L. 5io cm — Coll. Karl Freund, No. 419
Versteigerung — Vente — Sale: American Art Association Anderson Galleries
New York, 18.—20. Dezember 1930
Brachte — adjuge — seid: $ 2000
Albrecht Dürer. Hier stieg auf der Berliner
Liühjahrsauktion bei Hollstein & Puppel die
9r°ße Holzschnittfolge des „Marienlebens“ auf
130 000 M., — der Erasmus von Rotterdam
^Abbildung in Nr. 15 der „Weltkunst") auf 62 000
Mark. Dies waren freilich die Hauptpreise
sensationeller Art. Aber auch sonst war das
Preisniveau im ganzen gut gehalten. So gab
rnan auf der Boernerschen Frühjahrsauktion
für Dürer-Stiche hohe Summen aus: so z. B.
für die Madonna mit der Meerkaße: 13 500 M.,
~~ für den hl. Hubertus: 9400 M., — auch auf
der Herbstauktion, bei der die amerikanischen
Aufträge zurücktraten, brachte ein Hubertus
27 000 M. und eine Kupferstich-Passion 6000 M.
Von anderen deutschen Meistern der frühen
Graphik erwähnen wir die Preise von 21 000
Afark, die auf der Boernerschen Frühjahrsauk-
fion für ein Blatt des Meisters E. S. gezahlt
Wurden, — von 15 500 M. für ein Blatt des
Meisters i. e. und von 33 000 M. für einen
Brunnen-Vorlagestich des Meisters W. mit
dem Pfeil, um die Wertschäßung von be-
sonders seltenen und guten Blättern vor
Augen zu führen.
Eine besondere Stellung nahmen die frühen
deutschen Einblattholzschnitte aus
St. Gallen ein, die auf der Berliner Herbst-
®uktion zum Ausgebot kamen. Hier stiegen
zwei Schrotblätter mit den Hl. Andreas und
Georg (Abb. in Nr. 39) auf je 15 100 M., —
Anna Selbdritf (Abb. ebendort) auf 10 000 M.,
— Madonna mit vier Heiligen auf 12 500
Mark. — Im Frühjahr hatten sich in Leipzig
Einblattdrucke auf 7000 bis 30 000 M. gestellt.
Wenden wir uns jeßt den Nieder-
ländern zu, so erwähnen wir die Preise bis
zu 6000 M., die Israel van Mecken ems
Blätter auf der Frühjahrsauktion in Leipzig
brachten, während er im Herbst zwischen
2200 M. und 4500 M. schwankte. — Bei Lukas
van Leyden kam im Frühjahr bei Boerner
das Bildnis Kaiser Maximilians I. auf 8500 M.,
während das gleiche Blatt in Berlin bei Holl-
stein & Puppel 6700 M. brachte und andere
Blätter, wie die große Darstellung des „Ecce
homo“ und der „Tanz der Magdalena“ hier
auf 5500 M. und 5700 M. kamen.
Ein hervorragendes Preisniveau hielten die
Arbeiten von Rembrandt inne. Im Früh-
jahr wurde in Berlin für die „Landschaft mit
den drei Hütten“ (Abbildung in Nr. 12 der
»Weltkunst“) 31 000 M. bezahlt, - in Leipzig
das Hundertguldenblatt mit 23 000 M., die drei
Kreuze mit 9000 M. Im Herbst gab man in
Berlin für „La petite iombe“ 15 500 M., für die
Landschaft mit Bauerngehöft und viereckigem
Turm: 17 000 M„ für das Landgut des Gold-
wägers: 14 000 M.
Wenden wir uns jeßt dem 18. Jahrhun-
dert zu, so war es hier die Boernersche
f lühjahrsauktion, die die wichtigsten Preise
für die Farbstiche aus der Leningrader Eremi-
iage ergab. An der Spiße stand Debu-
Cour t, dessen „La Rose — La Main" 36 000 M.
brachte, — sein Doppelblatt „La Noce au
Chateau — Le Menue* de la.Mariee". kam auf
16 000 M., und sein „Les Deux Baisers“ auf
LS 000 M. — Von den englischen Blättern
erreichte nur die Folge von ). R. Smith „What
You will — A Maid — A Wife — A Widow“,
mit 15 000 M. ein ähnliches Niveau.
