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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0629

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624

BESPRECHUNGEN.





Originalität. Lalo erkennt die Einseitigkeit des physikalischen, physio-psychologischen
und experimentellen Verfahrens in der Ästhetik; sie sind nur einzelne Seiten und
dürfen als solche nicht die volle Lösung des Problems beanspruchen. Lalo sieht
die Zukunft der Ästhetik in der Soziologie — und diese Theorie erdrückt bei ihm
die weiteren Ansätze zu feinem Verständnis des ästhetischen Phänomens. Das
»technische Gefühl« ist für ihn das Resultat eines Milieus oder einer Zeit, — die
Sanktion hängt von dieser Übereinstimmung mit der »allgemeinen« Tendenz ab,
ohne daß Lalo sich fragt, wieso denn der »Neuerer«, der große Einzelne, ohne
diese Sanktion oder trotz Mißbilligung der Zeit durchdringt. Wir hängen hier in
der Luft, — es ist, als ob jedes Kunstwerk von außen her, von der Allgemeinheit
seiner Zeit, seinen Wert empfängt. Die Theorie wird hier recht äußerlich, und der
ästhetische Wert eines Kunstwerks wird zum Spielball der Generationen — nicht
nur de facto, was ja unableugbar ist — sondern de jure, was eine Vernichtung
jedes Maßstabes bedeutet und, wie jeder Relativismus, im Grunde verkappter Nihi-
lismus ist. Lalo kennt kein anderes Überindividuelles als die numerische Allge-
meinheit, und hier ist eine Theorie, die in der Praxis zu einer bedenklichen Ochlo-
kratie in Kunstdingen führt, da eine Aristokratie, wie sie Lalo bisweilen durch den
Begriff des »maßgebenden Publikums« begründen will, im Prinzip für ihn unhaltbar
ist. Die Theorie geht hier an einem Mangel an Tiefe zugrunde, sowie an der An-
wendung der heterogenen Prinzipien der soziologischen Betrachtung auf ein Gebiet,
:res sich auf das bedeutende Individuum und sein Verhältnis
eilen Wert stützt, der nicht auf allgemein-abstrahierbaren
ruht.

ogischen Abschnitte des Buches bieten wenig Interessantes,
dlung der »technischen Gefühle« eine weniger reiche Aus-
^weisen auf die einzelnen Künste, als man erwarten sollte,
in der gründlichen Abweisung dessen, was nicht ins Ästhe-
| ?s und Richtiges bietet. So ist dies Buch trotz aller Mängel
r ästhetisch-philosophischer Einsichten in seinen kritischen
erkenswert und interessant, und die deutsche zeitgenössische
mit ihm auseinanderzusetzen haben.

Lenore Ripke-Kühn.
 
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