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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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Heinrich, Hans: Hebbels Anschauungen über das Komische nach ihren historischen Grundlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0413

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HEBBELS ANSCHAUUNGEN ÜBER DAS KOMISCHE. 409

auf das Ganze, ja sie heben oft eine mehr nebensächlich erscheinende
Seite des Komischen wie eine alle anderen Seiten ausschließende oder
wenigstens ganz in den Hintergrund drängende Hauptbestimmung
hervor, woraus eine reiche Quelle des Widerspruchs entsteht, wenn
man alles im Zusammenhange zu betrachten versucht, und sie ver-
raten dadurch unverkennbar ihre aphoristische, unsystematische, einer
wissenschaftlichen Behandlung so stark widerstrebende Natur. Auch
die Annahme, daß allen Reflexionen wenigstens ein Wille zum System
zugrunde liege, ist wohl nicht einmal als sicher hinzustellen. Denn
Hebbels Gewohnheit, durch analysierendes Nachdenken über die
eignen Werke sich über das Wesen, den Wert und die Zwecke seines
Schaffens und der Kunst überhaupt Klarheit zu verschaffen und sich
damit Grenzen und Ziele der poetischen Tätigkeit zu setzen, konnte
sich hierbei einfach deswegen nicht zeigen, weil seine Produktionen
auf dem Gebiete der Komödie im Vergleiche mit der Anzahl seiner
' ragödien zu gering waren, um ihm ein genügend weitschichtiges Ma-
terial als sichere Grundlage zum Aufbau einer vollständigen Theorie zu
gewähren. Der Mißerfolg seines > Diamant« wirkte ungünstig auf seine
theoretischen Bestrebungen hinsichtlich einer systematischen Fassung
des Problems des Komischen.

Seine Gedanken darüber sind noch fast ganz im Banne der zeit-
genössischen Theorie befangen. Nur durch eine zusammenhängende
Betrachtung der ästhetischen Strömungen seiner Zeit erhält man daher
Wohl die Möglichkeit, der Klärung von Hebbels Aussprüchen näher
2u kommen. Es kann sich hierbei nur darum handeln, zu zeigen,

le sie, aus einer mannigfachen Lektüre hervorgewachsen, zum Teil

Urch eigne kombinierende Reflexion fortgebildet, ihren komplizierten,

°saikartigen Charakter gewonnen haben.
Auf eine Darlegung von Schillers Ansichten über das Komische,

e für Hebbels Auffassung auch noch als wichtige Quelle in Betracht

Strien, glauben wir verzichten zu können.

1. Die spekulative Theorie des Komischen.

Die bedeutungsvollsten historischen Entstehungsbedingungen für

o ^'s Systemfragmente liegen in der romantischen Ästhetik eines

eiiing; Solger und Hegel. Die ganze in diesem Kreise herrschende

rschungs- und Bestimmungsmethode, die die gesamten ästhetischen

rau • 0nen' Ja ^as ästhetische Empfinden des IQ. Jahrhunderts cha-

zi t eris*'scri beherrschte, deren Zwang sich auch ein Hebbel nicht ent-

n konnte, war wenig geeignet, dem heutigen, vorzugsweise auf
 
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