jajirg. V, Nr. 15 vorn 12. April 1931
W E L T K U N S T
11
9>nnt jedes Porträt damit, daß er das Auge
zu malen anfängt und daraus die Einheit des
Gesichtes entwickelt. Das ist eine künst-
'Jrische Weltanschauung, die man symbolisch
ueuien kann. Das Auge schaut den Maler an
und schafft die Brücke zur weiteren Ge-
staltung. Es gibt wenige Künstler, die so
''Turnen haft ein Auge vermitteln können wie
tthein, vielleicht nur noch in der Bildhauerei
^espiau.
Ausstellungen
Edvard Munch
Am 15. April eröffnet die Berliner
Galerie Alfred Flechtheim eine Aus-
stellung von Werken Edvard Munchs, die in
Deutschland unbekannt sind, und zwar von
Gemälden, Aguarellen, Zeichnungen und
graphischen Blättern.
am
Ge-
Will Sohl, Emy Frensdorff
Die Galerie J. Casper, Berlin, hat
April eine Ausstellung eröffnet, die __
Gälde und Aquarelle von Will Sohl, Zürich,
Gid Nadel-Pastelle und Zeichnungen von Emy
G'ensdorff umfaßt.
Kurpfälzische Textilien
Der Kobellausstellung, die am Oster-
montag ihr Ende findet, läßt das städtische
^chloßmuseum als weitere Sonderschau eine
Ausstellung von Arbeiten der 1756 in Mann-
heim gegründeten und 1762 nach Heidelberg
'erlegten kur pfälzischen Savonne-
i'e-Manufakfur folgen. Die in Knüpf-
teehnik hergestellten Wandbehänge, Teppiche
Und Möbelibezüge stammen aus dem Besiß
Qes Kurfürsten Carl Theodor. Es sind hervor-
fugend schöne und kostbare Stücke mit
urbenprächtigen Darstellungen, die ihrem
orbild, den gleichzeitigen Erzeugnissen der
. ariser Savonnerie, technisch und künst-
erisch nicht nachstehen. Dem Schloßmuseum
^ürden diese Leihgaben von der Direktion
Ger Museen und Kunstsammlungen des ehe-
maligen Krongutes in Bayern aus den Resi-
j enzen München und Würzburg, sowie aus der
Geiherrlich von Heyl’schen Kunstsammlung in
,y°nns mit dankenswerter Bereitwilligkeit zur
Verfügung gestellt.
Edvarcl Munch
im Bielefelder Kunsthaus
k Die März-Ausstellung des Bielefelder
nsihauses ist dem Werke Edvard
Münchs gewidmet. Sie umfaßt 18 Gemälde
Jmd etwa 100 graphische Blätter des Meisters.
u*e Gemälde stammen zur Hälfte aus Privat-
hnd Museumsbesiß (Folkwang), zur andern
Hälfte aus dem Besiß des Künstlers. Bis auf
Gas bekannte Mädchen auf dem Sofa (1913)
Ur,d die Landschaft mit rotem Dach (1906)
^stammen die Gemälde fast alle den leßten
Jahren. Man weiß, daß Munch die meisten
seiner Bilder in der freien, klaren Winterluft
Ges Nordens malt, und es scheint beinahe, als
Ga sie aus diesem Grunde für unser Klima
und den geschlossenen Raum zu farbenfroh
Geraten seien. Aber das mag stark subjektiv
ert,pfunden sein; jedenfalls haben die älteren
Arbeiten, z. B. die beiden Bilder aus dem
Folkwang, einen weit stärkeren Eindruck
hinterlassen, was angesichts des Namens
Munch eigentlich zu betonen überflüssig ist.
— Die graphischen Blätter, von denen
etwa die Hälfte Arbeiten von 1920 und später
sind, lassen die angedeutete Wandlung der
künstlerischen Auffassung weniger hervor-
treten. Sie bieten eine Fülle ungetrübten Ge-
nusses. — Die Ausstellung wurde eingeleifet
durch einen einführenden Vortrag Curt
Glasers. S-g.
Riemenschneider-Ausstellung
im Provinzial-Museum zu H annover
Von Prof. Dr. V. C. Habicht (Hannover)
Am Sonntag, dem 5. April, ist im Provinzial-
Museum, Hannover, eine kleine Ausstellung
eröffnet worden, die aus Anlaß des baldigen
400jährigen Todestages Riemenschneiders, des
großen Sohnes Südniedersachsens (am 7. Juli),
veranstaltet worden ist. Wenn die Ausstellung
auch wegen der Zu¬
rückhaltung der Museen
und der Unverleihbar-
keit von Riemenschnei¬
ders Hauptwerken: den
Grabdenkmälern, gro¬
ßen Altären und Stein¬
plastiken, nur einen
kleinen Ausschnitt aus
dem Schaffen des Mei-
sters bietet, so ist der
Plan doch zu billigen,
und das Zusammen-
gebrachfe bietet auch
einen interessanten
Überblick. Gut ver-
treten sind die eigen-
artigen, leider von J.
