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6. DEZEMBER 1931

V. JAHRGANG, Nr. 49

D I E


DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
Haag 145512; Paris 1187 32 ; Prag 592 83; Wien 114783; Zürich 8159
PARI SER BÜRO: 5, rue Cambon, Paris Ier, Telephone: Louvre 4444

Bisheriger Titel:



Redaktio n, Verlag und Leses aal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228

Herausgeber Dr. J. I. von Saxe

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mark 5,50; oder: Oesterreich ö. S. 9; Tschecho-
slowakei Kc 45; Frankreich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25: Eng-
land £ /5/6; Schweiz und die nicht angeführten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50

WERTHEIM:DAS


IBLOG RAPHI KON

Berlin w 9. Leipziger str. Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

Betrachtungen
zur Geschichte des
Autographensammelns
Von
Hellmut Meyer
Wie lange sammelt man Autographen?
Versteht man hierunter das Aufbewahren von
Dokumenten und Schriftstücken, die einem
wichtig sind, so geht es zurück bis ins
Altertum.
Bei den so stark historisch empfindenden
Römern gibt es im Hause bereits ein Zimmer,
in dem Dokumente aufbewahrt wurden, das
Tablinum.
Im frühen Mittelalter waren die Klöster
die Stätten, die den geistigen Besitz pflegten
und verwalteten, und wohl alles, was an Hand-
schriften erhalten ist, verdanken wir den
Klöstern, erst später traten die Archive der
freien Städte und Fürsten hinzu.
Aber all dies wird von modernen Auto-
graphensammlern wohl abgelehnt, als kein
eigentliches Sammeln von Autographen. Denn
heute versteht man hierunter eine Sammlung
von Briefen, die den Sammler durch ihren In-
halt, den Duktus der Handschrift usw. in eine
innere Beziehung setzt zu den Menschen,
Von denen wir Gedichte, Musik oder Taten
kennen.
Ein derartiges Autographensammeln ist
relativ neu. Wie so vieles aus der heutigen
Zeit geht es auf Goethe zurück. Zwar haben
auch schon vorher Menschen ihnen werte
Briefe aufbewahrt, aber die erste planvoll an-
gelegte Sammlung dürfte die Goethes sein.
Interessant ist es nun, wie Goethe sammelte.
Er hob von Schiller einen Briefumschlag auf,
da Schiller selten so typisch geschrieben
habe. Wir wären versucht, zu glauben, daß
Goethe somit rein vom graphologischen
Standpunkt aus sammelte. Ich glaube dies
nicht, meine vielmehr, daß Goethe durch den
Anblick dieser typischen Handschrift zur
intuitiven Schau des Menschen Schiller
gelangte und darum die Adresse aufhob.
Bei anderen als Goethe wurde ein der-
artiges Sammeln, das nur Schriftproben auf-
hob, im besten Falle zu einer graphologischen
Sammlung, meist sank es aber auf das Niveau
Siner Sammlung von Wappenbildern herab.
Hauptsache: man war komplett. Die traurigen
folgen derartigen Sammelns treffen wir heute
auf Schritt und Tritt. Ich erinnere nur daran,
daß Charlotte Schiller das Manuskript des
Teil zeilenweise auseinanderschnitt, um jedem
6twas zu geben. Die Unzahl von Briefen mit


Miniatui- aus der „Königsbibel“, England, 12. Jahrhundert
One of the superb illuminations in the I2th Century „Royal bible“, written in England
Collection Marquess of Lothian
Versteigerung — Vente — Sale: American Art Association Anderson Galleries
New York, Januar 1932

fehlender Unterschrift, die für Sammler ab-
geschnitten wurden, denn die Unterschrift ge-
nügte, sind dem Händler eine Quelle steten
Ärgers. Bald brach sich aber die Erkenntnis
Bahn, daß es doch etwas anderes ist, ob man
z. B. das Manuskript des „Guten Kame-
raden“ oder eine abgeschnittene Unterschrift
von Uhland besitzt. Man begann inhaltlich
interessante Briefe zu sammeln. Mit Aus-
nahme von Spezialsammlern sammelten aber
die meisten noch nach dem alten Gesichts-
punkt: komplett zu sein, das heißt alle be-
rühmten Namen zu besitzen. Es entstanden
erstaunliche Sammlungen, ich denke nur an
die durch ihre Kataloge bekannten von Bovet
und Fillon oder die neueren von Geibel, Meyer
Cohn, Ulex und Toebe.
Um die Jahrhundertwende setzen sich die
Spezialsammlungen immer mehr durch. So
sammelte der Konsul Planer alles auf den
30 jährigen Krieg und Lützen bezügliche,
Cornelius Meyer die Geschichte Preußen-
Deutschlands von der Krönung an bis heute,
allerdings im weitesten Sinne. — Professor
Houben baute seine Sammlung auf, die plan-
voll den Kreis des jungen Deutschland um
Holtei und Gutzkow umfaßt, Professor Kippen-
berg seine Goethesammlung. •— Gewaltige
äußere Ereignisse sind über uns hingegangen.
Der Weltkrieg, die Revolution, der Sturz der
Monarchien, Inflation mit der Umschichtung
der Gesellschaft. Alle diese Ereignisse sind
die Folge oder haben zur Folge eine Um-
schichtung der Geistesströmungen. Trotz der
wirtschaftlichen Nöte können wir dankbar sein,
daß wir in dieser interessantesten geistigen
Epoche leben dürfen. — Diese Umschichtung
zeigt sich auch in der Einstellung der Auto-
graphensammler.
Groß war früher die Zahl der Sammlungen,
die vaterländisch monarchistische Autographen
enthielten. Heute sind Briefe von nachgebore-
nen Prinzen, der Sekundogenitur, fast unver-
käuflich.
Von den Königen werden nur noch die
prominenten gekauft, Friedrich der Große,
Napoleon, Karl V., dagegen Friedrich Wil-
helm III. will keiner haben.
Von den Staatsleuten nur die, die zeit-
geschichtlich bedeutend waren, und auch die
am liebsten nur in bedeutenden Stücken. Von
der Tann, Wedel, Blumenthal sind heute unver-
käuflich, Bismarck behält natürlich seinen
Wert.
Musik und Dichtkunst sind von dieser
sozialen Umschichtung nicht betroffen, hier
sondert sich nur im Laufe der Zeit die Spreu
von dem Weizen, wobei natürlich das Urteil
darüber, was man Weizen nennt, zeitlich —
relativ ist. Einzelne Dichter, die mehr als
Politiker, Sozialisten gewertet werden, fallen
in die dritte Abteilung.

AUSSTELLUNG:

M.&R. STORA

ANTIKES KUNSTGEWERBE

IM GEBRAUCH VON HEUTE

BRUNNER

YORK

NEW-

BERLIN W 9, BELLEVUESTR. 16
(HOTEL ESPLANADE) FERNSPRECHER: LÜTZOW4667

32 BIS BOULEVARD HAUSSMANN
PARIS

LE GOUPY
.SELTENE GRAPHIK
ZEICHNUNGEN * GEMÄLDE
KUNSTWERKE

PAUL GLASER
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PARIS
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6, Boulevart de la Madeleine

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