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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0307

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BESPRECHUNGEN. 303

1 ublikum als das der nationalsozialen Partei gesammelt und zugänglich gemacht
hat. "Denn diese Aufsätze gehören zu dem Feinsten, was ein »Außenstehender«,
e'n Nichtkünstler und ein nicht von Beruf sich mit Betrachtung der Kunst Befassen-
der, als der sich ja Naumann selbst in seinem Vorwort bekennt, über künstlerische
Dinge gedacht hat. Bei aller Intimität freilich, mit der auch dieser »Laie« sich in rein
artistische Probleme hineinzufinden weiß, erscheinen mir doch als am besten gelungen
jene Betrachtungen, die sich nicht mit den internen Verhältnissen der Kunst,
der formalen Analyse, beschäftigen, sondern mit den mannigfaltigen Beziehungen
der Kunstwerke und der Künstler nach außen, den Beziehungen z. B. der Form
ZUm Bildinhalt, der Künstler zum Publikum, der Kunstproduktion zum zeitlich oder
ortlich gegebenen Konsum. Naumann ist doch gewiß größer als Sozialpsychologe
wie als Ästhetiker. Danach verteilen sich die Qualitäten der verschiedenen Auf-
satze. Wenn der Verfasser Ludwig von Hofmann »unzeichnerisch« nennt, wenn er
nibner gar als »gute alte Schule der deutschen Malerei« charakterisiert, wenn hier
.1 uigers Beethoven, dort die Porträtmalerei Lenbachs, dann die Kunst von Segan-
,ni in den höchsten Tönen der Begeisterung gepriesen wird, so sind das Fehler
'id Überschätzungen, die einem materiell Eingeweihten wohl schwerlich passiert
aren. Desto erfreulicher mutet es einen dann an zu sehen, wie richtig wieder
aurnann Fritz Bohle erkannt hat: er sagt von ihm, man werde das unbehagliche
. . n'cnt los, man »sollte bearbeitet werden«. Ferner, was er über Josef Olbrichs
Architektur höchst klug bemerkt: »Olbrich versteht sich auf allerlei Art, Stil und
,se und nennt die Zusammenfassung dieser vielen Weisen eine neue Kunst.«
Verwunderlich erscheint uns dagegen die schroffe Abneigung Naumanns gegen
e Phantasiegestalten als Gegenstand der bildenden Kunst: als ob diese
ngel oder die Fabelwesen als Objekt schon einen ästhetischen Wert besäßen!
"ch in der Architektur ist sein Standpunkt entschieden zu materialistisch, wenn er
RUc" diese Auffassung leider mit den meisten unserer Schriftsteller über moderne
aukunst teilt. — Im ganzen aber sind eine Menge Gedanken, die Naumann nicht
Ur ausspricht, sondern stets auch wundervoll zu formulieren weiß, höchst
e 'erzigenswert und einer möglichst weiten Verbreitung würdig. Über Liebermann
S. 71: »Der Maler ist der Philosoph der Sichtbarkeiten.« Pädagogisch geradezu
tanzende Ideen entwickelt er bei der Besprechung eines Bildes für Gymnasial-
ssen: »Ein gut gesehenes Bild eines geschichtlich bedeutsamen Gegenstandes ist
ndestens so sehr geeignet, den Inhalt einer ernsthaften Unterrichtsstunde zu
^ den wie eine Ode von Horaz oder ein Brief des Cicero« (S. 127). S. 150 erläutert
mann den seelischen Vorgang der »Einbildung« eines Bildes, worunter er das
k rs anden wissen will, was man gemeinhin in der Ästhetik mit der »Einfühlung«
■neichnet- »Auch in der Kunst gilt das Wort Jesu: Wer sein Leben erhalten
"!"'. der wird es verlieren.«

Straßburg i. E. Fritz Hoeber.
 
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