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DIE WELTKUNST

Jahrg. X, Nr. 8 vom 25. Februar 1936

Nachrichten von Überall

Englische Kunst-Propaganda
Die britische Regierung hat seit einiger
Zeit begonnen, ihre diplomatischen Vertre-
tungen. im Auslande mit erstklassigen Wer-
ken englischer Kunst zu versorgen, um die
Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate
entsprechend ausschmücken zu können und
damit der Kenntnis und Verbreitung engli-
scher Kunst im Auslande die Wege zu ebnen.
Neuerdings hat die britische Botschaft in
Paris als Leihgabe mehr als zwanzig Gemälde
erhalten, und für die Eröffnung der National-
galerie in Wellington, der Hauptstadt Neu-
seelands, sind bereits sechzig Gemälde zu
„diplomatischer Sondermission“ bereitgestellt.
„Geschichte der Lotterien“
in der bildenden Kunst
Im Museum Carnavalet in Paris
ist für den Monat März eine originelle Aus-
stellung geplant; man will die Geschichte
der Lotterien in Bildern und Dokumenten
zeigen. Die Ausstellung soll zeitlich von der
Epoche Franz I. bis zum 19. Jahrhundert rei-
chen. Bekanntlich spielten die Lotterien in
Frankreich eine sehr große Rolle, sie dienten
zur Finanzierung staatlicher und kirchlicher
Bauten. So wurden von Lotterie-Einnahmen
die Militärschule in Paris und die Kirche
Saint-Sulpice erbaut.
Eine Syrlin-Madonna
im Museum zu Detroit
Von den amerikanischen Museen besitzt
das Institute of Arts in Detroit wohl die ge-
wählteste kleine Sammlung deutscher Plastik
des Mittelalters. Besonders die spätgotische
Epoche ist mit einigen ausgezeichneten Bei-
spielen der Holzskulptur belegt, wie der
Muttergottes von Gregor Erhärt und dem Jo-
hannes von Hans Leinberger. Nun konnte
E. P. Richardson mit überzeugenden
Gründen ein weiteres Stück mit dem Namen
eines Hauptmeisters in Verbindung bringen:
die bisher Daniel Mauch genannte Mutter-


Jörg Syrlin der Jüngere, Muttergottes
Detroit, Institute of Arts (Photo Inst, of Arts)
gottes (s. Abb.), wunderbar erhalten mit
großen Teilen der alten Fassung, wird als
Werk Jörg Syrlins des Jüngeren identifiziert.
Richardson rückt diese Arbeit in die Nähe
der Madonnen der Taubstummen-Kapelle in
Dillingen und der Sammlung Schwarz-Berlin
und datiert sie in das zweite Jahrzehnt des
16. Jahrhunderts.
Bibliophilentagung
Die Gesellschaft der Bibliophi-
len in Weimar, der Fachverband der
bibliophilen Vereine Deutschlands, hält ihre
diesjährige Hauptversammlung vom 9. bis
11. Mai in Chemnitz ab, dem Sitz eines der
rührigsten unter den ihr angeschlossenen
Vereinen. Die Tagung wird sich durch be-
sonders bemerkenswerte Veranstaltungen
auszeichnen: ein Dichtertreffen, zu dem