Antike Plastik
auf anderen Auk-
Für die Bewertung der antiken Plastik, die
heute nur vereinzelt in der Linie des modernen
Gammlertums liegt, aus den Auktionsergeb-
nissen — wie übrigens auch aus den im freien
Handel genannten Preisen — allgemeine Maß-
stäbe aufzustellen, isf
besonders schwer. Das
Angebot wirklich erst¬
rangiger Stücke ist ge¬
ring; werden jedoch
solche Werke auf den
Markt gebracht, so er¬
zielen sie immer noch.
Wie die Versteigerung
der Landsdowne Mar¬
bles bei Christie’s am
März beweist, außer¬
ordentliche Preise, ge-
9en die das Mittelgut
noch stärker als z. B.
anf dem Gebiet der
alten Gemälde abfällt.
So sind von der so¬
eben genannten Auk-
h°n vor allem die
350 000 M. für die „Ver¬
wundete Amazone“ aus
bentelischem Marmor,
l02 000M. für das Frag¬
ment eines attischen
Grabreliefs des 4. Jahr¬
hunderts und 100 000 M.
’Ur eine Herakles-
Stafue (Abb. Nr. 7) aus
pr Schule des Lysip-
b°s zu nennen, Sum¬
men, neben denen die
.brigen, von uns in
Yr-11 ausführlich wie-
bergegebenen, sofort
j.eutend abfielen. Auch auf anderen Auk-
°nen konnte nicht entfernt dieses Preis-
beau erreicht werden. So wurden auf der
arsteigerung der Sammlung Sauphar in Paris
10 17.-21. Juni für die Marmorstatuen einer
Sekten Venus (Abb. Nr. 23) und einer Venus
Jenitrix 9900 M. und 11 500 M., für zwei
. Ythische Bronzetiere und eine frühe Lau-
nische Eisenplatte 6900 M. und 7300 M. an-
ye egt, — auf einer Versteigerung in New
Opk am 29. März für eine griechische Mar-
, Orgruppe des dritten vorchristlichen Jahr-
uderts 21 000 M., für den Kopf einer grie-
■schen Göttin, 4. jh. v. Chr., 10 500 M. und für
eine griechische Marmorfigur um 200 v. Chr.
8800 M. bezahlt, — auf der Versteigerung der
Slg. Baron von Heyl bei Helbing in München
(30. Okt.) für die Marmorbüste einer Römerin,
3. nachchristliches Jahrhundert, 24 000 M., für
einen griechischen Hermenkopf und einen
attischen Frauenkopf des 4. Jh. v. Chr. 13 600
bzw. 16 000 M. erzielt.
VI.
Neuere Plastik
Beherrscherin des Skulpturenmarktes ist
nach wie vor die italienische Renaisance, und,
in Einzelstücken, die Epoche des französischen
Dixhuitieme. Dagegen
teilt die mittelalterliche
Plastik mit der Antike
das Schicksal des
Fehlens breiterer Samm¬
lerschichten und weist
daher, ebenso wie
diese, eine sprunghafte,
in der Durchschnitts¬
höhe der Antike nicht
unebenbürtige Preis¬
bildung auf, die bei
erlesenen Sammlungen
wie in diesem Jahre
denen von Dr. Albert
Figdor (Cassirer-Hel-
bing, 29.—30. Sept.)
oder Dr. Leopold Selig¬
mann (Ball-Graupe,
28.-29. April) von be-
irächtlichen Einzel¬
preisen überragt wird.
Diese Preise sind nicht zu messen mit den
für italienische Renaissance-
skulpturen bezahlten, sondern halten
etwa die Höhe der Bewertung italienischer
Kleinbronzen. Auf der Figdor-Auktion konn-
ten Riccios „Sebastian“ (Abb. Nr. 36) 150 000
Mark, zwei Engel aus der Werkstatt des Ver-
rocchio 82 000 M., der berühmte Spiegelrahmen
von Luca della Robbia 60 000 M. und die
Frauenbüste von Desiderio da Settignano
51 000 M. (Abb. Nr. 37), — auf der Versteige-
rung Vieweg am 18. März die Türlünette von
Andrea della Robbia (Abb. Nr. 6) 92 000 M.
