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W E L T KUNS T

Jahrg. V, Nr. 4 vom 25. Januar 1931

Kunsthändler, zerstören. Auch juristisch be-
trachtet, könnte ein auf Grund einer ver-
schleierten Expertise etwa erfolgter Mu-
seumsankauf vom Verkäufer mit der Begrün-
dung angefochten werden, daß er über eine
wesentliche Eigenschaft des gekauften Stückes
im unklaren gelassen worden sei.
Ob für erstattete Gutachten eines wissen-
schaftlichen Beamten oder Angestellten Ho-
norare angenommen werden oder nicht, ist
nicht so entscheidend. Die Honorierung
mündlicher Gutachten sollte in keiner Form in
Frage kommen. Bei schriftlichen Gutachten
wäre eine der aufgewendeten Arbeit ent-
sprechende angemessene Vergütung, ebenso
wie eine von der Behörde evtl, festgeseßte
Verwaltungsgebühr durchaus vertretbar. In
das Gebiet des Unerlaubten geraten wir aber,
sobald das Honorar nach Prozenten des vom
Gutachter geschälten Wertes des Objektes
bemessen wird. Unerlaubt, weil jede Beteili-
gung der wissenschaftlichen Beamten oder
Angestellten am Handelsgewinn gegen das
Interesse ihrer Institute und gegen die Sfan-
desehre ist. Hier sollten die Grenzen freilich
ganz scharf gezogen werden! Daß der Handel
mit Kunstwerken verboten ist, dürfte selbst-
verständlich sein. Aber auch jede Beteiligung

am Handel gegen Entgelt oder Vorteilsgewäh-
rung — sei es an den Beamten oder Ange-
stellten selbst •— z. B. auch in der Form des
„stillen Teilhabers“ — sei es an einen Dritten,
z. B. an einen „Strohmann“, der gegebenen-
falls eine Ehefrau sein könnte, ist absolut un-
zulässig. Auf die schiefe Ebene würde auch
derjenige im öffentlichen Dienst stehende
Wissenschaftler sich begeben, der unmittelbar
oder mittelbar persönlich Vorteile zöge aus
seiner Mitwirkung bei An- oder Verkauf von
Sammlungsgegenständen, etwa dadurch, daß
er einen Interessenten nachweist oder ver-
mittelt gegen eine Art von Agentenprovision.
Dais die Bewegungsfreiheit des zweiten
Personenkreises überhaupt eingeengt werden
muß, erfordert bei den Beamten die Integrität
des Beamtenstandes und bei den Beamten
wie den Angestellten das Interesse der
Staatsinstitute und das Ansehen der Wissen-
schaft. Solche Einschränkungen liegen ja nicht
nur vor bei der Erteilung von Expertisen,
sondern gelten auch z. B. für die aktive Teil-
nahme an Versteigerungen, für das Anlegen
von Privatsammlungen seitens der Museums-
beamten auf den Gebieten, in denen sie amt-
lich tätig sind, und für die literarische Bear-
beitung im Kunsthandel befindlicher Gegen¬

stände, die zum Ankauf für ein Museum in
Aussicht genommen sind. Die Freiheit in der
kaufmännischen Ausnußung wissenschaftlicher
Kenntnisse, wie sie der erste Personenkreis
besitzt, darf den Angehörigen des zweiten
Personenkreises unter keinen Umständen zu-
gestanden werden. Wem dies nicht paßt, dem
kann nur der Rat gegeben werden, aus dem
Dienst an öffentlichen wissenschaftlichen In-
stituten auszuscheiden.