außer dem Präsidenten der Gesellschaft, Bor-
ries von Münchhausen, Hans Friedrich
Blunck, Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer und
Albrecht Schaeffer erwartet werden, und die
Uraufführung eines Bühnenwerks von Paul
Ernst. Im Mittelpunkt des Festakts wird das
Gedächtnis des aus Chemnitz stammenden
Vorkämpfers der neueren Altertumswissen-
schaft, des großen Philologen Christian Gott-
lob Heyne, stehen; als Festgabe für die Mit-
glieder wird ein Werk über den Chemnitzer
Meister „H. W.“ vorbereitet, das auch in den
Buchhandel gegeben werden soll.
Die Preise San Remo
Die Stadt San Remo, immer nach einer
künstlerischen Aktivität bestrebt, hat zwei
hochdotierte Preise (Je 50 000 Lire) ausge-
schrieben, und zwar wurde ein Freskenent-
wurf mit dem Thema „Mutterschaft“ und eine
Statue der Königin Margherita von Savoyen
verlangt. Beachtenswerterweise hat auch der
sehr hohe Preis nur eine sehr beschränkte
Beteiligung hervorgerufen. Die großen Na-
men des Jungen schöpferischen Italiens feh-
len. Immerhin sind noch Je rund dreißig
Entwürfe eingereicht worden, mit denen
durch den Unterstaatssekretär Dino Alfieri
eine Ausstellung eröffnet worden ist. Es wird
der Jury jedoch zum mindesten für die Sta-
tue der Königin Margherita, einer noch immer
in Italien glühend verehrten Persönlichkeit,
empfohlen, zwischen ausgewählten Bild-
hauern den Wettbewerb noch einmal wieder-
holen zu lassen oder aber, wenn man schon
jetzt den Preis jemandem zuspreche, zum
mindesten Veränderungen und nochmalige
Ueberarbeitungen zu verlangen.
Steigender Museumsbesuch
Aus fast allen Berichten und Mitteilungen
der deutschen Museen geht die Tatsache her-
vor, daß der Museumsbesuch im Laufe des
letzten Jahres in fortgesetztem Ansteigen be-
griffen ist. So gibt z. B. jetzt das Museum
für Hamburgische Geschichte be-
kannt, daß die Zahl der Besucher von 1933
auf 1934 um etwa 25 %, von 1934 auf 1935 um
weitere 10 % auf über 66 000 Personen an-
gestiegen ist. Das Museum für Deut-
sche Volkskunde in Berlin konnte
in den ersten zwei Monaten seines Bestehens
22 000 Besucher, bis zu 1200 täglich, zählen.
Die neu angewandten Werbemethoden haben
hier also ihre Berechtigung erwiesen.
Fresken-Funde
Bei der Renovierung des 1330 erbauten
Rathauses in G e 1 n h a u s e n stieß man unter
dem Wandverputz auf ein noch gut erhalte-
nes Fresko, das einen Regenten darstellt und
wohl noch dem 14. Jahrhundert zuzurechnen
ist.
Im Kloster San Francesco zu Bologna
wurden bei Erneuerungsarbeiten Wandmale-
reien zutage gefördert, die mit großer Sicher-
heit als Werke des Vitale da Bologna, eines
Hauptmeisters des bolognesischen Trecento,
festgestellt werden konnten.
Erste amerikanische
Rubens-Ausstellung
Nach den großartigen Uebersichten über
das Schaffen van Dycks, Rembrandts und
Frans Hals’ eröffnete der tatkräftige Direk-
tor des Institute of Arts in Detroit soeben
eine Ausstellung von Werken des Peter Paul
Rubens, die erste dieser Art, die in Amerika
stattfindet. Trotzdem das Verhältnis des
Amerikaners zu Rubens ein anderes, fremde-
res und zurückhaltenderes ist als zu den an-
deren obengenannten Niederländern, ist es
erstaunlich, zu sehen, wie reich auch auf
diesem Gebiete der Museums- und Privat-
besitz der Vereinigten Staaten ist. Außer
den Meisterwerken der großen Museen haben
folgende Sammler mit Leihgaben zu dem Ge-
lingen der Ausstellung beigetragen: Widener

(Philadelphia), O. B. Cintas, A. de Coppet,
Chester Dale, A. Keller, J. W. Simpson (New
York), M. Epstein, Ch. Worcester (Chicago),
J. Spaulding (Boston), E. A. Faust (St.Louis),
G. H. A. Cloves (Indianopolis), H. Blank
(Newark), S. Thayer (Worcester), G. Ober-
laender (Reading), L. H. Haass, H. N. Torrey
und E. B. Whitcomb (Detroit).
Wir werden auf dieses wichtige Kunst-
ereignis noch zu sprechen kommen.