und eine dem Francia zugeschriebene männ-
liche Büste 27 000 M. erzielen, um nur einige
der Hauptpreise zu nennen. Geringer war in
So dürfen hier als
höchste, für nordi¬
sche Skulpturen des
Mittelalters und der
Renaissance gebotene
Preise aus der Figdor-
Auktion 49 000 M. für
die Brabanter Jesus-
wiege des 15. Jh., die¬
selbe Summe für die
beiden Holzmedaillons
von Hans Schwarz,
40 000 M. für die west¬
deutsche Heilige um
1450—60 (Abb. Nr. 37),
32 000 M. für die
Brixener knieende Ma¬
ria (Abb. Nr. 39) und
25 000 M. für den
tirolischen Georg des
14. Jahrhunderts (Abb.
Nr. 36), ferner je 19 000
Mark für Adolf Dau-
chers männliche Halb¬
figur und die nieder-
ländische Büste des
späten 15. Jahrhunderts
(Abb. Nr. 36), 16 000 M.
für eine Reliefgruppe
vonBenediktDreyer und
15 000 M. für einen nie¬
derländischen Georg um
1390 genannt werden. Gleichwertig stehen
daneben Preise für „Kleinskulpfuren", wie
18 000 und 13 500 M., die bei der Seligmann-
Auktion für die köstliche Kölner Madonnen-
statuette und die kleine Margareta um 1500
(Abb. Nr. 12) bezahlt wurden, oder ebenda die
13 500 M. für eine auvergnatische romanische
Madonna. Auf der Auktion Monell in New
York (28. Nov.) konnte eine Kreuzigung in der
Art des Veit Stoss 23 500 M. erzielen, während
sonst im ganzen die Preise bedeutend unter
den oben angegebenen liegen. Als recht be-
Persien, 12. Jahrhundert
Perse, 12 e siede
Persia, I2th Century
— Prete par S. M. le Schah de la
Burlington
diesem Jahre das Angebot an Kleinbronzen:
bemerkenswert die Preise von 21 850 M. für
einen „Äolus" des frühen 16. Jahrhunderts (Lon-
don, Christie’s, 8. Juli) und — aus der Ver-
steigerung Castiglioni in Berlin am 28. und
29. November — 10 000 und 9000 M. für zwei
Gruppen von Giambologna.
Einige Sensationspreise hat die fran-
zösische Plastik des 18. Jahrhunderts
zu verzeichnen, voran 336 000 M. für Houdons
Büste der Comtesse de Sabran aus der
Sammlung de la Beraudiere (New York, 11. bis
Kanne aus Kupferblech.
Cruche en cuivre lamine.
A ewer of tinned copper.
Leihgabe S. M. des Schah von Persien
Perse — Lent by H. M. the Schah of Persia
Internationale Ausstellung persischer Kunst im
House, London.
Die erste
Quadriennale
Rom
Von unserem Korrespondenten
Gerhard Reinbolh (Rom)
Die erste der vierjährigen nationalen
Kunstausstellungen Italiens, deren Einrichtung
einer direkten Initiative Mussolinis zuzu-
schreiben und die unter der Leitung on.
Oppos organisiert worden ist, wurde am
5. Januar eröffnet. Zu der für Italien reprä-
sentativen Ausstellung sind, wie das Pro-
gramm angibt, 8,75 % der Maler und 12 % der
Bildhauer, welche ihre Werke der Jury ein-
gereicht hatten, zugelassen worden.
Obwohl die Quadriennale als reine Kunst-
ausstellung geplant war, ist doch eine Aus-
nahme gemacht worden, indem für die neue
italienische Innenraumkunst und be-
sonders für das von dem halbstaatlichen
„Ente per l’artigianato" (Kunsthandwerks-
kammer) geschaffene moderne italienische
Möbel ein großer Saal reserviert worden ist.
*
Nach den von Mussolini gegebenen l.eit—
säßen sollte die neu geschaffene Quadriennale,
die vierjährige Kunstausstellung in Rom, die
für Italiens Kunst repräsentative Veranstaltung
werden. Die faschistische Regierung hat mit
dem ihr eigenen Geschick, Dinge, die sie
wichtig genommen haben will, in die erste
Linie zu rücken, der Quadriennale eine solche
Bedeutung verliehen, daß die Ausstellung von
dem Augenblick der Vernissage an für eine
Woche das im Vordergrund stehende „innen-
politische“ Ereignis war. Die faschistische
Regierung als „Regierung der Künste" war
das Ziel dessen, was man Italien und der
Welt zeigen wollte.
Schon vor der Vernissage hat der
Diktator zweimal den Ausstellungspalast
besucht, einmal um die Umbauten zu be-
sichtigen, zum anderen Mal einen Tag vor
der Hängung; er erschien unangemeldet, und
man hatte den Eindruck, als wollte der italie-
nische Ministerpräsident sich davon über-
zeugen, daß auch wirklich für die Vernissage
bereits ein einwandfreier Eindruck zustande
kommt. Für die Hängung selbst aber hatte
ebenfalls Mussolini seine Gegenwart zu-
gesagt, die Eröffnung sollte durch den König
und die Königin vorgenommen werden.