Bier in seiner großen
Riemenschneiderbio¬
graphie nicht behan-
delten, Alabasferarbei-
ten der Frühzeit durch
die herrliche Verkün¬
digungsgruppe (Slg. v.
Goldschmidt-Rothschild,
Frankfurt a. M.), die
Maria Magdalena des
Roselius-Hauses, Bre¬
men, und die Madonna
im Louvre, wobei leider
der hl. Hieronymus der
Sammlung Fuld, Frank-
furt a. M., fehlt. Von
der Art der Würz¬
burger Frühzeit geben
vor allem die Reliefs
mit „Christus beim
Pharisäer Simon“, Pri-
vatbesiß Berlin, und
mit „Christus der Maria
Magdalena erschei¬
nend“, Berlin, Deut¬
sches Museum — be¬
kanntlich vom Mün-
nerstädter Altar stam¬
mend (1490—92) —
eine Vorstellung. Der von Schrade und Bier
als eigenhändig abgclehnte hl. Erasmus,
Berlin, Deutsches Museum, die weibl. Heilige
(nach Schrade: Verkündigungsmadonna) der
Sammlung Ullmann, Frankfurt a. M., und die
entzückende, fraglos ganz eigenhändige,
Kleine Maria mit Kind der gleichen Sammlung
runden das Bild von der Schaffensart dieser
Jahre ab.
Die sog. „reifen Werke“ sind in eigen-
händigen Fassungen nur in dem Fragment der
trauernden Frauen der Stuttgarter Altertums-
sammlung kennen zu lernen. Der Stil dieser
Epoche tritt aber doch in den beiden Frag-
menten einer Kreuzigung, Deutsches Museum,
Berlin, einer den Frankenaposfeln nahestehen-
den, männlichen Reliquienbüste (Slg. Böhler,
München) und der eindrucksvollen Hoflilacher
Beweinung aus Schloß Rohoncz deutlich ab-
lesbar auf.
Die Spät zeit dürfte, zeitlich gesehen,
eröffnet werden durch die drei Statuen eines
Altars, die sich im Besiß des Provinzial-
Museums Hannover selbst befinden: die große
Madonna, einen hl. Diakon mit Johannes d. T.
Der expressive und abstrakte Stil der Spätzeit
ist an der wohl sicher eigenhändigen hl. Elisa-
beth des Germanischen Museums, Nürnberg,
Leon Zack, Johannes d. T. (1930)
Jean Baptiste — John the Baptist
Ausstellung — Exposition — Exhibition
Galerie Bo'njean, Paris
einer weibl. Heiligen der Slg. Rossin und der
hl. Katharina der gleichen Sammlung kennen
zu lernen.
Unter den Werkstattarbeiten ragen
besonders hervor: ein Leuchterweibchen', Slg.
Böhler, München, und eine weibl. Heilige mit
Buch (Histor. Mus., Frankfurt), die wohl von
einem gleichfalls — wie der Meister selbst —
aus Südniedersachsen stammenden Gesellen
geschaffen worden ist.
Leon Zack
Die Pariser Galerie Bonjean, die
aus eigener Initiative heraus vor kurzem erst
eine Ausstellung zeitgenössischer deutscher
Malerei unternommen hat, zeigt eben das
Werk des sensiblen und empfindsamen russi-
schen Malers Leon Zack. Mit einer ganz
bescheidenen Grisaille-Palette malt er große
figürliche Kompositionen, Knaben- und
Mädchenbildnisse, die alle grau in grau mit
großen träumerischen Augen aus den Bildern
schauen. Er ist, dank seiner slawischen Seele,
der Interpret erregter Träume und früh-
zeitigen Erwachens. Wenn seine Bilder etwas
von der liefen Religiosität eines Rembrandt
besißen, so finden wir in den Zeichnungen die
Subtilität des Picassoschen Linienduklus, aber
immer leidenschaftlich erregt und durch-
drungen von einem höchsten künstlerischen
Ausdruck der äußeren Ruhe und zugleich von
innerer Spannung.
Dr. Friß N e u g a s s (Paris)
Schmidt - Rottluff
in München
Die gegenwärtige Ausstellung von Ge-
mälden, Aquarellen und Graphik Schmidt-
Rottluffs im Graphischen Kabinett
J. B. Neumann und Günther Franke
gibt seif der Schau bei Golß 1917 zum ersten-
mal wieder in München einen umfassenden
Überblick über das Schaffen dieses Künstlers.
