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WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 3 vom 18. Januar 1931

Bildnisse und Tierbilder, sind ganz auf die
Wirklichkeit eingestellt, nur die „Wassernixen“
(1875) lassen das märchenhafte Träumen
Thomas zur Anschauung kommen.
Immerhin hat auch ein reinblütiger Roman-
tiker Aufnahme in die Böhmsche Sammlung
gefunden: Carl Spitz weg, und zwar mit
so reizvollen Dingen wie dem Ständchen, dem
Eremit, dem Philosophen (Abbildung Seite 4)
und Wirtschaft am Meer.
Mit Einzelwerken ist die Münchener
Schule zur Stelle. Von Zügel das Bild einer
Dogge, — von Franz von Stuck ein Mäd-
cnenkopf, — von Fr. von Uhde Geschwister
in der Nähsfube, — dazu kommen Arbeiten
von Albert von Keller, Fr. A. von Kaul-
bach. — Die Berliner Schule ist mit Bildern
von L. Knaus, Paul Meyer heim,
Leistikow und Emil Orlik vertreten.

Ein jeder, der die Ausstellung zeitgenössi-
scher japanischer Malerei in der Preußischen
Akademie der Künste in Berlin besucht, wird
sofort unter dem Eindruck stehen, daß er ein
neues Land der Kunst betreten hat, das seine
an plastische Darstel¬
lung und technische
Virtuosität moderner
Malerei gewöhnten
Augen durch die Ara¬
beske raffinierter Far¬
ben und Konturen ein¬
fach bezaubern muß.
Vielleicht wird er sich
wundern, wie es mög¬
lich war, daß Japan in
dem umfassenden In¬
ternationalismus unse¬
rer Tage seine alte
Kunsttradition weiter¬
entwickeln und moder¬
nem Empfinden und
Tendenzen anpassen
konnte.
Es ist allerdings
nicht richtig, diese Aus¬
stellung als erschöp-
fende Repräsentation
des ganzen Kunstlebens
Japans zu charakteri¬
sieren, — eines Landes,
in dem der Import der
Ölmalerei durch
den engen Kontakt mit
europäischer Zivilisa¬
tion ebenso wie in an¬
deren Ländern begei¬
sterte Interpretation als
Ausdrucksmittel neu-
zeitlicher Gedanken
und Gefühle gefunden
hat. Was aber typisch
japanisch zu nennen ist, dokumentiert sich in
der Kultivierung jener traditionellen Form der
Kunstäußerung Seite an Seite mit der großen
Mode der Ölmalerei, jener tiefwurzelnden
Liebe für das, was wir als das naturgemäße
Produkt des Landes und der Rasse ansehen.

Inhalt Nr. 3

Die Sammlung Max Böhm (m. 2 Abb.) . . 112
Prof. Yuk io Yashiro (Tokyo):
Die Auisist-ellungi zeitgenössischer japanischer
Malerei (m. 4 Abb.).2
Prof. Dr. A. Dörner (Hannover):
Zur Auflösung dies Knyphausenschen Münz-
kabinetts • ..3
Die E x p e r t i s a.
Beiträge zur Diskussion des Problems von
Prof. Dr. A. Eibner (München) ... 3
Ausstellungen (m. 2. Abbl) ...... 2, 718
Junge Berliner Kunst — Moderne Prager
Künstler — Corot — Wex — Kokoschka —•
Deutsche Kunst in Wien — Schlemmer — M.
Mo.ll — Kölner Chronik.
Auktionsvorberichtle (m. Abb.) ...... 4
Auktionsnachbierichte' (m. Abb.).4
A u k t i o n s k a 1 e n d e r ..5
Preisiberiohte — Berichte aus Amerika — Kunst
im Rundfunk .6
Rückblick auf das Jahr 1930 (2. Forts.) . 7
Antiquitätenhändler = Hausierer? ..... 8
Literatur.8
A u s s t e 11 u n g e n d; e r W o- c h e . . . • 8
F1 o r e n t Fels:
Interviews im Atelier XII: L h o t e (m. Abb.) 9
Nachrichten von überall —
Unter Kollegen ..10
English Supplement.9
Yukio. Yashiro, On the Exhibition of
Contemporary Japanese Paintings at Berlin

An der Peripherie der Sammlung stehen
ihrem allgemeinen Charakter nach Bilder von
B ö c k 1 i n , dabei zwei ausgezeichnete kleine
Bildnisse, — von Anselm Feuerbach: Nana
(1860), während sich Ferdinand Hodlers Brust-
bild eines Mannes mit seinem radikalen
Realismus vorzüglich in das Gesamtbild der
Sammlung einfügt.
Zum Schluß darf daran erinnert werden,
daß es einstmals zur Debatte stand, ob die
Stadt Berlin die Sammlung Böhm nicht in
toto erwerben sollte. Man mag jeßt be-
dauern, daß man sr. Zt. diese Gelegenheit
ungenußt vorübergehen ließ, — wenn man da-
mals auch nicht die folgende Krisenzeit ahnen
konnte. Doch mag man sich noch mit der
Hoffnung trösten, daß die Hauptstücke der
Sammlung für deutsche Museen erworben
werden mögen.