Moenade. Römische Wiederholung eines griechischen
Originals des 5. Jahrhunderts v. Chr. Neuerwer-
bung des Metropolitan Museum, New
York (Photo Metr. Mus.)
Amerikanische Kunstchronik
New-York. Unter den Neuerwerbungen,
die das Metropolitan Museum soeben
ausstellt, fällt als Hauptstück das ungewöhn-
lich reizvolle Marmorrelief einer „Maenade
während der Tanzpause“ auf (s. Abb.).
Es handelt sich um eine technisch und sti-
listisch besonders hervorstechende römische
Kopie nach einem unbekannten griechi-
schen Original des 5. Jahrhunderts, viel-
leicht aus dem Umkreis des Kallimachos.
New York. Durch Messrs. Durand-Ruel
wurden soeben an einen „Künstler und
Sammler“ zwei interessante Werke verkauft:
Toulouse-Lautrecs bekanntes Pastell „L’An-
glais au Moulin Rouge“ und ein Stilleben
Gauguins aus dem Jahre 1891.
Toledo. Aus dem Besitz von R. Langton
Douglas erwarb das Museum in Toledo eine
Landschaft mit dem Urteil des Paris von
Joachim Patinir.
Köln erwirbt die
Carstanjen-Sammlung
Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln
konnte soeben die bekannte Carstanjen-
Sammlung nach langen Verhandlungen und
im Wettbewerb gegen eine andere west-
deutsche Stadt für einen günstigen Preis er-
werben. Die Sammlung, die im Jahre 1928
als Leihgabe nach Köln kam, umfaßt 49 Ge-
mälde holländischer und flämischer Meister,
darunter drei Bilder von Rembrandt, drei
Gemälde von Frans Hals, einen van
Dyck u. a.