Die Vernissage ist zum mindesten für
die politische Kunstgeschichte Italiens ein Er-
eignis geworden. Mussolini, begrüßt von
dem Grafen di San Martino und on. Oppo,
hat eine Rede gehalten, die, wie off die An-
sprachen dieses Mannes, richtunggebend für
die Quadriennale und vielleicht für die ge-
samte Stellung der Regierung zur Kunst
Italiens sein muß. Vorausgeschickt muß noch
werden, daß Mussolini sich durch Oppo in
der ganzen langen Zeit der Vorbereitung über
alle Einzelheiten der Quadriennale unter-
richten ließ, daß es seinem persönlichen Ein-
griff zuzuschreiben ist, wenn jene Gruppe
höchst repräsentativer Maler, die auf der
schon veröffentlichten Liste der Aussteller
fehlte, die Carrä, Soffici, Dottori, noch in
leßter Stunde mit reichen persönlichen Samm-
lungen herangezogen worden sind; daß es
schließlich das erste Mal in der Geschichte
der modernen Kunst ist, daß ein Staafslenker,
sei er Ministerpräsident eines parlamenta-
rischen Staates oder autokratischer Diktator,
sich von Grund auf für Dinge der Kunst inter-
essiert, sie in gleicher Linie der Wichtigkeit
mit Außenpolitikfragen, Deflationsbewegungen
oder sonstigen gerade aktuellen staatlichen
Problemen behandelt.
Die gesamte faschistische Presse hat
diese akzentuierte Stellungnahme der Re-
gierung gewürdigt, hat sämtliche ersten
Seiten der politischen Blätter der Aus-
stellung eingeräumt, hat vor allem jubelnd
festgestellt, daß die Periode, in der der
Faschismus noch keine Zeit für die Kunst
hatte — das Desinteressement des Faschis-
mus für künstlerische Dinge in den ersten
sieben Jahren des Faschismus war bekannt —,
vorüber ist.
Aus der Mussolinirede bei der Vernissage
ist bemerkenswert, daß der Duce auch für sich
selbst ein Verdienst an der Ausstellung mit in
Anspruch nahm, daß er damit die Quadrien-
nale für ein offizielles Werk der Regierung,
für repräsentativ für die eigene Leistung er-
klärte. Zur Auswahl der Kunstwerke be-
merkte er, man könne unter keinen Umständen
der Jury den Vorwurf einer zu scharfen oder
gruppenweise gezogenen Auslese machen,
eher jenen einer allzu großen Generosität:
„Hier sind alle: von den Veteranen zu den
Jüngsten und auch zu den Unbekannten."
Nach einem Hinweis auf die finanzielle Unter-
siüßunq durch die Regierung, welche er als
unzureichend bezeichnete, wies Mussolini auf
die geistige Unterstüßung und das politische
Ziel dieser Ausstellung hin. „Die Kunst isf
immer eine der großen geistigen Kräfte
Italiens gewesen: auch in Zeiten der politi-
schen Dekadenz, auch in Perioden, in denen
Italien ein zerfeßtes Volk war. Heute da-
gegen ist Italien ein qroßes Volk. Und so
ei freut mich jeßt die Kunst noch mehr, eben
weil sie nicht an eine Periode der politischen
Dekadenz, sondern mit einer Epoche des poli-
tischen und moralischen Aufstieges Italiens
verbunden ist.“
(Fortseßung auf Seite 8)
WELT KUNST
3
achtliche Durchschnittsergebnisse können hier
von der Versteigerung Ball-Graupe am 12. Mai
8400 M. für eine Maria des Lorcher Kreuz-
tragungsmeisters und 7400 M. für eine öster-
reichische Kalksteinmadonna um 1380, — von
einer Frankfurter Versteigerung bei H. Hahn
am 17. Juni 5750 M. für eine französische Ma-
donna des frühen 14. Jahrhunderts und 4700 M.
für einen lothringischen Johannes um 1400, —
von der Versteigerung der Sammlung Weiller
(Helbing, Frankfurt, 21. Oki.) 4000 M. für einen
Altar von Valentin Lendenstreich und 3700 M.
für eine Barbara des jüngeren Syrlin aufge-
fiihrt werden.