Es werden vor allem Werke aus den leßten
Jahren gezeigt; Landschaften und Stilleben,
auch Figurenbilder, die früheren Werken
Schmidt-Rottluffs gegenüber in der unbe-
fangeneren Hingabe an die Natur eine neue
Unmittelbarkeit haben. Sie sind von einer
neuen farbigen Kraft und Dichte, von einem
naturhaften Zauber, den Schmidt-Rotlluffs
streng formaler Bildaufbau, der oft hart an
die Grenze eines ornamentalen Schematismus
streifte, früher nie so recht hat aufkommen
lassen. e.
F rühjahrsausstellung
der Berliner Akademie
Die Vorbereitungen für die kommende Früh-
jahrsausstellung der Akademie sind im Gange.
Es werden Gemälde und Plastiken ausgestellt
werden. Im Unterschiede zur Übung der leßten
Jahre will man aber diesmal von dem System
der freien Einsendung absehen und außer den
Mitgliedern der Akademie nur solche Künstler
zeigen, die durch eine besondere Einladung
zur Beschickung aufgeforderr worden sind.
Die Eröffnung erfolgt wahrscheinlich am
18. April.
IN
geschah, daß Utrillo Wände bemalte; man
pGli das für den Ausdruck von Freude am
fantastischen, am Extravaganten. Es war
f'neswegs dasl Wenn er manchmal auf einer
füen, glitschigen Unterlage malte, so darum,
G alle Möglichkeiten des Materials zu er-
r°ben. Ich meinerseits glaube immer weniger
u diese moderne Auffassung der „reinen
. alerei“, denn die aus Abstraktem geborene
alerei führt leßten Endes zum krassen Mate-
f‘istrius, während die aus großen technischen
fßntnissen geschaffene Malkunst zu reiner
b-Gstigkeit führen kann. Mir graut vor den
f^ern mit dekorativer Tendenz, — Bildern,
'e mit einer Anstreicherpinseltechnik gemalt
'■'den und die man in Serien herstellen kann.
j "Ich bin überzeugt, daß es ein Mysterium
fr Maltechnik gibt, und daß es einzelnen, wie
f anach und Ingres, gelungen ist, in das Ge-
f'Gnis einzudringen, dem ich mich nun mei-
1 seits, in aller Demut, zu nähern trachte.»
Utrillo :
s: "Jeder trägt eine nur ihm eigene Poesie in
gf- Ich bin Pariser, und wenn es mir auch
(jj Land gefällt, nur in Paris empfinde ich
f-F?e vertraute Stimmung, diese Aufnahme-
g Gigkeit Ich sehe an den Mauern, die andere
Ssatzig finden mögen, köstliche Farben, die
fernen Spuren der Zeiten und einer lebenden
fhschheit. Die Arbeiterviertel haben Farb-
grne> die viel großartiger sind als die der
\v Mokratischen Avenuen, und die Geschäfte
Ef^en s*Gh G°r^ Farben hervor, die den
auf sich ziehen und zur Freude einladen.
üf Fenster der Armen sind oft kleine Gärten,
p G Wenn man einmal begriffen hat, daß alles
P esie enthällt, dann freut man sich an allem,
hat Renoir so schön in seinen leßten Bil-
fQrtl gezeigt, wo die Frauen und die Natur
.aus derselben Materie gemacht zu sein
b] einen, aus grünem, rotem, gelbem und
51] Gem Staub. Ich habe meine Poesie ganz
für mich. Ich habe sie gefunden, wo ich
Gate . . wje jch konnte.
>,hi <.enn *CF Ehrenlegion hätte, würde
big " nicht mehr sagen, daß ich verrückt
V ■ ... Ich bin nicht geistesschwach, nicht
' rückt .... Ich bin ein wenig verdreht . . . .
«Sie müssen auch noch sagen, daß ich
Modigliani sehr geliebt habe . . .»
Bevor die Legende sich um ihn bildet, be-
vor er, dessen Name schon heute wie der der
großen Meister klingt, die romantische Um-
dichtung der Wahrheit, wird über sich ergehen
lassen müssen, will ich
sagen, daß er wohl der
Freudloseste unter allen
Malern ist.