Herr Geheimrat Pinder bittet uns, eine
Nachbemerkung, die er dem Artikel von Prof.
Berliner in Nr. 1 der „Weltkunst“ angefügt
sehen wollte und die damals versehentlich
nicht zum Abdruck gelangte, jeßt nachträglich
noch zur Kenntnis unserer Leser zu bringen:
Dem Aufsaß des Herrn Professor Ber-
liner, der sein alleiniges geistiges Eigen-
tum ist, stimme ich vollkommen zu. Ich
bitte, mich als Gegenzeichner anzusehen.
Ich übernehme die Mitverantwortung.
gez. Wilhelm Pinder

5inn und Bedeutung der Internationalen Ausstellung
Persischer Kunst in London
Von
Prof. Dr. Friedrich Sarre
Direktor der Islamischen Kunstabteilung der Berliner Museen

Die Persische Ausstellung in London ist
die unmittelbare Nachfolgerin der drei welt-
berühmten Veranstaltungen, die in den Vor-
jahren im Burlington House stattfanden. Diese
Gleichstellung der persischen Kunst mit der
niederländischen und italienischen ist ein Be-
weis für die Wertung, die man an hervor-
ragender Stelle der Kunst des Vorderen
Orients und im besonderen Persiens gegen-
wärtig zubilligt.
Blicken wir fünfzig Jahre zurück. Man
kannte von der altpersischen, achämenidischen
Kunst die figürlichen farbigen Wanddekora-
tionen aus glasierten Ziegeln und die Stein-
reliefs von Susa und Persepolis, von denen
der Louvre und das British Museum Beispiele
zeigten, und sah in ihnen eine griechisch und
babylonisch-assyrisch beeinflußte Abart alt-
orientalischen Kunstschaffens. Von den
künstlerischen Äußerungen der ein halbes
Jahrtausend umfassenden parthischen Epoche
wußte man fast nichts, wenig mehr von der
als römische Provinzialkunst gewerteten
Kunst der Sasaniden, deren merkwürdige
Seidenstoffe die europäischen Kirchenschäße
und deren prachtvolle Silberarbeiten der
Boden Rußlands in edlen Beispielen bewahrt
hatten. Vom islamischen Persien fand man in
den Kunstgewerbemuseen, abgesehen von
Textilien und Teppichen, auf die die Wiener
Teppichausstellung vom Jahre 1891 die Auf-
merksamkeit gelenkt hatte, vor allem die
späte, delftähnliche blauweiße Keramik, unter
europäischem Einfluß stehende Lackarbeiten,
modernes tauschiertes Metallgerät und
Waffen, die der Bazar von Isfahan für den
Export nach Europa hersfellte. Beispiele der
herrlichen Buchkunst, Miniaturen und Einbände
waren unter der Obhut der Orientalisten in
den Bibliotheken wenigen zugänglich.
Als der Schreiber dieser Zeilen vor acht-
undzwanzig Jahren seine auf Forschungs-
reisen im Vorderen Orient und in Persien zu-
sammengebrachfe Sammlung den Berliner
Museen als Leihgabe anbot, verhinderte nur
Bodes Verständnis und sein energisches Ein-
treten, daß das Angebot nicht zurückgewiesen
wurde. Die Berliner Presse spöttelte, daß die
dafür im neu erbauten Kaiser-Friedrich-
Museum zur Verfügung gestellten Räume den
„Eindruck einer Synagoge“ machten, und for-
derten eine Entfernung der unwillkommenen
Leihgaben, die wenig später zusammen mit
der Fassade von Mschatta den Grundstock der
von Bode gegründeten Islamischen Kunst-
abteilung bilden sollten.

Inhalt Nr. 4
Gell. Reg.-Rat Prüf. Dr. W. Waetzoldt:
Die Expertise . ..1/2

Prof. Dr. Friedrich Sarre:
Sinn und Bedeutung der Internationalen Aus-
stellung persischer Kunst in London (m. Abb.) 2
Ludwig F. Fuchs (München):
Aschaffenburger Handzeichnungen.3
H. 0. Schönleber.3
Japanische Kunst in Berlin.3
Dr. F. E. Washburn Freund :
Vom New Yorker Markt (m. 8 Abb.) . 3
Deutsche Kunst in Paris.3
Auktionsvorberichte (m. 2 Abb.).4
Auktionsnachberichte .4
Auktions-Kalender .5
Preisberichte — Berichte aus Amerika — Kunst
im Rundfunk .6
Literatur.7
Ausstellungender Woche.1
A. Goldschmidt:
Sammler und Kritiker.8
Rückblick auf das Jahr 1930, III. Forts,
(in. Abb.).8
Dr. P. F. Schmidt:
Die Brüder Olivier (m. 2 Abb.).9
M o p p :
Ein kostbares Instrument (m. 2 Abb.) ... 9

