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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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Heinrich, Hans: Hebbels Anschauungen über das Komische nach ihren historischen Grundlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0445

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HEBBELS ANSCHAUUNGEN ÜBER DAS KOMISCHE. 441

Komische darf nicht eine philosophisch-kritische und kombinierende
sein, wie es bei einem systematisch-bestimmten, vollständigeren und
einheitlicheren Forschungsobjekt ästhetisch-normativen Charakters sich
als geeignet oder gar notwendig erweisen würde, sondern kann nur
eine historische sein, die es mit der Feststellung der von verschiedenen
Seiten ausgehenden Einflüsse zu tun hat. In Hebbels Fragmenten zu
einer Theorie des Komischen ist nicht einmal ein deutlich ausge-
sprochener Wille zum System klar zu erweisen.

Die Bedeutung seiner Versuche für die Geschichte der Ästhetik
beruht wohl darin, daß er mit den Mitteln der romantischen Ästhetik,
durch die metaphysische Fundierung dem Irrationalen, Rätselhaften,
dem menschlich Wahren und Wertvollen, das in jeder echten Komik
liegt, eine tiefsinnige und lebensvolle Deutung geben wollte, und daß
er die menschliche Eigenart, wie sie sich mit ihren ganzen Schrullen
und Sonderbarkeiten konsequent in allen Lebenslagen kundgibt, als
eine ergiebige Quelle des Komischen bezeichnete.

Auf jeden Fall zeugen Hebbels Gedanken über dieses Problem und
sein dichterischer Lösungsversuch, der »Diamant«, der eine kräftige,
wenn auch nicht ganz glückliche Reaktion gegen die Verflachung der
Lustspielgattung jener Tage war, ebenso wie seine Neubegründung
des Tragischen, von seiner überall eingreifenden reformatorischen
Regsamkeit, um auch auf diesem Gebiete einer tieferen Erfassung des
Problems den Boden zu bereiten und den späteren komischen Dich-
tungen einen allgemeineren, bleibenderen Wert zu sichern.
 
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