Mörtel anrührt, mit dem er die Mauern be-
werfen wird. Er hat eine abergläubische Vor-
liebe für einzelne Motive und seine Themen
sind der vertrauten Welt des populär Pitto-
resken entnommen: Kirchen, Kasernen, ver-
dorrtes Land, die Befestigungswälle, die
Van Gogh hafte in
seinem Elend Absynth,
Mädchen, Tabak und
die Illusion der Frei-
heit. Utrillo hat nichts
als die Freude an
seiner Malerei. Er ist
ein ewiger Gefangener;
ist er ruhig, so lebt er
eingesperrt; geht er
durch, so sperrt man
ihn ein, um ihm seine
Ruhe wiederzugeben.
Keine Frau, kein
Freund. Seine Mutter
bewacht zärtlich einen
Gefangenen.
Vorüber ist es mit
den Spaziergängen auf
die Butte Pinson zum
alten Gay*) oder zur
„Belle Gabrielle“. Er
ist nur mehr für seine
Malerei da.
Maurice Utrillo
Er nimmt seine Motive zumeist von An-
sichtskarten oder einer Photographie und er
geht bei seiner Arbeit wie ein Architekt vor,
der Gerüste aufstellt, Mauern aufführt, den
*) Der „Pere Gay“ war ein Delikatessenhändler
im Hause 3 rue Paul- Feval, der seine Auslage mit
Schinken, Auvergner Käse, Würsten und Bildern
Utrillos schmückte. Er zahlte ihm zwei Franc pro
Stück und verkaufte sie nicht ohne Mühe um vier an
Werkmeister, Hausmeisterinnen, Baupoliere, die zu
ihm kamen, um ihr kärgliches Mahl zu kaufen. Utrillo
saß unterdessen im Schatten eines Torbogens bei
einem Liter Roten, über den ein Glas gestülpt war,
und malte „Sacre Coeurs“ in Serien.
nahen Vororte mit ihrem dramatischen
Schattenspiel von Nebel und Regen.
Denn dieser Maler ist ein Melancholiker.
Wenn die Sonne erscheint, so wird es nach
einem Gewitter sein: rosa und unbestimmt.
Immer gleitet über seine Landschaft eine
mysteriöse Beleuchtung hin, — ihretwegen hat
man ihn oft für einen Impressionisten gehalten,
aber nichts gehört weniger einer bestimmten
Richtung an als sein Werk. Eine wundervolle
Persönlichkeit steht dahinter voll Harmonie
und kindlicher Poesie. Wenn die Namen:
Cezanne, Delacroix, Renoir und van Gogh
ihm teuer sind, so vielleicht deshalb, weil er
sie sich ein wenig — wie auf den Bildern aus
Epinal — wie eine Legendenfolge vorstellt.
Wenn man ihre Namen nennt, so freut er sich
darüber, wie über ein Andenken an treue
Freunde. Ich kann mir vorstellen, daß er sich
vor einem fertigen Bilde fragen mag, ob seine
Paladine das Bild geliebt hätten.
Diese kleinen Gestalten, die in seinen
Bildern herumgeistern (und die bei der ernsten
Kritik Anstoß erregen*), dürfen nicht getrennt
von dem Milieu gedacht werden, das sie zu
beleben haben. Sie gehören zum Bilde, für
das sie die Bedeutung etwa einer Wolke,
eines Fensters haben, sie bringen Bewegung
in die Straßen, Gärten und sind einzig und
allein Wesen der Phantasiewelt dieses nach
Phantastischem und Außergewöhnlichem gie-
renden Menschen.
Landgärtner in blauen Blusen, Arbeiterin-
nen, die im Geschwindschritt in die Fabrik
eilen, deren Schornsteine am Horizont in
die Luft ragen, — das ist die Fauna, die
seine Vorstädte bevölkert. Und wenn der
Mann in blauer Bluse manchmal der Ar-
beiterin zublinzelt, so bedeutet das, daß Utrillo
ebensowenig wie Breughel — mit dem man
ihn eines Tages vergleichen wird — sich einen
kleinen Spaß versagt.
Ich sagte, daß er sein Bild in Angriff
nimmt, wie ein Baumeister einen Bau. Er
will es aber auch noch mit Bäumen schmücken,
mit Fahnen, Blumen und mit all den Zeichen,
die die Zeit eingräbt und die dem Bild soviel
Leben geben.
Man darf ihn sich nicht wie einen sanften
Narren vorstellen, der in der Malerei ein Ab-,
lenkungsmittel seiner Krisen findet. Er ist
ein fleißiger Arbeiter, ohne Unterlaß von
Poesie erfüllt.
Dank seinem Werke werden wir ein ge-
treues, zärtliches Abbild von unserem gelieb-
ten Paris behalten.