13. Dez., Abb. in Nr. 1, Seite 2), Für eine
kleine Bacchantengruppe von Clodion (Abb.
Nr. 50) wurden in der Galerie Georges Petit
am 1. Dezember 15 900 M., für zwei Bac-
chanfenköpfe von C. G. Marin bei Christie’s
am 8. Juli 15 500 M. bezahlt.
{Fortsetzung des Rückblicks auf das Jahr 1930
in Nr. 3 der Weltkunst)
Renoir-Erwerbung
Das Pensylvanian Art Institute in Phil-
adelphia hat soeben zum Preis von über
100 000 M. Renoirs „Bildnis der Mme Renoir"
von 1885 erworben.
Paar eiserner Gartenbänke, Sheraton, um 1790
Une paire de bancs en fer, Sheraton, vers 1790 — Pair curved wrought iron garden seats of the
Sheraton period, about 1790
L. 5io cm — Coll. Karl Freund, No. 419
Versteigerung — Vente — Sale: American Art Association Anderson Galleries
New York, 18.—20. Dezember 1930
Brachte — adjuge — seid: $ 2000
Albrecht Dürer. Hier stieg auf der Berliner
Liühjahrsauktion bei Hollstein & Puppel die
9r°ße Holzschnittfolge des „Marienlebens“ auf
130 000 M., — der Erasmus von Rotterdam
^Abbildung in Nr. 15 der „Weltkunst") auf 62 000
Mark. Dies waren freilich die Hauptpreise
sensationeller Art. Aber auch sonst war das
Preisniveau im ganzen gut gehalten. So gab
rnan auf der Boernerschen Frühjahrsauktion
für Dürer-Stiche hohe Summen aus: so z. B.
für die Madonna mit der Meerkaße: 13 500 M.,
~~ für den hl. Hubertus: 9400 M., — auch auf
der Herbstauktion, bei der die amerikanischen
Aufträge zurücktraten, brachte ein Hubertus
27 000 M. und eine Kupferstich-Passion 6000 M.
Von anderen deutschen Meistern der frühen
Graphik erwähnen wir die Preise von 21 000
Afark, die auf der Boernerschen Frühjahrsauk-
fion für ein Blatt des Meisters E. S. gezahlt
Wurden, — von 15 500 M. für ein Blatt des
Meisters i. e. und von 33 000 M. für einen
Brunnen-Vorlagestich des Meisters W. mit
dem Pfeil, um die Wertschäßung von be-
sonders seltenen und guten Blättern vor
Augen zu führen.
Eine besondere Stellung nahmen die frühen
deutschen Einblattholzschnitte aus
St. Gallen ein, die auf der Berliner Herbst-
®uktion zum Ausgebot kamen. Hier stiegen
zwei Schrotblätter mit den Hl. Andreas und
Georg (Abb. in Nr. 39) auf je 15 100 M., —
Anna Selbdritf (Abb. ebendort) auf 10 000 M.,
— Madonna mit vier Heiligen auf 12 500
Mark. — Im Frühjahr hatten sich in Leipzig
Einblattdrucke auf 7000 bis 30 000 M. gestellt.
Wenden wir uns jeßt den Nieder-
ländern zu, so erwähnen wir die Preise bis
zu 6000 M., die Israel van Mecken ems
Blätter auf der Frühjahrsauktion in Leipzig
brachten, während er im Herbst zwischen
2200 M. und 4500 M. schwankte. — Bei Lukas
van Leyden kam im Frühjahr bei Boerner
das Bildnis Kaiser Maximilians I. auf 8500 M.,
während das gleiche Blatt in Berlin bei Holl-
stein & Puppel 6700 M. brachte und andere
Blätter, wie die große Darstellung des „Ecce
homo“ und der „Tanz der Magdalena“ hier
auf 5500 M. und 5700 M. kamen.
Ein hervorragendes Preisniveau hielten die
Arbeiten von Rembrandt inne. Im Früh-
jahr wurde in Berlin für die „Landschaft mit
den drei Hütten“ (Abbildung in Nr. 12 der
»Weltkunst“) 31 000 M. bezahlt, - in Leipzig
das Hundertguldenblatt mit 23 000 M., die drei
Kreuze mit 9000 M. Im Herbst gab man in
Berlin für „La petite iombe“ 15 500 M., für die
Landschaft mit Bauerngehöft und viereckigem
Turm: 17 000 M„ für das Landgut des Gold-
wägers: 14 000 M.
