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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0619

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BESPRECHUNGEN. . 615

ihre schlanke Leichtigkeit aus, während der Stilcharakter der schwäbischen Portale
durch eine wundervoll vermittelnde Weichheit der Übergänge bedingt ist« (S. 6).
So leitet der Verfasser über zur historischen Einzelbetrachtung, alles nun folgende
hat historischen Inhalt.

Das Äußere des Buches ist von seltener Vornehmheit. Auf gelbem, schwerem,
samtweichem Papier klare Typen, auf jeder Seite mehrere Abschnitte und manche
davon mit großen einfachen schwarzen Initialen, so daß der Text selbst neben den
eingestreuten und dann stets an den äußeren Rand des Schriftspiegels gerückten
Abbildungen zur Geltung kommt. Die Bilder sind alle weich und tonig.

Hier haben wir also den ersten Band einer größeren Sammlung »Deutsche
Plastik«. So ist das Werk kein isolierter Beitrag zu irgend einer Einzelstelle aus
dem Gebiet der Kunstwissenschaft, sondern eine bedeutende Welle aus der starken
und jungen Strömung, die unser immer lebendigeres Interesse der älteren deutschen
Kunst zuführen will. Der im vortrefflichsten Sinne populäre Verlag Langewiesche
hat ebenfalls zwei Bände bereits dieser Aufgabe gewidmet, und Bodes deutsches
Museum wird der monumentale Ausdruck derselben Bestrebungen sein.

Berlin-Wilmersdorf.

Erich Everth.

Max Graef, Die Ausgestaltung moderner Wohnungen. 61 S. mit 74 Ab-
bildungen im Text und 25 Tafeln. Wien und Leipzig, A. Hartleben.

Man hat Mühe, sich von der Lektüre des Buches nicht abschrecken zu lassen
durch die schlechten Abbildungen nach schlechten Zeichnungen von des Verfassers
eigener Hand — Architektenzeichnungen im üblen Sinne des Wortes ohne jede
Belebung des Striches und ohne eine andere Räumlichkeit als die perspektivische,
die mit dem Lineal konstruiert werden kann. In vielen wertvollen Werken von
heute sind die Tafeln die Hauptsache; hier möchten sie das auch wohl sein, aber
hier möchte der Leser sie am liebsten herausschneiden. Und nach dem, was man
nun so, ohne daß es dem Auge irgend bequem gemacht wird, an einzelnen Formen
aus diesen Tafeln herausbuchstabiert, verliert man nicht einmal etwas durch die
unzureichende Wiedergabe; die Unzulänglichkeit des Zeichners verdeckt die Mängel
des Möbelbildners. Ein naiver Freund fragte mich, wie so etwas in der Zeit, wo
Bruno Paul und Riemerschmid und so sehr viele andere an der Arbeit wären, noch
einen Verleger finden könne.

Zu rechtfertigen ist das auch gar nicht, auch durch den Text wird es nicht ge-
rechtfertigt. Der gibt handwerkliche Einzelheiten aus den Herstellungsprozessen
der Möbeltischlerei, so etwas kann man ja ruhig einmal lesen. Aber der Stil ist
natürlich nicht der eines Kunstschriftstellers, doch immerhin klar, wenn auch mit
einiger Unbeholfenheit und wenn auch ein bißchen kaufmännisch; das Ganze hat
übrigens etwas von einem Firmenkatalog. Die Gedanken über allgemeinere Fragen
des Faches sind nirgends eigene, freilich zum Teil leidlich für Popularisierungs-
zwecke zusammengestellt. Unnötig zu sagen, daß der Verfasser, der sich »Architekt
für Innenräume« auf dem Titelblatte nennt, in allen psychologischen Fragen einen
vollständigen Dilettantismus walten läßt. Überhaupt leiden seine ästhetischen Begriffe
unter dem Mangel an Schulung und Klärung; Schiefes und Flachheiten sind reich-
lich da und oft bleibt es bei absolut nicht durchlebten und dann natürlich vagen und
phrasenhaften Begriffen, die er häufig nur sehr nach dem Hörensagen anzuwenden
scheint; und auch ihre Zusammenordnung, z. B. manche Koordination von Begriffen
entbehrt des Verständnisses. Einiges klärt er dem Laien gewiß, aber in manchem
Unsinn bestärkt er ihn auch. Wie kann man z. B. im Ernst Worte brauchen wie
 
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