*) Jaques Emile Blanche sagte mir letzthin: „Wie
kann man so etwas lieben? Würden Sie . denn ein
Buch herausgeben, das voller Fehler ist? Und
Utrillo ist voll von syntaktischen Fehlern.“
W E L T K U N S T
11
9>nnt jedes Porträt damit, daß er das Auge
zu malen anfängt und daraus die Einheit des
Gesichtes entwickelt. Das ist eine künst-
'Jrische Weltanschauung, die man symbolisch
ueuien kann. Das Auge schaut den Maler an
und schafft die Brücke zur weiteren Ge-
staltung. Es gibt wenige Künstler, die so
''Turnen haft ein Auge vermitteln können wie
tthein, vielleicht nur noch in der Bildhauerei
^espiau.
Ausstellungen
Edvard Munch
Am 15. April eröffnet die Berliner
Galerie Alfred Flechtheim eine Aus-
stellung von Werken Edvard Munchs, die in
Deutschland unbekannt sind, und zwar von
Gemälden, Aguarellen, Zeichnungen und
graphischen Blättern.
am
Ge-
Will Sohl, Emy Frensdorff
Die Galerie J. Casper, Berlin, hat
April eine Ausstellung eröffnet, die __
Gälde und Aquarelle von Will Sohl, Zürich,
Gid Nadel-Pastelle und Zeichnungen von Emy
G'ensdorff umfaßt.
Kurpfälzische Textilien
Der Kobellausstellung, die am Oster-
montag ihr Ende findet, läßt das städtische
^chloßmuseum als weitere Sonderschau eine
Ausstellung von Arbeiten der 1756 in Mann-
heim gegründeten und 1762 nach Heidelberg
'erlegten kur pfälzischen Savonne-
i'e-Manufakfur folgen. Die in Knüpf-
teehnik hergestellten Wandbehänge, Teppiche
Und Möbelibezüge stammen aus dem Besiß
Qes Kurfürsten Carl Theodor. Es sind hervor-
fugend schöne und kostbare Stücke mit
urbenprächtigen Darstellungen, die ihrem
orbild, den gleichzeitigen Erzeugnissen der
. ariser Savonnerie, technisch und künst-
erisch nicht nachstehen. Dem Schloßmuseum
^ürden diese Leihgaben von der Direktion
Ger Museen und Kunstsammlungen des ehe-
maligen Krongutes in Bayern aus den Resi-
j enzen München und Würzburg, sowie aus der
Geiherrlich von Heyl’schen Kunstsammlung in
,y°nns mit dankenswerter Bereitwilligkeit zur
Verfügung gestellt.
Edvarcl Munch
im Bielefelder Kunsthaus
k Die März-Ausstellung des Bielefelder
nsihauses ist dem Werke Edvard
Münchs gewidmet. Sie umfaßt 18 Gemälde
Jmd etwa 100 graphische Blätter des Meisters.
u*e Gemälde stammen zur Hälfte aus Privat-
hnd Museumsbesiß (Folkwang), zur andern
Hälfte aus dem Besiß des Künstlers. Bis auf
Gas bekannte Mädchen auf dem Sofa (1913)
Ur,d die Landschaft mit rotem Dach (1906)
^stammen die Gemälde fast alle den leßten
Jahren. Man weiß, daß Munch die meisten
seiner Bilder in der freien, klaren Winterluft
Ges Nordens malt, und es scheint beinahe, als
Ga sie aus diesem Grunde für unser Klima
und den geschlossenen Raum zu farbenfroh
Geraten seien. Aber das mag stark subjektiv
ert,pfunden sein; jedenfalls haben die älteren
Arbeiten, z. B. die beiden Bilder aus dem
Folkwang, einen weit stärkeren Eindruck
hinterlassen, was angesichts des Namens
Munch eigentlich zu betonen überflüssig ist.
— Die graphischen Blätter, von denen
etwa die Hälfte Arbeiten von 1920 und später
sind, lassen die angedeutete Wandlung der
künstlerischen Auffassung weniger hervor-
treten. Sie bieten eine Fülle ungetrübten Ge-
nusses. — Die Ausstellung wurde eingeleifet
durch einen einführenden Vortrag Curt
Glasers. S-g.
Riemenschneider-Ausstellung
im Provinzial-Museum zu H annover
Von Prof. Dr. V. C. Habicht (Hannover)
Am Sonntag, dem 5. April, ist im Provinzial-
Museum, Hannover, eine kleine Ausstellung
eröffnet worden, die aus Anlaß des baldigen
400jährigen Todestages Riemenschneiders, des
großen Sohnes Südniedersachsens (am 7. Juli),
veranstaltet worden ist. Wenn die Ausstellung
auch wegen der Zu¬
rückhaltung der Museen
und der Unverleihbar-
keit von Riemenschnei¬
ders Hauptwerken: den
Grabdenkmälern, gro¬
ßen Altären und Stein¬
plastiken, nur einen
kleinen Ausschnitt aus
dem Schaffen des Mei-
sters bietet, so ist der
Plan doch zu billigen,
und das Zusammen-
gebrachfe bietet auch
einen interessanten
Überblick. Gut ver-
treten sind die eigen-
artigen, leider von J.
