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DIE WELTKUNST
Jahrg. XII, Nr. 18/19 vom 8. Mai 1938
Plastik in Oesterreich
den Grundstein zu jeder
weiteren Forscliungstätig-
keit gelegt hat. Es ist da-
her besonders erfreulich,
daß Kieslinger sich kürz-
lich der verantwortungs-
vollen Aufgabe der Ka-
talogisierung einer der
bedeutendsten heute in
Privatbesitz befindlichen
Sammlungen vorwiegend
österreichischer Skulptu-
ren des Mittelalters ge-
widmet und uns die
Sammlung des Plastikers
Gustav Schütz in
Wien in einem gut illu-
strierten Bande wissen-
schaftlich erschlossen hat
(„Mittelalterliche Skulp-
turen einer Wiener Samm-
lung“. Bearbeitet von Dr.
Franz Kieslinger. 27 S.,
74 Abb. Verlag Gerlach
& Wiedling, Wien).
In dieser Sammlung
spiegelt sich die lei-
denschaftliche Liebe
eines Künstlers und
Sammlers, dem die Ret-
tung nationalen Kunst-
gutes vor Zerstreuung
und Verlust am Herzen
liegt. Ein Teil der wich-
tigsten Stücke dieses
reichen Besitzes sind
bereits in den Jahren
1928 und 1954 als Stiftun-
gen in den öffentlichen
Besitz
der
des
und
historiker, unter denen in erster Linie der
Name Dr. Franz Kieslinger zu nennen
ist, der 1925 mit seiner Geschichte der gotischen
Kreuzabnahme. Wien, um 1334.
Hochaltars der Wiener Stefanskirche. Schenkung aus
Schütz an das Diözesan-Museum, Wien
Obstholz, 85 : 46 cm. Teil des ehern,
der Sammlung Gustav
(Museums-Foto)
: der Akademie
bildenden Künste
Diözesan - Museums
des Kunsthisto-
rischen Museums übergegangen. Es kann an
dieser Stelle, die nur an Hand einiger Abbil-
dungen einen Hinweis auf diese hervorragende
Edouard Manet: Die Hinrichtung Kaiser Maximilians. Lithographie. Versteigerung bei Reinhold
Puppel, Berlin, am 19./20. Mai 1938 (Klischee Puppel)
Sammlung bringt, nicht die Aufgabe sein, eine
Aufzählung des Materials zu versuchen oder
kritisch die Zuschreibungen zu prüfen, die
den Meisters von Güstrow und die frühe Ma-
donna des Pierfrancesco Fiorentino erwecken,
von den späteren Bildern ein prachtvolles re-
Altarbehang, Franco-flämisch, um 1490. Erzielte auf der Versteigerung der Sammlung G. Durlacher
durch Christie’s, London, 6.—7. April 1938: £ 1995 (Foto Christie's)
Kieslinger aus reicher Erfahrung mit unbeirr-
barem Stilgefühl und sicherer Kennerschaft
getroffen hat. Zu den Hauptstücken der Samm-
lung zählen eine Muttergottes um 1L00 und
die thronende Madonna eines wohl oberitalie-
nischen Meisters um 1180 als Beispiele der
romanischen Kunst. Dem frühen 14. Jahr-
hundert gehört die liebenswürdige stehende
Maria, wohl niederösterreichisch um 1520; an.
die wir hier abbilden. Ein für die Geschichte
der deutschen Plastik allgemein bedeutsames
Werk ist die Kreuzabnahmegruppe (s. Abbil-
dung), die zu dem 1554 von Heinrich von Lu-
zern gestifteten, später zerstörten Hochaltar
der Wiener Stephaiiskirche gehörte, von dem
sich noch einige Stücke nachweisen lassen. Ein
Werk von monumentaler Größe und Erhaben-
heit ist der heilige Petrus (s. Abb. S. I), den
Kieslinger überzeugend als Hauptwerk des
Meisters Jakob Kaschauer, verwandt den Figu-
ren des Freisinger Altars von 1445, aufführt.
