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DIE WELTKUNST

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Jalirg^ X, JNr. 1 vom 5. Januar 1936



Für rund 30 OOO Mark Antiquitäten gestohlen

ein
und
ein Dorf von
„Eisve rgn iigen

Seit einem halben Jahr wurden vorpom-
mersche Schlösser und Herrensitze von
Dieben heimgesucht, die es nur auf wert-
volle Einrichtungsgegenstände, insbesondere
Antiquitäten abgesehen hatten. Immer war
es den Tätern gelungen, mit ihrer wertvollen
Beute unerkannt zu entkommen, da man gar
keinen Anhaltspunkt hatte, ihnen auf die
Spur zu kommen. Nun wurde vor einigen
Tagen wiederum ein Diebstahl auf Schloß
Pansevitz auf Rügen bei dem Grafen zu Inn¬

in Rotterdam:
Unter den Veranstaltungen des Spätjahres
nahm die Schau holländischer Meister des
17. Jahrhunderts einen besonderen Rang ein,
die D. Katz in Dieren in den Räumen des
„Rotterdamsche Kunstkring“ bot. Fast alle
bekannteren Meister waren mit charakte-
ristischen und teilweise bedeutenden Werken
vertreten. Außer einem Selbstbildnis Rem-
brandts von 1630 wurde ein sehr flott ge-
malter „lachender Mann mit Bierkanne“ von
Frans Hals gezeigt. Von Pieter de Hooch
war der durch die Vermeerausistellung schön
bekannte „Garten in Delft“ ausgestellt. Ein
frisch empfundenes Bild des Jan Steen, in
dem dieser sein Bildnis und das seiner Frau
zu einer Kuppelszene verarbeitet hat. zeigt
ihn auf der Höhe seiner Meisterschaft. Unter
den Landschaften haben den Vorrang
großartiges Gemälde mit Wassermühle
[Durchblick auf Felder und
Hobibema (s. Abb. S. 2). Ein

und Knyphausen ausgeführt, bei dem ö wert-
volle orientalische Teppiche und 6 wertvolle
Oelgemälde erbeutet wurden. Durch diese
Angelegenheit wurde endlich eine ganze
Reihe von Diebstählen gleicher Art aufge-
klärt. Der Dieb konnte durch eine
genaue Beschreibung der Angestellten des
Schlosses, die ihn bemerkt hatten, sowie
durch engste Zusammenarbeit der Gendar-
merie in Gingst und Bergen a. Rg. und der
(Fortsetzung Seite 4)

J ° c u e s Co I lot. Radierung 25. August 1629. Ausstellung: Nationalbibliothek, Paris
(Photo: Bulloz)

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Ascona Schweiz
Das Hotel der Kunstfreunde
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mit einer reichhaltigen Auswahl aus eigenen
Beständen ein. Recht eindrucksvoll sind vor
allem ein gezeichnetes Selbstbildnis Lovis
Corinths (Dez. 1924), Paula Modersohn-
Beckers farblich ansprechendes Bildnis Frau
Vogeler, zwei Aquarelle von Rohlfs und eine
Reihe von Bronzen Albikers, Barlachs, Kol-
bes und Lehmbrucks. Schließlich mögen
noch ein zart getöntes Stilleben James En-
sors und Werke von Derain und Vlamink,
Heckel, Hofer und Macke erwähnt sein.
Die Galerie B am mann, die sich seit
jeher der älteren Malerei, vor allem hollän-
dischen und flämischen Meistern widmete,
zeigt augenblicklich einige reizvolle, in ihrem
Stilgepräge zwar nicht gerade ungewöhnliche
Landschaften von Joos de Momper, Sebastian

vRl.
fiihlk’1 lll'es Bili!. das immerhin eine bisher
''if'lt d'1 'dicke ausfüllt. Als Geschenk er-
liiej. / as Museum von derselben Galerie das
l'aff...' , annte lebensfrische Bildnis Job. Chr.
Her 1 v°n Bokelmann (1878) (s. Abb.), fer-
^'•hi/p 'orläufige Leihgabe aus dem Besitze
tiin». 'pthel die in ihrer einzigartigen Bedeu-
skjZz 11 llentbeh rlichen fünf Kompositions-
I'resk11 Alfred Rethels für seine Aachener
hoc.i, ’ u' Ger Weggang des im Preis sehr
das ""gestezten Bildes von Rethels Mutter,
fii,. ,'.le Nationalgalerie ankaufte, bedeutet
y "sseldorf einen schmerzlichen Verlust,
v (, .Weihnachten brachten der Kunst-
W e 1 ’ n für die Rhein lände u n d
s,falen und die städtische
g'11,1,'.1 s 1a 1 1 e für tlie allgemeinere Beteili-
D(iSg "'"gerichteten Verkaufsausstellungen
1 lorfer Künstler, die wiederum als kenn-