Bier in seiner großen
Riemenschneiderbio¬
graphie nicht behan-
delten, Alabasferarbei-
ten der Frühzeit durch
die herrliche Verkün¬
digungsgruppe (Slg. v.
Goldschmidt-Rothschild,
Frankfurt a. M.), die
Maria Magdalena des
Roselius-Hauses, Bre¬
men, und die Madonna
im Louvre, wobei leider
der hl. Hieronymus der
Sammlung Fuld, Frank-
furt a. M., fehlt. Von
der Art der Würz¬
burger Frühzeit geben
vor allem die Reliefs
mit „Christus beim
Pharisäer Simon“, Pri-
vatbesiß Berlin, und
mit „Christus der Maria
Magdalena erschei¬
nend“, Berlin, Deut¬
sches Museum — be¬
kanntlich vom Mün-
nerstädter Altar stam¬
mend (1490—92) —
eine Vorstellung. Der von Schrade und Bier
als eigenhändig abgclehnte hl. Erasmus,
Berlin, Deutsches Museum, die weibl. Heilige
(nach Schrade: Verkündigungsmadonna) der
Sammlung Ullmann, Frankfurt a. M., und die
entzückende, fraglos ganz eigenhändige,
Kleine Maria mit Kind der gleichen Sammlung
runden das Bild von der Schaffensart dieser
Jahre ab.
Die sog. „reifen Werke“ sind in eigen-
händigen Fassungen nur in dem Fragment der
trauernden Frauen der Stuttgarter Altertums-
sammlung kennen zu lernen. Der Stil dieser
Epoche tritt aber doch in den beiden Frag-
menten einer Kreuzigung, Deutsches Museum,
Berlin, einer den Frankenaposfeln nahestehen-
den, männlichen Reliquienbüste (Slg. Böhler,
München) und der eindrucksvollen Hoflilacher
Beweinung aus Schloß Rohoncz deutlich ab-
lesbar auf.
Die Spät zeit dürfte, zeitlich gesehen,
eröffnet werden durch die drei Statuen eines
Altars, die sich im Besiß des Provinzial-
Museums Hannover selbst befinden: die große
Madonna, einen hl. Diakon mit Johannes d. T.
Der expressive und abstrakte Stil der Spätzeit
ist an der wohl sicher eigenhändigen hl. Elisa-
beth des Germanischen Museums, Nürnberg,
Leon Zack, Johannes d. T. (1930)
Jean Baptiste — John the Baptist
Ausstellung — Exposition — Exhibition
Galerie Bo'njean, Paris
einer weibl. Heiligen der Slg. Rossin und der
hl. Katharina der gleichen Sammlung kennen
zu lernen.
Unter den Werkstattarbeiten ragen
besonders hervor: ein Leuchterweibchen', Slg.
Böhler, München, und eine weibl. Heilige mit
Buch (Histor. Mus., Frankfurt), die wohl von
einem gleichfalls — wie der Meister selbst —
aus Südniedersachsen stammenden Gesellen
geschaffen worden ist.
Leon Zack
Die Pariser Galerie Bonjean, die
aus eigener Initiative heraus vor kurzem erst
eine Ausstellung zeitgenössischer deutscher
Malerei unternommen hat, zeigt eben das
Werk des sensiblen und empfindsamen russi-
schen Malers Leon Zack. Mit einer ganz
bescheidenen Grisaille-Palette malt er große
figürliche Kompositionen, Knaben- und
Mädchenbildnisse, die alle grau in grau mit
großen träumerischen Augen aus den Bildern
schauen. Er ist, dank seiner slawischen Seele,
der Interpret erregter Träume und früh-
zeitigen Erwachens. Wenn seine Bilder etwas
von der liefen Religiosität eines Rembrandt
besißen, so finden wir in den Zeichnungen die
Subtilität des Picassoschen Linienduklus, aber
immer leidenschaftlich erregt und durch-
drungen von einem höchsten künstlerischen
Ausdruck der äußeren Ruhe und zugleich von
innerer Spannung.
Dr. Friß N e u g a s s (Paris)
Schmidt - Rottluff
in München
Die gegenwärtige Ausstellung von Ge-
mälden, Aquarellen und Graphik Schmidt-
Rottluffs im Graphischen Kabinett
J. B. Neumann und Günther Franke
gibt seif der Schau bei Golß 1917 zum ersten-
mal wieder in München einen umfassenden
Überblick über das Schaffen dieses Künstlers.