Wie diese beiden entgegengeseßten, aber un-
vermeidlichen Bestrebungen zu einer harmo-
nischen, schöpferischen Synthese neuer japa-
nischer Kunst als Vereinigung des Dualismus
nationalen und modern internationalen Lebens

verbunden werden könnten, ist ein ernstes
Problem der Zukunft. Gegenwärtig sind die
japanischen Maler in zwei deutlich erkennbare
Lager geteilt: in die Olmaler und in die Maler
der traditionellen Schule. Während jene be-
strebt sind, die Probleme plastischer Kunst,
wie sie die Gedanken moderner, von histo-
rischer Tradition unbe¬
schwerter Menschen be¬
schäftigen, malerisch zu
lösen, sind die Maler
der traditionellen
Schule davon durch¬
drungen, daß nur ein
ehrfurchtsvolles Stu¬
dium der traditionellen
Form und Technik ihrer
großen Meister vergan¬
gener Zeiten, ein Er¬
gründen der Kräfte,
aus denen diese For¬
men hervorwuchsen,
und eine ernste Arbeit
an ihrer Erneuerung
und Verjüngung sie zu
Interpreten der zeit¬
losen nationalen Kunst
machen kann. Meinun¬
gen können je nach
dem Standpunkt des
Einzelnen auseinander¬
gehen, aber vielleicht
darf ich, ohne mich der
Gefahr eines Wider¬
spruchs auszuseßen,
behaupten, daß die
Kunst der traditionellen

Richtung interessanter ist, weil sie klarer
die Feinfühligkeit und Technik des japa-
nischen Volkes in der Kunst dokumentiert.
Die Gesellschaft für Ostasiafische
Kunst, deren Bemühungen die Verwirk-
lichung dieser Ausstellung zu verdanken ist,
muß zu ihrem Entschluß, die Aussteller auf die
Repräsentanten der traditionellen Malerei zu
begrenzen und diese Schau so zu einer Zu-
sammenfassung originaler japanischer Kunst
zu machen, beglückwünscht werden. Denn
nur hier kann man den künstlerischen Genius
Japans in seiner troß allem modernen Inter-

nationalismus noch wunderbar erhaltenen
Reinheit beobachten und studieren.
Mit voller Objektivität kann ich behaupten,
daß die Auswahl für diese Ausstellung zeit-
genössischer japanischer Malerei vorzüglich
getroffen ist. In Japan gibt es, wie wohl in
manchen anderen Ländern, verschiedene
Gruppen von Künstlern, die niemals in der-
selben Ausstellung ihre Schöpfungen zeigen
würden. Hier in Berlin haben fast alle bedeu-
tenden Künstler ihre Werke eingesandt in dem
Bestreben, diese dankenswerte Gelegenheit
zur Anbahnung näherer Beziehungen zwischen
der Kunst Deutschlands und Japans zu nußen.
So haben wir die seltene Gelegenheit, an Ort
und Stelle die Arbeiten großer lebender
Meister miteinander zu vergleichen. Taik-
w a n und Seiho in einer Ausstellung zu
sehen, ist ein in Japan seltener Genuß.
Taikwan erfaßt auf Grund seiner genauen
Kenntnis chinesischer Malerei der Sung- und
Vüan-Dynastien die Quintessenz der Ästhetik
des fernen Ostens, indem er den unbemalten
Teilen seines Bildes oft mehr Lebendigkeit
gibt als den bemalten. Seiho (siehe Abbildung)
malt als vollkommener Zauberer des Pinsels
mit wenigen Strichen Fische und grünes
Unkraut, aber so, daß nicht nur diese
Fische und Pflanzen als solche wirken, son-
dern die ganze Atmosphäre des vom blauen
Ozean umgebenen Landes mit seinen grünen
Wiesen einen in Bann hält. — Gyokudos
(siehe Abb. unten) strenge klassische Land-
schaftskunst geht vortrefflich mit Sh un-

