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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 28 (12. Juli)]
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8

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 28 vom 12. Juli 1931

von Ue1>eatoll

Neuer Kampf um den
Braunschweiger Vermeer
Vor geraumer Zeit stand das berühmte
Vermeer-Bild „Mädchen mit dem Weinglas“
im Brennpunkte einer erbitterten Diskussion.
Man dachte bekanntlich damals allen Ernstes
daran, diese Perle des Braunschweiger Mu-
seums zu verkaufen, um für den Erlös die
dortigen Sammlungen reorganisieren zu
können. Diese Gefahr schien abgewendet, als
es dem einmütigem Protest der führenden
Kunsthistoriker Deutschlands gelang, die Ein-
tragung des Bildes in die Liste der national
wertvollsten Kunstwerke ziu bewirken. Neuer-
dings aber ist der Kampf von neuem ent-
brannt, wenn auch unter veränderten Bedin-
gungen. Es wirkt sich jeßti die finanzielle
Notlage aus, in der sich seit geraumer Zeit
der ehemalige Herzog von Braunschweig be-
findet, — eine unbequeme Situation, die ja
auch die Bemühungen um den Verkauf des
Welfenschaßes zur Folge hatte. Die Welt-
krise scheint die Bedrängnis des ehern.
Fürstenhauses vermehrt zu haben und so wird
es in Kürze nicht mehr in der Lage sein, die
Zuschüsse zu zahlen, die es vertragsgemäß
zum Unterhalt der Museumsstiftung beisteuern
muß, die für das Lamdesmuseum in
Braunschweig und die L a n d e s b i b 1 i o-
t h e k in Wolfenbüttel zu sorgen hat. In
dieser Situation hat man nun den Vorschlag
gemacht, das Vermeer-Bild gegen das
Kuppelreliguiar, ein Haupfstück des Welfen-
schaßes, einzutauschen. Das Reliqu-iar wird
mit 1 900 000 M. bewerfet, dazu kommt noch
ein Liberschuß von 800 000 M., der bei dem
Tausch mit dem auf 2 700 000 M. bewerteten
Vermeer zur Verfügung der Museumsstiftung
verbleiben würde.
Das hier vorliegende Angebot ist gewiß
verlockend. Denn das Kuppelreliguiar stellt
eine Spißenleisfung des Kölnischen Kunst-
gewerbes um 1175 dar. Andererseits ist es
begreiflich; daß die Front der Museumsleiter
und Kunsthistoriker sich auch diesem Vor-
schlag gegenüber ablehnend verhält In
erster Linie haben die Braunschweiger
Museumsdirektoren Prof. F u h s e vom
Städtischen Museum und Prof. Steinacker
vom Vaterländischen Museum in einem
„Offenen Brief“ sich gegen den Tausch er-
klärt. Ihnen hat sich Prof. Flechsig, einer
der besten Kenner altdeutscher Kunst, ange-
schlossen. Von Berliner Kunsthistorikern hat
der Generaldirektor der Staatlichen Museen,
Geheimrat W a e d t z o 1 d , ebenfalls seine
Stimme gegen den Umtausch erhoben.
Man möchte hoffen, daß es, ev. durch Ein-
sparungen im Museums- und Bibliotheks-
betrieb, möglich sein wird, die Institute, deren
Schließung in nahe Aussicht gestellt' worden
ist, offen- zu halfen.
Teile des „Hortus deliciarum"
aufgefunden?
Die elsässische Äbtissin Herrad von
Landsperg hat in der zweiten Hälfte des
12. Jahrhunderts ein Sammelwerk, den „Hortus
deliciarum“, verfaßt, das im Rahmen- der
biblischen Geschichten eine Darstellung alles
Wissenswerten enthielt und von den Nonnen
bei der Kinderlehre verwendet wurde. Die
besondere Bedeutung der einzigen davon be-
kannt gewordenen Handschrift lag in den
Miniaturen, die für die Kenntnis der
Tracht, Bewaffnung und Lebensweise der Zeit
außerordentlich wichtige Einzelheiten ent-
hielten. Die kostbare Handschrift ist jedoch
bei der Belagerung von Straßburg- im Jahr 1870
zugrunde gegangen, und nur ein Teil davon ist
uns noch in Kopien zugänglich. Wie j-eßt- be-
kannt wird, sollen nun einzelne Blätter seiner-
zeit entwendet und so der Vernichtung ent-
gangen, neuerdings- aber aufgefunden und
vom Britischen Museum erworben
worden sein. Photographien davon wurden
in der Pariser Akademie der Inschriften vor-
gelegt; sie enthalten Szenen aus dem Leben
Johannes des Täufers.
Wiederherstellung der
Erfurter Heckel-Fresken
Der Raum des Erfurter Museums, der die
bekannten Wandfresken Erich Heckels ent-
hält, mußte vor einigen Jahren gegen auf-
steigende Feuchtigkeit durch Zersägen der
Wände und Einziehen von Bleiplatten ge-
schützt werden. Dabei waren von Heckels
Malereien wesentliche Teile des Sockelfrieses

