BESPRECHUNGEN. 295
oinne geschaffen zu haben, hat auch noch nach dem Hinscheiden seines Verfassers
(am 16. November 1903) eine Neuauflage erlebt, die Siegfried und Heinrich Sitte,
die Söhne Camillos, besorgt und in dankenswerter Weise um ein interessantes
Kapitel »Großstadtgrünc vermehrt haben, welches bisher nur einem kleinen Leser-
kreise zugänglich gewesen.
Beginnen wir unser Referat mit diesem neuen, noch nicht diskutierten Anhangs-
abschnitt: Sitte wendet sich mit Recht aus praktischen und ästhetischen Gründen
gegen die mechanisch durchgeführten Alleenanlagen auf beiden Seiten
der Straßen der Großstadt. Er plädiert für den Einzelbaum, den er an
markanten Punkten der Platz- und Straßenarchitektur in Gruppenverbindung mit
feineren Bauwerken, Mauern, Monumenten und vor allem dem »dekorativen Wasser«,
einer Fontana im römischen Sinne oder einem hübschen Dorfbrunnen im deutschen,
angepflanzt wissen will. Ein charakteristisches Illustrationsbeispiel gibt er mit dem
Kesidenzplatz in Salzburg mit seinen sparsamen stattlichen alten Bäumen zu Seiten
es Regierungsgebäudes. — Ebenso sehr ist Sitte gegen die .'Squares'-, die allent-
aiben von Straßen frei umgebenen Baum- und Sträucheranpflanzungen, welche
'mach durch mechanisches Aussparen eines nicht zu Häuserzwecken verwendeten
aublocks entstehen: »Nicht nur Stadtplätze fordern zu ihrer eigenartigen Wirkung
'e Geschlossenheit der Platzwand ringsherum, sondern auch, und vielleicht in noch
"oherem Maße, die Gärten der Stadt.« Deshalb weist Sitte auf die alten mauer-
scnlossenen Parkanlagen der Renaissance- und Nachrenaissancestile als be-
rzigenswerte Vorbilder hin. Ein schöner Gedanke ist sein hieraus gefolgerter
rschlag, im Inneren der städtischen größeren Baublöcke ebenfalls abgeschlossene
.,. .en zu errichten, die einen Segen für die in Mietshäusern zusammengedrängte
einbürger- und Arbeiterschaft, einen frohen Ausblick ins Grüne für die in Bureau-
d nandwerksarbeit eingespannten Bewohner der Hinterhäuser bilden können.
'.. e 'ordert eine »innere Bauflucht«, die der übermäßigen Ausnutzung der Grund-
ucke durch die Bauspekulation eine heilsame Grenze setzen soll. Diese ist
reits in Hamburg durchgeführt und findet sich auch konsequent angewendet in
jn von Sitte entworfenen neuen Stadtplan für Mährisch-Ostrau, dem einzelnes
1 den ebenfalls schon ins Werk gesetzten Lageplänen für Teschen und für Olmütz
ausging. — Nicht mit dem Verfasser übereinstimmen können wir in seiner An-
jlc. u°er die städtebauliche Behandlung der Villen- oder Cottageviertel. Daß er
diesen jede Wirkung eines architektonisch angelegten Lage-
f i,i+n S ln ^weilel zieht und skeptisch meint, »daß das viele Grün selbst über ver-
e Lageplanformen den Mantel milder Nachsicht derart breite, daß weder Schönes
. T "erfehltes in die Erscheinung tritt, und es daher eigentlich ganz gleichgültig
. wie man da vorgehe, da ja doch auf jederlei Art immer dasselbe herauskomme«,
eint durch die praktische Erfahrung hinlänglich widerlegt: man vergleiche nur
n ihrer gegenseitigen Wirkungsharmonie so anarchischen Villenviertel etwa von
st^R11 ^Qninewald. Schlachtensee) oder von Frankfurt (Forsthausstraße, Holzhausen-
e) mit den mustergültigen nach einheitlich durchgedachten Genera 1-
B "ndrissen gebauten Villenviertelanlagen in Hagen in Westfalen, die
r Ernst Osthaus durch Peter Behrens, Henry van de Velde und Josef Hof-
mannAVien errichten läßt.
sje 3S d'e bekannten Ausführungen der vorausgehenden Kapitel betrifft, so hat
or Jahresfrist A. E. Brinckmann in seinem trefflichen Buche Platz undMo-
ba w6"*' ^ntersuchungen zur Geschichte und Ästhetik der Stadt-
bes Unst 'n neuerer Zeit, Berlin 190S, bereits sehr richtig kritisiert und ver-
(S. 164 und folgende). Camillo Sitte sieht als synthetischer Künstler nur
oinne geschaffen zu haben, hat auch noch nach dem Hinscheiden seines Verfassers
(am 16. November 1903) eine Neuauflage erlebt, die Siegfried und Heinrich Sitte,
die Söhne Camillos, besorgt und in dankenswerter Weise um ein interessantes
Kapitel »Großstadtgrünc vermehrt haben, welches bisher nur einem kleinen Leser-
kreise zugänglich gewesen.