Wenden wir uns jeßt dem 18. Jahrhun-
dert zu, so war es hier die Boernersche
f lühjahrsauktion, die die wichtigsten Preise
für die Farbstiche aus der Leningrader Eremi-
iage ergab. An der Spiße stand Debu-
Cour t, dessen „La Rose — La Main" 36 000 M.
brachte, — sein Doppelblatt „La Noce au
Chateau — Le Menue* de la.Mariee". kam auf
16 000 M., und sein „Les Deux Baisers“ auf
LS 000 M. — Von den englischen Blättern
erreichte nur die Folge von ). R. Smith „What
You will — A Maid — A Wife — A Widow“,
mit 15 000 M. ein ähnliches Niveau.
Antike Plastik
auf anderen Auk-
Für die Bewertung der antiken Plastik, die
heute nur vereinzelt in der Linie des modernen
Gammlertums liegt, aus den Auktionsergeb-
nissen — wie übrigens auch aus den im freien
Handel genannten Preisen — allgemeine Maß-
stäbe aufzustellen, isf
besonders schwer. Das
Angebot wirklich erst¬
rangiger Stücke ist ge¬
ring; werden jedoch
solche Werke auf den
Markt gebracht, so er¬
zielen sie immer noch.
Wie die Versteigerung
der Landsdowne Mar¬
bles bei Christie’s am
März beweist, außer¬
ordentliche Preise, ge-
9en die das Mittelgut
noch stärker als z. B.
anf dem Gebiet der
alten Gemälde abfällt.
So sind von der so¬
eben genannten Auk-
h°n vor allem die
350 000 M. für die „Ver¬
wundete Amazone“ aus
bentelischem Marmor,
l02 000M. für das Frag¬
ment eines attischen
Grabreliefs des 4. Jahr¬
hunderts und 100 000 M.
’Ur eine Herakles-
Stafue (Abb. Nr. 7) aus
pr Schule des Lysip-
b°s zu nennen, Sum¬
men, neben denen die
.brigen, von uns in
Yr-11 ausführlich wie-
bergegebenen, sofort
j.eutend abfielen. Auch auf anderen Auk-
°nen konnte nicht entfernt dieses Preis-
beau erreicht werden. So wurden auf der
arsteigerung der Sammlung Sauphar in Paris
10 17.-21. Juni für die Marmorstatuen einer
Sekten Venus (Abb. Nr. 23) und einer Venus
Jenitrix 9900 M. und 11 500 M., für zwei
. Ythische Bronzetiere und eine frühe Lau-
nische Eisenplatte 6900 M. und 7300 M. an-
ye egt, — auf einer Versteigerung in New
Opk am 29. März für eine griechische Mar-
, Orgruppe des dritten vorchristlichen Jahr-
uderts 21 000 M., für den Kopf einer grie-
■schen Göttin, 4. jh. v. Chr., 10 500 M. und für
eine griechische Marmorfigur um 200 v. Chr.
8800 M. bezahlt, — auf der Versteigerung der
Slg. Baron von Heyl bei Helbing in München
(30. Okt.) für die Marmorbüste einer Römerin,
3. nachchristliches Jahrhundert, 24 000 M., für
einen griechischen Hermenkopf und einen
attischen Frauenkopf des 4. Jh. v. Chr. 13 600
bzw. 16 000 M. erzielt.
VI.
Neuere Plastik
Beherrscherin des Skulpturenmarktes ist
nach wie vor die italienische Renaisance, und,
in Einzelstücken, die Epoche des französischen
Dixhuitieme. Dagegen
teilt die mittelalterliche
Plastik mit der Antike
das Schicksal des
Fehlens breiterer Samm¬
lerschichten und weist
daher, ebenso wie
diese, eine sprunghafte,
in der Durchschnitts¬
höhe der Antike nicht
unebenbürtige Preis¬
bildung auf, die bei
erlesenen Sammlungen
wie in diesem Jahre
denen von Dr. Albert
Figdor (Cassirer-Hel-
bing, 29.—30. Sept.)
oder Dr. Leopold Selig¬
mann (Ball-Graupe,
28.-29. April) von be-
irächtlichen Einzel¬
preisen überragt wird.