Es werden vor allem Werke aus den leßten
Jahren gezeigt; Landschaften und Stilleben,
auch Figurenbilder, die früheren Werken
Schmidt-Rottluffs gegenüber in der unbe-
fangeneren Hingabe an die Natur eine neue
Unmittelbarkeit haben. Sie sind von einer
neuen farbigen Kraft und Dichte, von einem
naturhaften Zauber, den Schmidt-Rotlluffs
streng formaler Bildaufbau, der oft hart an
die Grenze eines ornamentalen Schematismus
streifte, früher nie so recht hat aufkommen
lassen. e.
F rühjahrsausstellung
der Berliner Akademie
Die Vorbereitungen für die kommende Früh-
jahrsausstellung der Akademie sind im Gange.
Es werden Gemälde und Plastiken ausgestellt
werden. Im Unterschiede zur Übung der leßten
Jahre will man aber diesmal von dem System
der freien Einsendung absehen und außer den
Mitgliedern der Akademie nur solche Künstler
zeigen, die durch eine besondere Einladung
zur Beschickung aufgeforderr worden sind.
Die Eröffnung erfolgt wahrscheinlich am
18. April.
IN
geschah, daß Utrillo Wände bemalte; man
pGli das für den Ausdruck von Freude am
fantastischen, am Extravaganten. Es war
f'neswegs dasl Wenn er manchmal auf einer
füen, glitschigen Unterlage malte, so darum,
G alle Möglichkeiten des Materials zu er-
r°ben. Ich meinerseits glaube immer weniger
u diese moderne Auffassung der „reinen
. alerei“, denn die aus Abstraktem geborene
alerei führt leßten Endes zum krassen Mate-
f‘istrius, während die aus großen technischen
fßntnissen geschaffene Malkunst zu reiner
b-Gstigkeit führen kann. Mir graut vor den
f^ern mit dekorativer Tendenz, — Bildern,
'e mit einer Anstreicherpinseltechnik gemalt
'■'den und die man in Serien herstellen kann.
j "Ich bin überzeugt, daß es ein Mysterium
fr Maltechnik gibt, und daß es einzelnen, wie
f anach und Ingres, gelungen ist, in das Ge-
f'Gnis einzudringen, dem ich mich nun mei-
1 seits, in aller Demut, zu nähern trachte.»
Utrillo :
s: "Jeder trägt eine nur ihm eigene Poesie in
gf- Ich bin Pariser, und wenn es mir auch
(jj Land gefällt, nur in Paris empfinde ich
f-F?e vertraute Stimmung, diese Aufnahme-
g Gigkeit Ich sehe an den Mauern, die andere
Ssatzig finden mögen, köstliche Farben, die
fernen Spuren der Zeiten und einer lebenden
fhschheit. Die Arbeiterviertel haben Farb-
grne> die viel großartiger sind als die der
\v Mokratischen Avenuen, und die Geschäfte
Ef^en s*Gh G°r^ Farben hervor, die den
auf sich ziehen und zur Freude einladen.
üf Fenster der Armen sind oft kleine Gärten,
p G Wenn man einmal begriffen hat, daß alles
P esie enthällt, dann freut man sich an allem,
hat Renoir so schön in seinen leßten Bil-
fQrtl gezeigt, wo die Frauen und die Natur
.aus derselben Materie gemacht zu sein
b] einen, aus grünem, rotem, gelbem und
51] Gem Staub. Ich habe meine Poesie ganz
für mich. Ich habe sie gefunden, wo ich
Gate . . wje jch konnte.
>,hi <.enn *CF Ehrenlegion hätte, würde
big " nicht mehr sagen, daß ich verrückt
V ■ ... Ich bin nicht geistesschwach, nicht
' rückt .... Ich bin ein wenig verdreht . . . .
«Sie müssen auch noch sagen, daß ich
Modigliani sehr geliebt habe . . .»
Bevor die Legende sich um ihn bildet, be-
vor er, dessen Name schon heute wie der der
großen Meister klingt, die romantische Um-
dichtung der Wahrheit, wird über sich ergehen
lassen müssen, will ich
sagen, daß er wohl der
Freudloseste unter allen
Malern ist.