Beginnen wir unser Referat mit diesem neuen, noch nicht diskutierten Anhangs-
abschnitt: Sitte wendet sich mit Recht aus praktischen und ästhetischen Gründen
gegen die mechanisch durchgeführten Alleenanlagen auf beiden Seiten
der Straßen der Großstadt. Er plädiert für den Einzelbaum, den er an
markanten Punkten der Platz- und Straßenarchitektur in Gruppenverbindung mit
feineren Bauwerken, Mauern, Monumenten und vor allem dem »dekorativen Wasser«,
einer Fontana im römischen Sinne oder einem hübschen Dorfbrunnen im deutschen,
angepflanzt wissen will. Ein charakteristisches Illustrationsbeispiel gibt er mit dem
Kesidenzplatz in Salzburg mit seinen sparsamen stattlichen alten Bäumen zu Seiten
es Regierungsgebäudes. — Ebenso sehr ist Sitte gegen die .'Squares'-, die allent-
aiben von Straßen frei umgebenen Baum- und Sträucheranpflanzungen, welche
'mach durch mechanisches Aussparen eines nicht zu Häuserzwecken verwendeten
aublocks entstehen: »Nicht nur Stadtplätze fordern zu ihrer eigenartigen Wirkung
'e Geschlossenheit der Platzwand ringsherum, sondern auch, und vielleicht in noch
"oherem Maße, die Gärten der Stadt.« Deshalb weist Sitte auf die alten mauer-
scnlossenen Parkanlagen der Renaissance- und Nachrenaissancestile als be-
rzigenswerte Vorbilder hin. Ein schöner Gedanke ist sein hieraus gefolgerter
rschlag, im Inneren der städtischen größeren Baublöcke ebenfalls abgeschlossene
.,. .en zu errichten, die einen Segen für die in Mietshäusern zusammengedrängte
einbürger- und Arbeiterschaft, einen frohen Ausblick ins Grüne für die in Bureau-
d nandwerksarbeit eingespannten Bewohner der Hinterhäuser bilden können.
'.. e 'ordert eine »innere Bauflucht«, die der übermäßigen Ausnutzung der Grund-
ucke durch die Bauspekulation eine heilsame Grenze setzen soll. Diese ist
reits in Hamburg durchgeführt und findet sich auch konsequent angewendet in
jn von Sitte entworfenen neuen Stadtplan für Mährisch-Ostrau, dem einzelnes
1 den ebenfalls schon ins Werk gesetzten Lageplänen für Teschen und für Olmütz
ausging. — Nicht mit dem Verfasser übereinstimmen können wir in seiner An-
jlc. u°er die städtebauliche Behandlung der Villen- oder Cottageviertel. Daß er
diesen jede Wirkung eines architektonisch angelegten Lage-
f i,i+n S ln ^weilel zieht und skeptisch meint, »daß das viele Grün selbst über ver-
e Lageplanformen den Mantel milder Nachsicht derart breite, daß weder Schönes
. T "erfehltes in die Erscheinung tritt, und es daher eigentlich ganz gleichgültig
. wie man da vorgehe, da ja doch auf jederlei Art immer dasselbe herauskomme«,
eint durch die praktische Erfahrung hinlänglich widerlegt: man vergleiche nur
n ihrer gegenseitigen Wirkungsharmonie so anarchischen Villenviertel etwa von
st^R11 ^Qninewald. Schlachtensee) oder von Frankfurt (Forsthausstraße, Holzhausen-
e) mit den mustergültigen nach einheitlich durchgedachten Genera 1-
B "ndrissen gebauten Villenviertelanlagen in Hagen in Westfalen, die
r Ernst Osthaus durch Peter Behrens, Henry van de Velde und Josef Hof-
mannAVien errichten läßt.
sje 3S d'e bekannten Ausführungen der vorausgehenden Kapitel betrifft, so hat
or Jahresfrist A. E. Brinckmann in seinem trefflichen Buche Platz undMo-
ba w6"*' ^ntersuchungen zur Geschichte und Ästhetik der Stadt-
bes Unst 'n neuerer Zeit, Berlin 190S, bereits sehr richtig kritisiert und ver-
(S. 164 und folgende). Camillo Sitte sieht als synthetischer Künstler nur