Ein Gemälde
Martin Schaffners entdeckt
In der städtischen Galerie zu Augsburg
befindet sich als Vermächtnis einer Pfründ-
nerin ein Schweißtuchbild, das entfernt an
den Christuskopf Albrecht Dürers erinnert
und diesem auch bzw. einem Schüler zuge-
wiesen war. Nunmehr haben Generaldirek-
tor Dr. Buchner und Hauptkonservator
Dr. Feuchtmayr von den staatlichen Ge-
mäldesammlungen einwandfrei nachgewiesen,
daß es sich um das Mittelstück eines Staffel-
bildes von Martin Schaffner (geb. um 1480
in Ulm, gest. um 1540) handelt, dessen Seiten-
stücke mit den Aposteln Paulus und Petrus
sich in der Badischen Kunsthalle in Karls-
ruhe — dort längst als Schaffner anerkannt
— befinden und an deren inneren Seiten noch
'Peile des Schweißtuches zu sehen sind. F.
Personalien
Carl Friedrich Koch, der bekannte Berliner Maler,
Schüler von Karl Gussow, beging am 19. Februar seinen
80. Geburtstag.
Hans Hartig, von dem zuletzt noch in der Aus-
stellung der NS-Kulturgemeinde „Seefahrt und Kunst"
eine größere Kollektion von Oelbildern zu sehen war,
ist am 14. Februar im 63. Lebensjahr in Berlin gestorben.
Er war gebürtiger Pommer und hat die sturmbewegte
Landschaft an der Ostsee und die verwitterte Archi-
tektur ihrer kleinen Städte in vielbeachteten, auch far-
big höchst einprägsamen Gemälden wiedergegeben. Z.
Wilhelm Hansen, einer der bekanntesten dänischen
Sammler, ist kürzlich in Kopenhagen gestorben. Er be-
sitzt die wohl größte nordische Sammlung französischer
Malerei des 19. Jahrhunderts, die in einem eigenen;
Galeriebau in Charlottenlund untergebracht war.
Kurz-Nachrichten
Berlin. Im Berliner Hause der Kunst findet
unter Leitung von Hans Schweitzer Anfang April
eine große Ausstellung moderner deutscher Bildniskunst
statt.
— Mit der Schließung der Ausstellung „Das Stil'j
leben" im Prinzessinnenpalais tritt in der Ausstellungs-
folge „Deutsche Kunst seit Dürer" eine Pause ein, die
zur Vorbereitung der großen Olympia-Ausstellung von
Bildnissen berühmter Deutscher benutzt wird.
— Wegen dringender Erneuerungsarbeiten in der
National-Galerie, Bodestraße 1—3, werden die Schau--
räume vom *21. Februar bis Mitte März d. Js. für die
Besucher nicht zugänglich sein.
Paris. In den „Ateliers d’Art moderne Dan Karner
werden z. Zt. neue Arbeiten des deutschen MalerSi
Robert Schuppner gezeigt. Es ist dies inner-]
halb kurzer Zeit die dritte Ausstellung, die der erfolg'
reiche Künstler in Paris zeigt.
Belgrad. Das „Museum des Prinzen Paul", in de:
Hauptsache das persönliche Werk des heutigen jugo'
slawischen Regenten, ist im Palais des Königs Alexander
der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Es ver-
einigt unter Leitung von Direktor Kachanine da5
ehemalige National-Museum und das Museum zeitgenöS'
sischer Kunst, welch letzteres außer den Künstlern de5
Landes auch die modernen Strömungen im Auslande in-
gewählten Beispielen aufweist.
Caen. Roger van der Weydens berühmte Madonnc
des Museums in Caen ist soeben zum Zwecke eine’
gründlichen Wiederherstellung nach Paris gebracht woi"
den, wo sie nach der Restaurierung einige Zeit ij
Louvre ausgestellt werden soll.
Die graphischen Künste in „Neuer Folge".
Die vor zwei Jahren, kurz vor der Auflösung d^
„Gesellschaft für vervielfältigende Kunst", eingestellt
Zeitschrift „Graphische Künste" erhält jetzt, im Verleg
Rudolf M. Rohrer (Baden bei Wien) unter de1
Redaktion von Arpad Weixlgärtner und August
C a I a b i erscheinend, eine in einfach-vornehme''
Gewände erscheinende Nachfolge (Jahrgang M 12.-^]
Das vorliegende erste Heft enthält Beiträge von BenesC*
(Meister I. A. von Zwolle, Meisterzeichnungen aus de^
oberitalienischen Kunstkreis), Wilde (Michelangelo^
O. Kurz (Brueghel), Calabi (Gioseppe Diamantino) ufl
A. Lotz (A. Bretschneider). Guter Druck, schöne lll^
strierung.
Vorträge
Im Parnassos in Athen hielt der bekannte -j
München ansässige griechische Maler Georg S t r &
t i g o s einen Vortrag über Gemälde-Restaurierung,
dem sich der Hofmarschall des Königs, Minister, Profö5
soren und die Künstlerschaft eingefunden hatten. Auc
die deutschen Archäologen waren anwesend. Die A^
führungen waren von Anschauungsmaterial und Lid1
bildern unterstützt. Ganz besonders wurde der ho*1.
Stand deutscher Forschung und Restaurierungskuf
unterstrichen. F.
Neue Lagerkataloge
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Ortsgeschichte, Genealogie, Heraldik (1626 Nr.).
Hanns Wolff, München: Liste 10: Neuerwerbungen, Dru^
des Inselverlags, moderne Bibliophilie (322 Nr.).
B. Lepine, Paris: Kat. Nr. 23: Ouvrages anciens et P1!
dernes ä prix tres reduits (479 Nr.).
J. Thornton & Son, Oxford: Catalogue of an importd
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