Als eines der wenigen Werke nichtösterreichi-
scher Herkunft sei hier noch auf die edle
Madonnenstatue aus dem unmittelbaren Um-
kreis des Tilman Riemenschneider hingewiesen.
Einige wenige Stücke greifen über das eigent-
liche Spezialgebiet des Mittelalters zeitlich hin-
aus und schaffen so der über 80 Werke umfas-
senden Sammlung einen organischen Abschluß
D.
Jluktions Vor berichte
Berlin, 51. Mai
Am 51. Mai findet bei R u <1. Lepke eine
interessante Versteigerung statt. Es handelt
sich um den Nachlaß des Herrn Dr. J. von
Bleichröder und einige Einzelbeiträge. Die
Räume in dem Hause in der Stiilerstraße gaben
den Rahmen für diese mit großem Geschmack
gesammelten Einrichtungsgegenstände, die
überwiegend dem 18. Jahrhundert angehören:
französische Intarsien-Schränke, darunter ein
ganz seltenes prachtvolles Exemplar von
Boulle (s. Abb. S. 5), Sitzmöbel mit Aubusson-
bezügen, wertvolles Alt-Meißener Porzellan,
darunter Augustus Rex-Vasen, Kang-Hsi-Vasen
in französischer Bronzemontierung belebten
die Kamine und Vitrinen. Durch Beiträge aus
anderem Besitz wird diese interessante Aus-
stellung ergänzt mit wertvollen Gobelins des
•17. und 18. Jahrhunderts aus den Manufak-
turen von Aubusson und Brüssel. Unter den
Gemälden heben wir eine figurenreiche Tafel
eines süddeutschen Meisters um 1510 hervor:
besonderes Interesse werden auch die feinen
Tafeln des dem Barend van Orley nahestehen-
präsentatives Damenbildnis des Lely und zwei
reizende Tänzerinnendarstellungen von Pesne.
Von den Gemälden des 19. Jahrhunderts er-
Mario mit Ki n d. Niederösterreich um 1320.
Obstholz, H. 62 cm. Wien, Sammlung Gustav
Schütz (Foto Besitzer)
Münchener Kunstausstellung 1938
MAXIMILIANEUM
MAI—OKTOBER
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i
DIE WELTKUNST
Jahrg. XII, Nr. 18/19 vom 8. Mai 1938
Plastik in Oesterreich
den Grundstein zu jeder
weiteren Forscliungstätig-
keit gelegt hat. Es ist da-
her besonders erfreulich,
daß Kieslinger sich kürz-
lich der verantwortungs-
vollen Aufgabe der Ka-
talogisierung einer der
bedeutendsten heute in
Privatbesitz befindlichen
Sammlungen vorwiegend
österreichischer Skulptu-
ren des Mittelalters ge-
widmet und uns die
Sammlung des Plastikers
Gustav Schütz in
Wien in einem gut illu-
strierten Bande wissen-
schaftlich erschlossen hat
(„Mittelalterliche Skulp-
turen einer Wiener Samm-
lung“. Bearbeitet von Dr.
Franz Kieslinger. 27 S.,
74 Abb. Verlag Gerlach
& Wiedling, Wien).
In dieser Sammlung
spiegelt sich die lei-
denschaftliche Liebe
eines Künstlers und
Sammlers, dem die Ret-
tung nationalen Kunst-
gutes vor Zerstreuung
und Verlust am Herzen
liegt. Ein Teil der wich-
tigsten Stücke dieses
reichen Besitzes sind
bereits in den Jahren
1928 und 1954 als Stiftun-
gen in den öffentlichen
Besitz
der
des
und
historiker, unter denen in erster Linie der
Name Dr. Franz Kieslinger zu nennen
ist, der 1925 mit seiner Geschichte der gotischen
Kreuzabnahme. Wien, um 1334.
