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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0255

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BESPRECHUNGEN. 249

heim usw. wäre sehr erwünscht gewesen; genaue Beschreibungen einzelner besonders
erfolgreicher Museumsausstellungen, auch Statistiken der Museumsführungen. Viel-
leicht wäre es möglich gewesen, kleine Auszüge aus vorbildlichen Museumsführern*
abzudrucken, um vergleichend die verschiedenen Typen kennen zu lernen. Aber ich
"rauche nicht darüber nachzudenken, was alles hätte geschehen können. Es geschah
eben nicht, und das ist schade. Denn aus dem vorliegenden Buch ersieht man
keineswegs mit eindringlicher Klarheit, wie unendlich viel gerade auf diesem Gebiete
,n letzter Zeit geleistet worden ist. Vielleicht wird eine neue Veröffentlichung diesen
wünschen mehr gerecht; sie würde gewiß dem regsten Interesse weiter Kreise
begegnen.

Rostock. Emil Utitz.

Conrad Lange, Das Kino in Gegenwart und Zukunft. 8°. 337 ü.
XI S. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1920.
Die Literatur über das Lichtspielwesen hat mit dein unerhört schnellen An-
wachsen der jungen Industrie und ihrer Kunstschöpfungen gleichen Schritt gehalten;
es existieren viele Zeitschriften, wie auch ein ansehnlicher Raum in der Tages-
Pfesse dem Film gewidmet ist, aber das Wissenswerte, das neben dem Reklaine-
Wust dort geboten wird, findet sich verstreut in zahllosen Artikeln und über jahre-
'ange Zeitspannen hin. Das Buch Langes bringt endlich erfreulicherweise alles,
Was wohl irgendwie über das Kino gesagt werden kann, und zwar in systematischer
Anordnung. Da finden wir eingehende Darlegungen über die in Frage kommenden
ethischen und ästhetischen Forderungen und ihre Übertretung unter den heutigen
Verhältnissen, und ausgedehnte Erwägungen über die Zukunftsmöglichkeiten des
gewaltigen Industriezweiges. Da wird gehandelt über das Kino in Staat und Ge-
meinde, über die Konzessionspflicht, die Steuer, die Zensur und die Gesetzgebung,
Vvie über die Frage der Sozialisierung und Kommunalisierung. Bei aller Anerken-
nung der gewissenhaften Arbeit und Zusammenstellung können wir uns an dieser
"-teile nur mit dem künstlerischen Teil, wie er sich im zweiten Kapitel und im
Nachtrag findet, befassen.

Lange verneint durchaus den Kunstwert des Lichtspiels. Er geht von der Be-
achtung der bildenden Kunst aus und schließt folgendermaßen: Der Diskuswerfer
"es Myron befindet sich in Ruhe, aber seine Stellung ist so gewählt, daß der Be-
schauer zur Vorstellung gezwungen wird, er sähe Bewegung. Beim Lichtspiel ist
a'e Bewegung aber eine wirkliche und keine vorgetäuschte, also ist es keine Kunst!
Uer Fehlschluß liegt auf der Hand: Die wirkliche Bewegung ist hier nur ein tech-
n'*hes Mittel und soll an sich nicht die ästhetische Lust auslösen. Deutlicher
Wird dies noch durch den Vergleich mit der Bühne: Die wirklichen Schauspieler
Wurden dann der Theateraufführung ihren Kunstwert rauben! Das will doch wohl
*-ange nicht behaupten? Jedenfalls enthält das Bühnenbild mit den lebenden Dar-
tellern und seiner »echten Ausstattung mehr Realität als der Film mit seiner
v'rklichen Bewegung — namentlich in der jetzigen technischen Unvollkommenheit
er Flächenhaftigkeit, der Farblosigkeit und der Stummheit. Was nun dem Bühnen-
spiel recht ist, um es nicht von der Kunst auszuschließen, sollte dem Filmspiel
billig sein!

Wenn Lange das Lichtspiel verwirft als Photographie, als Bewcgungsphoto-

S.raphie eines Wirklichen — bei der also das artistische Eingreifen und die künstle-

r,sche Persönlichkeit ausgeschaltet sind —, so übersieht er, daß diese Verhältnisse

nur bei natürlichen Aufnahmen, aber nicht bei künstlerischen zutreffen. Er führt

Um Vergleich Adolf Menzel an, der, um die Krönung Wilhelms I. in Königsberg
 
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