Diese Preise sind nicht zu messen mit den
für italienische Renaissance-
skulpturen bezahlten, sondern halten
etwa die Höhe der Bewertung italienischer
Kleinbronzen. Auf der Figdor-Auktion konn-
ten Riccios „Sebastian“ (Abb. Nr. 36) 150 000
Mark, zwei Engel aus der Werkstatt des Ver-
rocchio 82 000 M., der berühmte Spiegelrahmen
von Luca della Robbia 60 000 M. und die
Frauenbüste von Desiderio da Settignano
51 000 M. (Abb. Nr. 37), — auf der Versteige-
rung Vieweg am 18. März die Türlünette von
Andrea della Robbia (Abb. Nr. 6) 92 000 M.
und eine dem Francia zugeschriebene männ-
liche Büste 27 000 M. erzielen, um nur einige
der Hauptpreise zu nennen. Geringer war in
So dürfen hier als
höchste, für nordi¬
sche Skulpturen des
Mittelalters und der
Renaissance gebotene
Preise aus der Figdor-
Auktion 49 000 M. für
die Brabanter Jesus-
wiege des 15. Jh., die¬
selbe Summe für die
beiden Holzmedaillons
von Hans Schwarz,
40 000 M. für die west¬
deutsche Heilige um
1450—60 (Abb. Nr. 37),
32 000 M. für die
Brixener knieende Ma¬
ria (Abb. Nr. 39) und
25 000 M. für den
tirolischen Georg des
14. Jahrhunderts (Abb.
Nr. 36), ferner je 19 000
Mark für Adolf Dau-
chers männliche Halb¬
figur und die nieder-
ländische Büste des
späten 15. Jahrhunderts
(Abb. Nr. 36), 16 000 M.
für eine Reliefgruppe
vonBenediktDreyer und
15 000 M. für einen nie¬
derländischen Georg um
1390 genannt werden. Gleichwertig stehen
daneben Preise für „Kleinskulpfuren", wie
18 000 und 13 500 M., die bei der Seligmann-
Auktion für die köstliche Kölner Madonnen-
statuette und die kleine Margareta um 1500
(Abb. Nr. 12) bezahlt wurden, oder ebenda die
13 500 M. für eine auvergnatische romanische
Madonna. Auf der Auktion Monell in New
York (28. Nov.) konnte eine Kreuzigung in der
Art des Veit Stoss 23 500 M. erzielen, während
sonst im ganzen die Preise bedeutend unter
den oben angegebenen liegen. Als recht be-
Persien, 12. Jahrhundert
Perse, 12 e siede
Persia, I2th Century
— Prete par S. M. le Schah de la
Burlington
diesem Jahre das Angebot an Kleinbronzen:
bemerkenswert die Preise von 21 850 M. für
einen „Äolus" des frühen 16. Jahrhunderts (Lon-
don, Christie’s, 8. Juli) und — aus der Ver-
steigerung Castiglioni in Berlin am 28. und
29. November — 10 000 und 9000 M. für zwei
Gruppen von Giambologna.
Einige Sensationspreise hat die fran-
zösische Plastik des 18. Jahrhunderts
zu verzeichnen, voran 336 000 M. für Houdons
Büste der Comtesse de Sabran aus der
Sammlung de la Beraudiere (New York, 11. bis
Kanne aus Kupferblech.
Cruche en cuivre lamine.
A ewer of tinned copper.
Leihgabe S. M. des Schah von Persien
Perse — Lent by H. M. the Schah of Persia
Internationale Ausstellung persischer Kunst im
House, London.
Die erste
Quadriennale
Rom
Von unserem Korrespondenten
Gerhard Reinbolh (Rom)
Die erste der vierjährigen nationalen
Kunstausstellungen Italiens, deren Einrichtung
einer direkten Initiative Mussolinis zuzu-
schreiben und die unter der Leitung on.
Oppos organisiert worden ist, wurde am
5. Januar eröffnet. Zu der für Italien reprä-
sentativen Ausstellung sind, wie das Pro-
gramm angibt, 8,75 % der Maler und 12 % der
Bildhauer, welche ihre Werke der Jury ein-
gereicht hatten, zugelassen worden.
Obwohl die Quadriennale als reine Kunst-
ausstellung geplant war, ist doch eine Aus-
nahme gemacht worden, indem für die neue
italienische Innenraumkunst und be-
sonders für das von dem halbstaatlichen
„Ente per l’artigianato" (Kunsthandwerks-
kammer) geschaffene moderne italienische
Möbel ein großer Saal reserviert worden ist.