Hochaltars der Wiener Stefanskirche. Schenkung aus
Schütz an das Diözesan-Museum, Wien
Obstholz, 85 : 46 cm. Teil des ehern,
der Sammlung Gustav
(Museums-Foto)
: der Akademie
bildenden Künste
Diözesan - Museums
des Kunsthisto-
rischen Museums übergegangen. Es kann an
dieser Stelle, die nur an Hand einiger Abbil-
dungen einen Hinweis auf diese hervorragende
Edouard Manet: Die Hinrichtung Kaiser Maximilians. Lithographie. Versteigerung bei Reinhold
Puppel, Berlin, am 19./20. Mai 1938 (Klischee Puppel)
Sammlung bringt, nicht die Aufgabe sein, eine
Aufzählung des Materials zu versuchen oder
kritisch die Zuschreibungen zu prüfen, die
den Meisters von Güstrow und die frühe Ma-
donna des Pierfrancesco Fiorentino erwecken,
von den späteren Bildern ein prachtvolles re-
Altarbehang, Franco-flämisch, um 1490. Erzielte auf der Versteigerung der Sammlung G. Durlacher
durch Christie’s, London, 6.—7. April 1938: £ 1995 (Foto Christie's)
Kieslinger aus reicher Erfahrung mit unbeirr-
barem Stilgefühl und sicherer Kennerschaft
getroffen hat. Zu den Hauptstücken der Samm-
lung zählen eine Muttergottes um 1L00 und
die thronende Madonna eines wohl oberitalie-
nischen Meisters um 1180 als Beispiele der
romanischen Kunst. Dem frühen 14. Jahr-
hundert gehört die liebenswürdige stehende
Maria, wohl niederösterreichisch um 1520; an.
die wir hier abbilden. Ein für die Geschichte
der deutschen Plastik allgemein bedeutsames
Werk ist die Kreuzabnahmegruppe (s. Abbil-
dung), die zu dem 1554 von Heinrich von Lu-
zern gestifteten, später zerstörten Hochaltar
der Wiener Stephaiiskirche gehörte, von dem
sich noch einige Stücke nachweisen lassen. Ein
Werk von monumentaler Größe und Erhaben-
heit ist der heilige Petrus (s. Abb. S. I), den
Kieslinger überzeugend als Hauptwerk des
Meisters Jakob Kaschauer, verwandt den Figu-
ren des Freisinger Altars von 1445, aufführt.
Als eines der wenigen Werke nichtösterreichi-
scher Herkunft sei hier noch auf die edle
Madonnenstatue aus dem unmittelbaren Um-
kreis des Tilman Riemenschneider hingewiesen.
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gesammelten Einrichtungsgegenstände, die
überwiegend dem 18. Jahrhundert angehören:
französische Intarsien-Schränke, darunter ein
ganz seltenes prachtvolles Exemplar von
Boulle (s. Abb. S. 5), Sitzmöbel mit Aubusson-
bezügen, wertvolles Alt-Meißener Porzellan,
darunter Augustus Rex-Vasen, Kang-Hsi-Vasen
in französischer Bronzemontierung belebten
die Kamine und Vitrinen. Durch Beiträge aus
anderem Besitz wird diese interessante Aus-
stellung ergänzt mit wertvollen Gobelins des
•17. und 18. Jahrhunderts aus den Manufak-
turen von Aubusson und Brüssel. Unter den
Gemälden heben wir eine figurenreiche Tafel
eines süddeutschen Meisters um 1510 hervor:
besonderes Interesse werden auch die feinen
Tafeln des dem Barend van Orley nahestehen-
präsentatives Damenbildnis des Lely und zwei
reizende Tänzerinnendarstellungen von Pesne.
Von den Gemälden des 19. Jahrhunderts er-
Mario mit Ki n d. Niederösterreich um 1320.
Obstholz, H. 62 cm. Wien, Sammlung Gustav
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