Nachrichten von überall — Unter Kollegen 10

Im Jahre 1910 führte die Ausstellung von
Meisterwerken mohammedanischer Kunst in
München in einer glänzenden Schau die
künstlerische Bedeutung des islamischen
Orients vor aller Augen. Jeßt, in London,
20 Jahre später, beschränkt man sich nur auf
e i n Land, auf Persien, erweitert aber in dieser
Beschränkung die Vorführung, indem man die
gesamte künstlerische Entwicklung, von den

Anfängen in prähistorischer Zeit bis in das
18. Jahrhundert zeigt, wo mit der Nachahmung
Europas die künstlerische Eigenart zu schwin-
den beginnt.
Durch hohe Gebirgszüge von der Umwelt
getrennt, hat das persische Hochland stets
eine Einheit gebildet und innerhalb Vorder-
asiens immer eine Sonderstellung eingenom-
men. Zum eigentlichen Asien, das erst jen-


Bestickter Samtbehang aus einer Moschee. Persien, 17. Jahrh.
Tapis de Velours brode d’une mosquee. Perse, 17 e siede
Embroidered velvet mosque hanging. Persia, I7th Century
Besitz der persischen Regierung — Prete par le Gouvernement
de la Perse — Lent by the Persian Government
Internationale Ausstellung persischer Kunst im Burlington House, London