kyos Art zusammen, der in Regenbogen-
farben die vielfarbigen Gebirge und Flüsse
des halbfropischen Japan malt. — Kiyokata
(siehe Abb. S. 9) und S h o e n stellen ent-
zückende weibliche Figuren aus, in denen der
ganze ererbte Zauber eines Utamaro und
Kiyonaga lebt. Dann ist da S u i u n der
Nanga-Schule, der die Verwirklichung poeti-
scher Inspirationen erstrebt, —- J u p p o (siehe
Abb. unten) mit seiner mächtigen Kunst des
Chiaroscuro, — Suisho,Somei,Hyaku-
s u i und G y o s h u mit ihrem neu erwachten
Realismus, — Kwans etsu, dessen Können
eine Bildrolle wieder-
gibt, in der er mit jener
östlichen Würde die
Tragödie des „Liedes
vom ewigen Leid“ malt.
Und so weiter.
Es ist nicht ganz ge-
recht, wenn man diese
Maler der traditionellen
Schule nur konservativ
nennt. Sie sind kon-
servativ in dem Sinne,
daß sie an ihren tra-
ditionellen Formen und
Techniken festhalten;
und da Form und Tech-
nik bis zu einem ge-
wissen Grade tatsäch-
lich die künstlerischen
Möglichkeiten begrenzt,
so wirken sie neben
den Olmalern unseres
Landes, die diese Be-
grenzungen mit ihren
Vorzügen beiseite ge-
worfen haben, augen-
scheinlich sehr konser-
vativ. Troßdem er-
weisen sich diese tra-
ditionellen Maler bei
aufmerksamem Stu-
dium als fortschritt-
lich genug, erfüllt
von modernen Emp-
findungen und Sensationen. Ihr Werk zeigt,
wie die alte Form japanischer Kunst eine
langsame, aber immer stärkere Änderung er-
fährt, die sich dem modernen Empfinden anpaßt.
Es ist sicher berechtigt, die gesunde Entwick-
lung der zukünftigen japanischen Malerei viel
mehr in dieser folgerichtigen Evolution aus
historischen Quellen zu sehen, als in dem
revolutionären Tempo der aus dem Ausland
importierten Ölmalerei.

Junge Berliner Kunst
Der Verein Berliner Künstler hat
zwischen den mannigfachen Ratschlägen, die
ihm in den leßten Saisons zuteil wurden und
die allesamt auf eine Modernisierung des
Vereins hinausliefen, einen Mittelweg ge-
funden: er stellt jüngere Berliner Künstler
aus, deren Tendenz seiner- eigenen nicht allzu
entgegengeseßt ist. Der Eindruck, den diese
Ausstellung macht, ist im ganzen recht zwie-
spältig. Auf der einen Seite sieht man das
redliche Bemühen um die Lösung von mo-
dernen Formproblemen, wie sie mit den
Namen Hofers, Beckmanns, Munchs usw. ver-
knüpft sind. Andererseits weiß man nicht
recht, ob und wie die Maler über den Rahmen
hinauskommen werden, der ihnen durch ihre
Meister und Vorbilder gegeben ist. Es handelt
sich also zunächst um Leistungen, die man
als Schulwerke bezeichnen muß. In diesem
Sinn ist die Schau gewiß lehrreich, — man
sieht, wie weit der Einfluß von vorbildlichen
bedeutenden Persönlichkeiten reicht. Manche
schäßenswerte Arbeit ist dabei entstanden, —
wir heben hier nur die Namen F. Nußbaums,
als eines Hoferschülers, L. A. Jonas’ aus dem
Munch-Kreise, Joh. Sass’ als eines Vertreters
der Richtung E. Heckels hervor, um die Viel-
seitigkeit der Schau zu kennzeichnen. — Frei-
lich kann man bei dem Verlassen der Aus-
stellung den Wunsch nicht unterdrücken: es
möchten an dieser Stelle anstatt der Schul-
werke die originalen Meisterwerke gezeigt
werden —ow

Das neue Berliner
Landesausstellungsgebäude
Die preußischen Kunst- und Finanzbehörden
sind sich nunmehr darin einig, daß die Lösung
des Problems einer Schöpfung des neuen
Landesausstellungsgebäudes für Berlin vor-
dringlich zu behandeln sei. Vorgesehen ist
der schon im vorigen Winter vielbesprochene
Plaß an der Budapester Straße in der Nähe
des Elefantenportals vom Zoologischen
Garten.


Gyokudo, Spätherbst im Gebirge
Fin de l’automne dans la montagne — Autumn in the mountains
Leichte Farben auf Seide — Couleurs legers sur soie —- Light colours
on silk
Ausstellung — Exposition —■ Exhibition:
Akademie der Künste Berlin

Die Ausstellung
zeitgenössischer japanischer Malerei
Von P r o f. Yukio Yashiro
Direktor des Institutes für Kunstforschung, Tokyo


Seiho, Stilleben
Nature morte — Still life
Farben auf Seide — Peint sur soie — Painted on silk
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Akademie der Künste, Berlin


Juppo, Am Teichufer
Au bord de l’etang — At the shore of a pond
Farben auf Papier — Peint sur papier — Painted on paper
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Akademie der Künste, Berlin

THEODOOR ROZENDAAI mohrenstr. 6
BERLIN W8 ANTIQUITÄTEN nahe kaisebhof


BRIMO de LAROUSSILHE
34, Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes) Paris

Objets de Collection
Tapisseries - Peintures

Du Haut-Moyen Age
ä la Renaissance
 
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