W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
E3 2 LützOW 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten

mit dem Puß entfernt worden. Nachdem der
Raum jeßt vollständig wieder ausgetrocknet
ist, hat der Künstler das Fehlende ergänzt und
einzelne Teile neu gemalt. Der Zeitraum zwi-
schen- der ersten Vollendung des Werkes 1922
und heute wird durch die unterschiedliche Mal-
weise als neuer Reiz spürbar, ohne die Ein-
heitlichkeit der Wirkung zu beeinträchtigen.
Gleichzeitig mit der Wiedereröffnung des
Heckel-Raumes wird im Kunstverein -eine Aus-
stellung von Gemälden und Aquarellen
des Künstlers gezeigt, die seinen Entwick-
lungsgang von 1906 bis 1930 erkennen lassen.
Zur Eröffnung hielt Dr. Ludwig Thormaeh-
I e n vor der Vereinigung Erfurter Museums-
freunde einen Vorfrag über den Künstler und
sein Werk.
Kunstausfuhrverbot in Spanien
Im Zusammenhang mit den politischen Um-
wälzungen hat die spanische Regierung die
tunlichste Verhinderung der Ausfuhr von Wert-
objekten für erforderlich erklärt. In bezug auf

den Zweck hat, den- antiken Stadtteil von
Athen wieder ans Tageslicht zu bringen. Die
Aufgabe war für beide Gelehrtengruppen nicht
leicht zu lösen, da an der Stelle, wo Agora
liegen sollte, sich jeßt ein dichtbevölkertes
Stadtviertel ausbreitet. Als von amerikani-
scher Seite erklärt wurde, daß die Gelehrten
bereit sind, zu Ausgrabungszwecken in diesem
Viertel Land zu erwerben, glaubte jeder
Grundstücksbesitzer sofort, daß er Millionär
würde. Durch Verhandlungen wurde schließlich
doch erreicht, daß die Besißer von ihren un-
sinnigen Forderungen nachließen, und da die
griechische Regierung sich zuleßt ins Mittel
legte, wurde das Stadtviertel z-u einem an-
nehmbaren Preise durch die Gelehrten-
kommission erworben. Die Kommission ver-
fügt über ausreichende amerikanische Hilfs-
quellen.
Kaum hatte man einige Wochen gearbeitet,
als der amerikanische Archäologe Shear auf
■einen wertvollen Fund stieß: die Fundamente
eines Bauwerks aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.
wurden freigelegt. Außerdem fand man Reste


Dean Wolstenholme, Fuchsjagd — Chasse au renard-— Foxhunting
90 : 120,5 cm — Kat.-Nr. 101 — Versteigerung — Vente — Sale:
Sotheby & Co., London, 13. Mai 1931
Brachte — adjuge — sold: £ 2000