seits des Indus und des Pamir, des Daches der
Welt, beginnt, gehört Persien kulturell noch
nicht und bildet gleichsam die Brücke zwischen
ihm und dem Mittelmeergebief. Diese eigen-
tümliche isolierte Lage hat die Entwicklung der
Geschichte des Landes bestimmt und ihr einen
einzigartigen Charakter bis in die Gegenwart
verliehen. Durch zweiundeinhalb Jahrtausende
hat sich Persien seine Einheit und Unab-
hängigkeit bewahrt und sich sogar die mon-
archische Staatsform erhalten. Als der jeßt
regierende Herrscher Riza Schah Pahlawi
vom einfachen Soldaten zur Macht gelangte,
macht er sich nicht wie der türkische Staats-
chef zum Präsidenten einer Republik; er be-
steigt den iranischen Königsthron des Darius
und Xerxes und läßt sich zum .Schah krönen;
denn die im Volke lebendige Tradition for-
dert die Fortseßung der monarchischen
Staatsform.
Auch in der Kunst zeigt Persien die gleiche
Gebundenheit an die Tradition, das gleiche
Festhalten an alten Formen, die wohl zeit-
weilig, wie zur parthischen Epoche, in den
Hintergrund gedrängt werden können, die sich
aber immer wieder von neuem bahnbrechen.
Auch der Islam hat in Persien die künstleri-
schen Traditionen nicht vernichtet; er hat im
Gegenteil in Firdusis Königsbuch, dem Schah-
name, die alte Macht und Herrlichkeit wach-
gehalten, hat unter Aufgabe bilderfeindlicher
Tendenzen eine besondere Höhe künstleri-
scher Kultur herbeigeführt. Auf iranischem
Boden werden zur Mongolenzeit die Söhne
und Enkel blutiger Eroberer friedliche För-
derer künstlerischer und wissenschaftlicher
Tätigkeit. Um ein Beispiel zu nennen: Ein
Enkel von Timur ist der Begründer einer
Kunstakademie, aus der die zartesten und
feinsten Miniaturmalereien hervorgegangen
sind.
Was Persien seit drei Jahrtausenden an
wertvollem Kunstgut geschaffen hat, davon
gibt die Londoner Ausstellung einen Begriff.
Wir sehen zum ersten Mal in größerer Menge
die erst jüngst im Südwesten des Landes zum
Vorschein gekommenen aufregenden archai-
schen Bronzen von Nihawend, Grabbeigaben
eines pferdepflegenden Volkes, über dessen
geschichtliche Stellung man sich noch nicht im
Klaren ist; wir sehen Beispiele der glasierten
Wandbekleidungen und der lebendigen und
zugleich so geschlossen komponierten Stein-
reliefs aus den achämenidischen Königs-
palästen; es folgen Bronzen, Stoffe und
Edelmetallgerät der parthischen und sasani-
dischen Epoche und dann alle die Kostbar-
keiten, die während des islamischen Mittel-
alters und noch bis zum 17. und 18. Jahr-
hundert aut persischem Boden geschaffen
worden sind; der keramische und in Stuck
ausgeführte Flächenschmuck der Moscheen
und Paläste, die tauschierten Metallarbeiten,
die glasierten, in Lüsterfarben oder bunt be-
malten Tongefäße, Seidenwebereien, Brokate
und Teppiche, wie sie in gleicher Bedeutung
und Schönheit noch niemals vereinigt worden
sind. Ein unerhörtes Wunderwerk der
Teppichknüpferei nimmt als piece de resi-
stance die Mitte des Hauptsaales ein: Der
große achtseitige Seidenteppich vom Grabe
Schah Abbas II. in Kum, in lichten, schimmern-
den Tönen einen blühenden Garten dar-
stellend. Auch andere, den Ungläubigen un-
zugängliche Schaßkammern der heiligen Grab-
moscheen haben ihre Schäße hergeliehen.
Miniaturen und Buchkunst füllen mehrere Säle.
Eine das Publikum besonders interessierende
Leihgabe des Schahs ist der Schaß von edel-
steinbeseßten goldenen Geräten, Kannen,
Schalen, Schilden, die den Inhalt einer beson-
ders bewachten und beschüßten Vitrine bilden
und einen Begriff von orientalischer Märchen-
pracht geben.
Aber nicht in der geschmackvollen Auf-
stellung von allen diesen aus Heiligtümern,
Museen und Privatsammlungen zusammen-
gebrachten persischen Kunstwerken und Kost-
barkeiten erblicken wir den Sinn und die Be-
deutung der Londoner Ausstellung. Das
Wesentliche besteht darin, daß sie die in den
leßten Jahrzehnten auf Grund der Forschung
vermehrte Kenntnis persischer Kunst über-
raschend vor Augen führt, und daß in ihr
eins deutlich in die Erscheinung tritt, die in
sich zusammenhängende und sich durch alle
Epochen stets gleich bleibende Höhe des
künstlerischen Schaffens auf dem Boden von
Iran.

Das Pergamon-Museum
Aus Plaßmangel können wir eine Erwide-
rung von Dr. Willi, v. Massow auf den
in Nr. 2 der „Weltkunst“ erschienenen Artikel
über die Aufstellung des Pergamon-Museums
von Prof. Dr. v. Schöfer erst in der näch-
sten Nummer zur Veröffentlichung bringen.

T oulouse-Lautrec
Der Amsterdamer Kunstsalon Frans
Buffa & Zonen hat eine ausgezeichnete
Ausstellung von Lithographien Toulouse-
Lautrecs veranstaltet, in denen eine Auswahl
aus den besten Leistungen des Meisters zu-
sammengestellt worden ist. Uber 70 Blätter,
zumeist zwischen 1893 und 1898 entstanden,
geben ein eindrucksvolles Bild von der leben-
digen Reaktionsfähigkeit des Künstlers und
von dem formalen Gestaltungsreichtum, der
aus den Dokumenten seines Schaffens spricht-

Objets de Collection
Tapisseries - Peintures

BRIMO DE LAROUSSILHE
34, Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes) Panis

Du Haut-Moyen Ags
ä la Renaissance
 
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