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120 TODESFALL UND TRAUERZEIT

sollte bei seinen verstorbenen Verwandten begraben sein. So entstand die bis heute be-
stehende Grabstätte der Urväter und Urmütter, die Me'arät-Ha'Machpelä in Hebron.

Die Bibel verbietet jedoch strengstens jede Form von Totenkult (z. B. Geisterbeschwö-
rung, Totenanbetung u.dgl.) sowie übertriebene Trauerkundgebung mit Selbstverstümme-
lung, wie es bei den umliegenden heidnischen Völkern Brauch war (Totenkult im anti-
ken Ägypten usw.).

Aus diesem Grund war den Kohanfm (Priestern) jeglicher Kontakt mit Toten streng-
stens untersagt (z. B. Totenwaschung, Aufenthalt mit einer Leiche, Beerdigung, Fried-
hofsbesuch etc.), um nicht in Verdacht zu geraten, mit der "Geisterwelt" des Toten-
kults verbunden zu sein. Hierbei gab es jedoch eine Ausnahme bei Todesfall eines sei-
ner Blutsverwandten, an deren Bestattung etc. er teilnehmen darf wie auch im Falle
der Auffindung einer unbekannten Leiche, wobei es sogar seine Pflicht ist, diese so
rasch wie möglich zu beerdigen (Met-Mitzwa). Auch heute befolgen traditionstreue Prie-
sterabkömmlinge, d. h. Kohanfm diese biblischen Gebote und halten sich von Toten und
von Friedhöfen fern, mit Ausnahme bei Todesfall eines ihrer nahen Verwandten.

Um für den Gottesdienst im Heiligen Tempel in Jerusalem wieder kultisch rein zu sein,

desgleichen für alle Juden, die zum Betreten des Tempels wieder kultisch rein sein woll-
ten, mußten alle, die mit Toten direkt oder indirekt in Körperberührung kamen, eine
"Reinigungszeremonie" durch Besprengung mit einem speziellen "Sühnewasser" durchma-
chen und auch ein Tauchbad in einer Mikwä nehmen. Diese besondere rituelle Reinigung
der durch Totenberührung "Verunreinigten" werden seit der Zerstörung des Tempels von
Jerusalem nicht mehr angewandt.

Nach der jüdischen Tradition gelten die Toten als kultisch unrein und Friedhöfe wurden
daher stets außerhalb des jüdischen Wohngebietes angelegt. Dies vermindert jedoch nicht
die Pflicht, den Toten würdig zu behandeln und zu bestatten. Einen unbekannten, auf dem
Weg aufgefundenen Toten zu bestatten gilt als die höchste Ehrenpflicht, die sogar eine»
Konen obliegt auszuführen !

DL ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN HEUTE

Es ist eine religiöse Pflicht, den Toten baldmöglichst zu beerdigen. Eine Aufbahrungs-
zeit gibt es im Judentum nicht (im Orient war dies wegen der Seuchengefahr unmög-
lich). Sofern jedoch das Staatsgesetz eine Wartefrist vorschreibt (in Deutschland 48
Stunden vom Tod bis zur Bestattung), muß man sich an das Gesetz halten. Zwecks Teil-
nahme am Begräbnis eines fern wohnenden Verwandten darf die Beerdigung bis zu sei-
ner Ankunft aufgeschoben werden.

Nach alter jüdischer Tradition wurde jeder Verstorbene binnen 24 Stunden nach seinem
Ableben begraben. Dies ist auch noch heute in streng orthodoxen Kreisen in Israel üb-
lich. Nach traditioneller Vorschrift genügt auch heute noch das Aufhören von Herz- und
Lungentätigkeit als Eintritt des Todes und bedarf keiner weiteren klinischen Bestätigung
hierüber.

Fällt der Todesfall auf einen Freitag oder Schabbat, wird die Beerdigung auf den näch-
sten Wochentag verschoben. Bei einem Todesfall am ersten Tag eines Feiertages kann
die Bestattung am 2. Tag des Feiertages (in der Diaspora) stattfinden und es dürfen
auch alle Arbeiten für das Begräbnis verrichtet werden !
 
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