die Werke bildender Kunst hat man sich zu
der Maßnahme entschlossen, die Ausfuhr von
Objekten -im Wert von über 50 000 Peseten
überhaupt zu verbieten.
Eine Schadow-Büste im Louvre
Kürzlich hat das Louvre-Museum ein Werk
Schadows erworben-, und zwar die Terrakotta-
büste der Marianne Schlegel vom Jahre
1801. -Diese Büste befand sich bisher im Be-
säße von Nachkommen des großen Bildhauers
und war -auf der Akademie-Ausstellung- von
Meisterwerken aus den- preußischen Schlössern
zu sehen, die im vergangenen Jahre stattfand.
Eine schwimmende Ausstellung
französischer Kunst
Auf einem französischen Paketboot, das
eine Fahrt nach den skandinavischen
Häfen unternehmen soll, um Vertreter der fran-
zösischen Wirtschaft und des Auslandes in
persönliche Berührung zu bringen, will man
auch Proben französischer Kunst nach dem
Norden schicken. Es soll eine Ausstellung- von
Gemälden der besten jungen Maler sowie eine
Sammlung französischer Zeichnungen und
Graphiken aus dem 17. und 18. Jahrhundert
enthalten.
Dunikowski-Ausstellung in Krakau
Die 93. Ausstellung der einst führenden
Künstlervereinigung „S z t u k a“ in Krakau,
welche in- der Vorkriegszeit in Polen eine den
deutschen Sezessionen entsprechende Rolle
gespielt hat, brachte eine Sonderschau des
Bildhauers Xawery Dunikowski, in der
fast sein ganzes Lebenswerk Aufstellung fand.
Liber anderthalb hundert Skulpturen in Gips,
Bronze und Holz waren da zusammen-
gebracht, und die Entwicklungslinie dieses be-
deutenden polnischen Meisters im Laufe von
30 Jahren kam voll zum Ausdruck. Die Sym-
bolik seiner früher expressiven Ganzfiguren
und. die Statik seiner zahlreichen Bildnisse
verbinden sich mit einem starken Stilgefühl
in den religiösen Kompositionen Dunikowskis,
die in den leßten Jahren für die Kathedrale
in Kattowiß und das Schlesische Seminar in
Krakau (Vier Evangelisten) geschaffen wurden.
P. Ett.
Ausgrabungsarbeiten in Athen
Anfang Juni begannen in Athen amerika-
nische und griechische Gelehrtenkommissionen
eine gemeinsame Ausgrabungs-kampagne, die

eines antiken Kanalisationswerkes und ent-
deckte eine große Geschäftsstraße, die an
beiden Seiten- Geschäftshäuser gehabt haben
muß. Viel hat den alten Bauwerken der Bar-
barismus der modernen Einwohner der Stadt
geschadet, die einfach aus der. Erde Steine
für ihre Neubauten geholt haben.
Die Amerikaner und die Griechen haben
die Arbeit unter sich verteilt: die Amerikaner
sollen etwa 70 0-00 qm durcharbeiten, die Grie-
chen 47 000 qm. 600 Häuser wurden zum
Zweck der Ausgrabungen angekauft und 6000
Mietern Abstandssummen gezahlt. Die Ame-
rikaner verpflichteten sich allerdings, für diese
Menschen an einer anderen passenden Stelle
eine neue Siedlung zu errichten. Als Gegen-
leistung haben sie aber das Recht beansprucht,
über alle Funde zuerst und nur durch ihre
eigenen Quellen zu berichten.
Man hofft, an Hand dieser Ausgrabungen
sich ein klares Bild über das politische und
wirtschaftliche Leben der alten Griechen
machen zu können. Insbesondere hoffl
man, aus dem Zeitalter von Sokrates- wert-
volle Funde zu machen, da man weiß, daß
Sokrates sich gern auf der Agora aufhielt
und die Häuser an dieser Geschäftsstraße oft
besuchte. Es dürfte angesichts der groß-
zügigen Mittel, über welche die Ausgrabungs-
kommission verfügt, nicht ausgeschlossen
erscheinen, daß die Arbeiten tatsächlich zu
sensationellen und gewissermaßen umwälzen-
den Ergebnissen führen werden.
Dr. L. W.
Rheinische Chronik
Unser FL G.-Korrespondent schreibt uns:
Eine Stätte rührigsten Wirkens für die
Kunst der Gegenwart ist das noch junge, von
Professor Friß G r e w e n i g geleitete Staat-
liche Museum in Saarbrücken. Wechselnde
Monatsausstellungen bringen Anregung man-
cherlei Art. Für die Eröffnungsfeiern werden
jeweils bekannte Kunstschriftsteller und
Forscher verpflichtet-, die in beachtlichen
Einführun-gsvorträgen den Kunstfreunden an
der Saar die Probleme und Tatbestände
heutigen- Kunstschaffens nahebringen. Zur
Zeit sind in den vorbildlich ein-
gerichteten Räumen die kolorierten Holz-
schnitte von E. Malaie und neue Aquarelle von
E. Heckel ausgestellt
Der Rheinische Verein für Denk-
malspflege und Heimatschutz
feierte am 29. Juni in Koblenz sein fünfund-
zwanzigjähriges Bestehen. Den Festvortrag
hielt Geheimrat C 1 e m e n (Bonn). Er gab einen
Abriß vom Wirken der Vereinigung, die stets