' bitten, die Abonnementsgebühr für
f- Quartal 1936, sofern noch nicht be-
I U Betrage von RM 4.50 (für Deutsch-
an(l) oder RM 4.40 (für das Ausland) bis
fU|L 15" Januar 1936 einzusenden. Anderen-
s werden wir uns erlauben, den Quartals-
raR durch die Post nachnehmen zu lassen.
UM ''a'lresf>e‘frag für Deutschland beträgt
18, , fjjr (|ag Ausland RM 17 60.
F"lp Zahlkarte liegt dieser Nummer bei.
^WELTKUNST- VERLAG G. m. b. H.

zeichnend für das westdeutsche Kunst-
schaffen die besondere Neigung zum Land-
schaftsbild und ausgeprägte Begabung für
malerische Wirkungen und bildmäßige Aus-
geglichenheit verraten. Namentlich der

Franck, Averkamp, eine Stubenszene von
Teniers, dazu allerlei hübsche und intime
Bilder und Zeichnungen des ausgehenden 18.
und des 19. Jahrhunderts. Auch die Gale-
rie Paffrath besitzt ältere Werke, unter

biefl >?amentlich der Sammlungen Riese-
kir J^Mdenburg und Seiler-Köln-Roden-
üi«'.ll n es> Zuhilfenahme des
lieh11,611 Museumsbesitzes, eine verschiedent-
s 8 ute Erzeugnisse auf weisende Schau zu-
fend"' "zllbr'nSPn> die jedoch nicht erschöp-
dip Sr?n kann und will.. Am stärksten tritt
lah»üCa°n seb: der zweiten Hälfte des 17.
tis h Un<^er^S aus holländischen und ostasia-
s.rC Anregungen zu verhältnismäßig selb-
fakt '^en Leistungen heranreifende Manu-
I, l?r„ Frankfurt in Erscheinung, mit Eng-
i a skrügen und vor allem einer Reihe von
s®Präsentativen, zum Teil gebuckelten Schüs-
e n mit blauem Chinadekor, wie man sie
»Ofade in Westdeutschland häufig findet. In
^'"'gen figürlichen Darstellungen kommt in-
g ssen die Abhängigkeit von Holland so zum
,fl'vußtsein, daß man fast an der Frankfurter
Jheberschaft zweifeln möchte. Von bedeu-
,p"deren Werkstätten ließen sich dann, in
,.ler Eigenart nennenswert ersichtlich, noch
dp6 Manufakturen Nürnberg, mit weitgehen-
inr ®erücksichtigung der Hausmalerei, das
^seinem Dekorationsstil hier und da von
Unin°erg Hioht weit abweichende Bayreuth
<-■ .. Ansbach mit schönen Stücken der
beit'"''0" Familie“, ferner Fulda mit den Ar-
SPULS- y Löwenfincks herausstellen.
Pots] f^en Fayencezentren, selbst Berlin-
schp" 'V?1' Straßburg mit seiner charakteristi-
>ior<n '°uen-Manier und dann die mittel- und
zWar ' 'UJscbpn Manufakturen ließen sich
intereJ"1^ vereinzelten, zum Teil nicht un-
a|s ,*sanlen Stücken belegen, kommen aber
"beraR 1 .os®ene u"d greifbare Gruppen nicht
'hend VpHig ihrem Wirkungskreis entspre-
Zllr Geltung.
. e s t ä /?e&er Sonderveranstaltung zeigen
' m Rahme 1 ? c 1' e n Kunstsammlungen
des Ktipf,., ,. Pr wechselnden Ausstellungen
von HandZe’IC?'’ia’”nctfs e'ne kleine Auswahl
vorwiegend 'C r UnSen der Goethe-Zeit, eine
auf Eiiiiu- a'j Landschaftsblätter, dazu auch
hing der ^,ls'udien sich stützende Darstel-
b's zur R_nstentwicklung vom Spätrokoko
Graff | omantik, etwa von Chodowiecki.
' ried;". H’ Ti^hbein d. J. bis zu C. D.
miilri C ?’ . arus un'd Blechen. Für die Ge-
übt. eJa^e?le des 19. Jahrhunderts wurde so-
( n di'rch Vermittlung der Galerie Paffrath
" Menze(erworben, „Straße in Paris“ von
z «y (s. Abb.), ein trotz feiner Töne schon die
•'"nehmende Neigung zur Detailschilderung

Statue eines Lohan. Tang-Dynastie. Glasur, Emaille in verschiedenen Tönen. Internationale China-Ausstellung,
London (Photo: Weltkunst-Archiv)

Kunstverein pflegt die Wertschätzung einiger
der älteren impressionistischen Landschafter
sowie der Maler jüngerer Entwicklung. Daß
überdies in Düsseldorf auch das Porträt nicht
vernachlässigt wird, bewies die vom Kunst-
verein veranstaltete Ausstellung von Selbst-
bildnissen, die sich sow ohl seitens der Künst-
lerschaft als auch des Publikums lebhaften
Anteils erfreute. Für deutsche Malerei und
Plastik, Graphik und Zeichenkunst der
Gegenwart und jüngsten Vergangenheit,
einschließlich der bisherigen Beziehungen
zum Westen, setzt sich die Galerie Vömel