*
Nach den von Mussolini gegebenen l.eit—
säßen sollte die neu geschaffene Quadriennale,
die vierjährige Kunstausstellung in Rom, die
für Italiens Kunst repräsentative Veranstaltung
werden. Die faschistische Regierung hat mit
dem ihr eigenen Geschick, Dinge, die sie
wichtig genommen haben will, in die erste
Linie zu rücken, der Quadriennale eine solche
Bedeutung verliehen, daß die Ausstellung von
dem Augenblick der Vernissage an für eine
Woche das im Vordergrund stehende „innen-
politische“ Ereignis war. Die faschistische
Regierung als „Regierung der Künste" war
das Ziel dessen, was man Italien und der
Welt zeigen wollte.
Schon vor der Vernissage hat der
Diktator zweimal den Ausstellungspalast
besucht, einmal um die Umbauten zu be-
sichtigen, zum anderen Mal einen Tag vor
der Hängung; er erschien unangemeldet, und
man hatte den Eindruck, als wollte der italie-
nische Ministerpräsident sich davon über-
zeugen, daß auch wirklich für die Vernissage
bereits ein einwandfreier Eindruck zustande
kommt. Für die Hängung selbst aber hatte
ebenfalls Mussolini seine Gegenwart zu-
gesagt, die Eröffnung sollte durch den König
und die Königin vorgenommen werden.
Die Vernissage ist zum mindesten für
die politische Kunstgeschichte Italiens ein Er-
eignis geworden. Mussolini, begrüßt von
dem Grafen di San Martino und on. Oppo,
hat eine Rede gehalten, die, wie off die An-
sprachen dieses Mannes, richtunggebend für
die Quadriennale und vielleicht für die ge-
samte Stellung der Regierung zur Kunst
Italiens sein muß. Vorausgeschickt muß noch
werden, daß Mussolini sich durch Oppo in
der ganzen langen Zeit der Vorbereitung über
alle Einzelheiten der Quadriennale unter-
richten ließ, daß es seinem persönlichen Ein-
griff zuzuschreiben ist, wenn jene Gruppe
höchst repräsentativer Maler, die auf der
schon veröffentlichten Liste der Aussteller
fehlte, die Carrä, Soffici, Dottori, noch in
leßter Stunde mit reichen persönlichen Samm-
lungen herangezogen worden sind; daß es
schließlich das erste Mal in der Geschichte
der modernen Kunst ist, daß ein Staafslenker,
sei er Ministerpräsident eines parlamenta-
rischen Staates oder autokratischer Diktator,
sich von Grund auf für Dinge der Kunst inter-
essiert, sie in gleicher Linie der Wichtigkeit
mit Außenpolitikfragen, Deflationsbewegungen
oder sonstigen gerade aktuellen staatlichen
Problemen behandelt.
Die gesamte faschistische Presse hat
diese akzentuierte Stellungnahme der Re-
gierung gewürdigt, hat sämtliche ersten
Seiten der politischen Blätter der Aus-
stellung eingeräumt, hat vor allem jubelnd
festgestellt, daß die Periode, in der der
Faschismus noch keine Zeit für die Kunst
hatte — das Desinteressement des Faschis-
mus für künstlerische Dinge in den ersten
sieben Jahren des Faschismus war bekannt —,
vorüber ist.
Aus der Mussolinirede bei der Vernissage
ist bemerkenswert, daß der Duce auch für sich
selbst ein Verdienst an der Ausstellung mit in
Anspruch nahm, daß er damit die Quadrien-
nale für ein offizielles Werk der Regierung,
für repräsentativ für die eigene Leistung er-
klärte. Zur Auswahl der Kunstwerke be-
merkte er, man könne unter keinen Umständen
der Jury den Vorwurf einer zu scharfen oder
gruppenweise gezogenen Auslese machen,
eher jenen einer allzu großen Generosität:
„Hier sind alle: von den Veteranen zu den
Jüngsten und auch zu den Unbekannten."
Nach einem Hinweis auf die finanzielle Unter-
siüßunq durch die Regierung, welche er als
unzureichend bezeichnete, wies Mussolini auf
die geistige Unterstüßung und das politische
Ziel dieser Ausstellung hin. „Die Kunst isf
immer eine der großen geistigen Kräfte
Italiens gewesen: auch in Zeiten der politi-
schen Dekadenz, auch in Perioden, in denen
Italien ein zerfeßtes Volk war. Heute da-
gegen ist Italien ein qroßes Volk. Und so
ei freut mich jeßt die Kunst noch mehr, eben
weil sie nicht an eine Periode der politischen
Dekadenz, sondern mit einer Epoche des poli-
tischen und moralischen Aufstieges Italiens
verbunden ist.“
(Fortseßung auf Seite 8)