gegen alle Verunstaltung der Landschaft und
überlieferten Kunstdenkmäl-er energisch Front
gemacht habe.
Direktor Dr. Karl W i t h eröffnete im Licht'
hof des Kölner Kunstgewerbe'
Museums die Ausstellung Südafrikanische
Felsbilder und Höhlenzeichnungen. Gezeigt
werden Kopien und Lichtbilder, jenes Material
das Fro-benius auf seiner leßten Expedition,
1928 bis 1930, sammelte. Anläßlich der Er'
öffnungsfeier hielt Geheimrat Frobenius den
einführenden Vortrag.
Die Kölner Galerie Abels stellt zur
Zeit die Radierungen aus dem Nachlaß
Wilhelm Lehmbrucks aus. Es handelt sich
um Blätter, die noch zu Lebzeiten des Kunst'
lers gedruckt wurden und die erneut auf die
Lücke hinweisen, die der Freitod dieses be'
gnadeten Menschen hinterlassen hat.

Volkskunst-Ausstellung
ohne Sowjet-Rußland
Für 1935 war in der Schweiz eine Inter'
nationale Volkskunstausstellung
geplant. Die Einladungen hierfür wurden von
allen Staaten angenommen. Nur Sowjet-Ruß'
land hat sich ausgeschlossen. Und zwar unter
Hinweis darauf, daß Religion und Tradition
der sowjetischen Regierung in gleichem
Maße unerwünscht erscheinen.
Zum Diebstahl im Dickens-Museum
Wie wir in der leßten Nummer der „Weit'
kunsi“ berichteten, sind im Londoner Dickens'
Museum eine Reihe wichtiger Manuskripte
stöhlen worden. Es ist der Londoner Polizel
sehr rasch gelungen, in Brighton den Dieb
dingfest zu machen. Und so dürfte man auch
seiner Beute alsbald habhaft werden-, — die
wertvollsten Stücke sind bereits bei einem
Londoner Haus festgestellt worden. D-

Preußische Staatskäufe auf der
Künstlerbund-Ausstellung
In den leßten Tagen haben im Auftrage
des Preußischen Staates Ministerialdirektor
Dr. Hübner und Geheimrat J u s f i, der D>'
rektor der National-Galerie und des Krön'"
prin-zen-palais in Berlin, die Ausstellung de®
Deutschen Kün-sflerbundes in Essen besuch1
und gleichzeitig eine Liste der Werke aufge""
stellt, die für einen eventuellen Ankauf durch
den Preußischem Staat in Frage kommen-
Wenn- auch infolge der wirtschaftlichen Schwic'
rigk-eiten der zur Verfügung stehende Gesamt""
betrag sich in gewissen Grenzen, halten muß'
so wird doch voraussichtlich eine Reihe vo*1
Künstlern mit einem Ankauf bedacht werden-
Die -endgültige Auswahl wird in den nächsten
Tagen getroffen und die Listen- veröffentlich
werden.

25 000 M. für Münchener Künstle
hat der Münchener Verlag Knorr & HirÖ1
in vorbildlicher Weise dem Stadtrat Mün'
chen zur Verfügung gestellt. Und zW®
■ist diese Summe für den Ankauf vo*
Werken- derjenigen Künstler bestimmt,
denen Arbeiten bei dem Brande des Gia5
Palastes unversichert zugrunde gingen.

UNTER KOLLEGEN



— Ich möchte für einen Sechser gemisch
Bonbons. z
— Hier, Kleine, hast du deine zwei B01
bons, mischen kannst du sie dir selbst!

Antike Möbel vom 15. bis 18. Jahrhundert
Tapisserien, Plastik, Gemälde, Porzellane
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jeder Art

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Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Eckart von Sydow, Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fntz-Eduard Hartmann, Berlin-Frieden u.^j
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim V eltkunst-Verlag, inseratenta. r.
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen una jegiicne vei^
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. b. Hermann G. m. o. n., ueruu
 
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