Mörtel anrührt, mit dem er die Mauern be-
werfen wird. Er hat eine abergläubische Vor-
liebe für einzelne Motive und seine Themen
sind der vertrauten Welt des populär Pitto-
resken entnommen: Kirchen, Kasernen, ver-
dorrtes Land, die Befestigungswälle, die
Van Gogh hafte in
seinem Elend Absynth,
Mädchen, Tabak und
die Illusion der Frei-
heit. Utrillo hat nichts
als die Freude an
seiner Malerei. Er ist
ein ewiger Gefangener;
ist er ruhig, so lebt er
eingesperrt; geht er
durch, so sperrt man
ihn ein, um ihm seine
Ruhe wiederzugeben.
Keine Frau, kein
Freund. Seine Mutter
bewacht zärtlich einen
Gefangenen.
Vorüber ist es mit
den Spaziergängen auf
die Butte Pinson zum
alten Gay*) oder zur
„Belle Gabrielle“. Er
ist nur mehr für seine
Malerei da.
Maurice Utrillo
Er nimmt seine Motive zumeist von An-
sichtskarten oder einer Photographie und er
geht bei seiner Arbeit wie ein Architekt vor,
der Gerüste aufstellt, Mauern aufführt, den
*) Der „Pere Gay“ war ein Delikatessenhändler
im Hause 3 rue Paul- Feval, der seine Auslage mit
Schinken, Auvergner Käse, Würsten und Bildern
Utrillos schmückte. Er zahlte ihm zwei Franc pro
Stück und verkaufte sie nicht ohne Mühe um vier an
Werkmeister, Hausmeisterinnen, Baupoliere, die zu
ihm kamen, um ihr kärgliches Mahl zu kaufen. Utrillo
saß unterdessen im Schatten eines Torbogens bei
einem Liter Roten, über den ein Glas gestülpt war,
und malte „Sacre Coeurs“ in Serien.
nahen Vororte mit ihrem dramatischen
Schattenspiel von Nebel und Regen.
Denn dieser Maler ist ein Melancholiker.
Wenn die Sonne erscheint, so wird es nach
einem Gewitter sein: rosa und unbestimmt.
Immer gleitet über seine Landschaft eine
mysteriöse Beleuchtung hin, — ihretwegen hat
man ihn oft für einen Impressionisten gehalten,
aber nichts gehört weniger einer bestimmten
Richtung an als sein Werk. Eine wundervolle
Persönlichkeit steht dahinter voll Harmonie
und kindlicher Poesie. Wenn die Namen:
Cezanne, Delacroix, Renoir und van Gogh
ihm teuer sind, so vielleicht deshalb, weil er
sie sich ein wenig — wie auf den Bildern aus
Epinal — wie eine Legendenfolge vorstellt.
Wenn man ihre Namen nennt, so freut er sich
darüber, wie über ein Andenken an treue
Freunde. Ich kann mir vorstellen, daß er sich
vor einem fertigen Bilde fragen mag, ob seine
Paladine das Bild geliebt hätten.
Diese kleinen Gestalten, die in seinen
Bildern herumgeistern (und die bei der ernsten
Kritik Anstoß erregen*), dürfen nicht getrennt
von dem Milieu gedacht werden, das sie zu
beleben haben. Sie gehören zum Bilde, für
das sie die Bedeutung etwa einer Wolke,
eines Fensters haben, sie bringen Bewegung
in die Straßen, Gärten und sind einzig und
allein Wesen der Phantasiewelt dieses nach
Phantastischem und Außergewöhnlichem gie-
renden Menschen.
Landgärtner in blauen Blusen, Arbeiterin-
nen, die im Geschwindschritt in die Fabrik
eilen, deren Schornsteine am Horizont in
die Luft ragen, — das ist die Fauna, die
seine Vorstädte bevölkert. Und wenn der
Mann in blauer Bluse manchmal der Ar-
beiterin zublinzelt, so bedeutet das, daß Utrillo
ebensowenig wie Breughel — mit dem man
ihn eines Tages vergleichen wird — sich einen
kleinen Spaß versagt.
Ich sagte, daß er sein Bild in Angriff
nimmt, wie ein Baumeister einen Bau. Er
will es aber auch noch mit Bäumen schmücken,
mit Fahnen, Blumen und mit all den Zeichen,
die die Zeit eingräbt und die dem Bild soviel
Leben geben.
Man darf ihn sich nicht wie einen sanften
Narren vorstellen, der in der Malerei ein Ab-,
lenkungsmittel seiner Krisen findet. Er ist
ein fleißiger Arbeiter, ohne Unterlaß von
Poesie erfüllt.
Dank seinem Werke werden wir ein ge-
treues, zärtliches Abbild von unserem gelieb-
ten Paris behalten.
*) Jaques Emile Blanche sagte mir letzthin: „Wie
kann man so etwas lieben? Würden Sie . denn ein
Buch herausgeben, das voller Fehler ist? Und
Utrillo ist voll von syntaktischen Fehlern.“