anderen verschiedene recht schöne hollän-
dische Stilleben. Ihr Hauptinteresse gilt aber
der ausgedehnten Zusammenstellung der
Düsseldorfer und Münchener Meister des
19. Jahrhunderts. Vor allem die Düsseldorfer
bilden eine gut besetzte Reihe, etwa von den
repräsentativen Werken der beiden Achen-
bachs bis zu Oeder, Munthe, Munkaosy.
Irmer, Burnier, dem Künstlerkreise von
1870. Dr. Lasch.
in .Amsterdam:
Im Museum Fodor werden die Haupt-
stücke der bisher nur einem engen Kreise
bekannten Handzeichnuugssammlung C. P.
van Eeghen ausgestellt. Von Rembrandts
Hand stammen zwei Studien in Kreide und
Rötel, ein Greisenkopf und das bisher nicht
bekannte Brustbild eines Mohren mit Turban.
Von Rubens ist eine Figurenstudie zur Ant-
werpener Kreuzaufrichtung, vormals in der
Sammlung des Malers Jacob de Wit, der die
Schattenpartien überarbeitet hat. Bedeutsam
ist die Reihe der Arbeiten Lambert Doomers,
worunter die zwei Blatt der Ansicht von
Amsterdam, die sich hier nach hundert Jah-
ren wieder vereinigt haben. Die holländische
Kunst wild vielseitig bis ins frühe 19. Jahr-
hundert hinein veranschaulicht. Einige gute
französische und italienische Blätter und
zwei Studien von Ridinger schließen sich
an.

bei Dordrecht“ von Salomon Ruysdael über-
raschte durch die reiche und vielfältige Staf-
fage. Die Flachlandschaft mit Blick auf
Haarlem, die das Monogramm des Claes Hals
trägt, hat Martin kürzlich in dem Werke
„Frans Hals und seine Zeit“ veröffentlicht.
Unter dem Uebrigen mag hervorgehoben
werden: eine durch ihr Großformat unge-
wöhnliche Darstellung des blinden Tobias
von Gerhard Dou, ein Hofstillebeii von
Adrian van Ostade, der Eislauf bei Kempen
von Hendrik Avercamp und ein zarter
Kirchenraum von Pieter Saenredam. Die
wenigen primitiven und vlämischen Bilder
standen vereinzelt: eine aus Schottland stam-
mende Fassung von Cranachs Parisurteil.
Werke von Albert Bouts, van Orley, Jan
Brueghel, Brouwer und Teniers.
in iJ’aris:
Jacques Callot
in der Pariser Nationalbibliothek
Anläßlich des 300. Todestages von Jacques
Callot hat die Pariser Nationalbibliothek eine
große Ausstellung seiner Werke veranstaltet,
die uns einen vortrefflichen Einblick in das
Wesen und die Entwicklung des Künstlers
gestattet. Neben seinem umfangreichen
graphischen Oeuvre sieht man nicht nur die
alten Originalkupferplatten, sondern auch
viele Skizzen und Rötelzeichnungen, die je-
weils die erste Idee seiner endgültigen
Kupferstiche festhalten.
Jacques Callot ist neben Claude Lorrain
der bedeutendste und eigenwilligste Künstler
zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Er ist in
Nancy, der Hauptstadt des Lothringischen
Reiches geboren und erhielt dort eine Er-
ziehung, in der sich westliche und östliche,
romanische und germanische Kulturelemente
vermischten. Diese Kreuzung hat eine hoch-
entwickelte Kunst bedingt, die nicht ohne
Einfluß auf die Vormachtstellung der franzö-
sischen ( ivilisation des „Grand Siede“
bleiben sollte.
Der junge Jacques C allot zog nach Rom
und später nach Florenz, um sich ganz den
graphischen Künsten zu widmen. Der junge
Herzog Cosimo II. von Medici nahm ihn in
seine Dienste, um die Dekorationen und
Kostüme für die prächtigen Feste des Floren-
tiner Hofes zu entwerfen. Er ist der Schöpfer
der großen Kupferstiche, die zur Erinnerung
an die Feste und Triumphzüge gestochen
wurden. Doch diese minutiöse Arbeit mit
dem Grabstichen entspricht nicht seinem leb-
haften Temperament und so versucht er sich
in der Radierung. Dabei erfand er eine neue
Methode, die durch einen härteren Aetzgrund
stärkere Wirkung erzielt. Dadurch wurde
Callot zum Wegbereiter der neuen Graphik,
wie sie später von Rembrandt, Seghers,
Ilogarth und Goya bis zu Rops, Kubin und
Ensor weiter entwickelt wurde.
Callöts Beschränkung auf die Graphik
bedeutet einen Bruch mit den künstlerischen
Ideen der Renaissance. Die Malerei nach
ihm hat oft seine Werke zum Vorbild ge-
nommen und selbst die Literatur wurde
durch ihn beeinflußt. Französische Dichter
berufen sich auf seine Schilderungen und
E. Th. A. Hoffmann schrieb sogar Erzählun-
gen unter dem Titel: „Stücke in Callots
Manier“. Dr. Fritz Neügass
Das Bildwerk des Monats

Vorarlberger Meister um 1500/1510: Johannes
von einer Kreuzigung. Deutsches Museum, Berlin
 
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