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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Rahtgens, Hugo: Eine alte Abbildung von Gr. St. Martin in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0185

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329

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

330

Eine alte Abbildung von Gr. St. Martin in Köln

(Mit 4 Abbildungen.)
uf Seite 13 des kürzlich erschie

nenen »Dresdener Jahrbuchs
1905« macht uns Robert
Brück bekannt mit einer
Miniatur des Kodex Mscr.
165 der Leipziger Stadt-
bibliothek. Der Kodex
enthält Bedas eccle-
siastica historia gentis
Anglorum. Die obige
Miniatur (Abb. 2)
ist das Widmungs-
blatt und zeigt den mit innigem Ausdruck das Buch
überreichenden Donator im Mönchsgewand
kniend zwischen den mit St. Martinus und
St. Eliphius bezeichneten Heiligen. Die Zu-
sammenstellung dieser beiden Heiligen veran-
laßt Brück mit vollem Recht dazu, das Buch
der Abtei Gr. St. Martin in Köln zuzuschreiben,
da diese seit der Überführung der Gebeine des
hl. Eliphius durch Erzbischof Bruno um die
Mitte des X. Jahrh. neben dem Namen ihres
Titelheiligen auch den des hl. Eliphius führt.
Überdies konnte Brück auf der jetzt verklebten
Rückseite des Blattes die Worte lesen: Liber
sanctorzim martini et eliphi in colonia. Nun
enthält der obere Teil der Miniatur die Dar-
stellung eines von einer Mauer umschlossenen
Kirchengebäudes, in dem Brück den Zustand
der Kirche Gr. St. Martin vor dem Brand vom
Jahre 1149, d. h. vor der Ausführung des
■— wie bisher angenommen wird — 1172 ge-
weihten Dreikonchenchors erkennen will. Die
kunsthistorische Bedeutung, die hier der Mini-
atur zugeschrieben wird, rechtfertigt es wohl,
sie hier noch einmal einer eingehenden Unter-
suchung zu unterziehen.

Zunächst drängt sich bei der Betrachtung
der Miniatur der Vergleich auf mit der bereits
bekannten sog. Abbildung des alten Kölner
Doms in dem Hillinus-Evangeliar der Kölner
Dombibliothek, an die auch Brück erinnert
(Abb. 1).

Dieses der ersten Hälfte des XI. Jahrh.
angehörende Evangeliarx) ist, wie die einleiten-

!) Essenwein im »Anz. f. Kunde d. deutschen
Vorzeit«, N. F. XIX, 1872, Sp. 209. — Ders. im
»Handb. d. Architektur« 2. Teil, III. Bd., 1. H,
S. 135. —Vöge, »Eine deutsche Malerschule um die
Wende des I. Jahrtausends«, S. 134, hier auch
die weitere Literatur. Überdies: Aldenhoven,

den Worte auf Bl. 2 b und 3 a besagen, von
zwei Schreibern — Burchard und Konrad —
geschrieben und von einem Kanonikus des
Doms — Hillinus — für den St. Petersaltar
gestiftet. Auf Blatt 16 b ist St. Petrus darge-
stellt, wie er das Buch aus der Hand des
Geistlichen empfängt. Auf den Seiten zwei
Säulen mit antikisierenden Kapitellen und an
die Säulen gebundene Vorhänge. Hierüber die
Darstellung einer langgestreckten Basilika mit
zwei Querschiffen, von denen das rechte von
zwei (einem auf der Abbildung sichtbaren) vier-
eckigen Türmen abgeschlossen wird. Links
ist der flache Giebel des Mittelschiffs sichtbar,
darunter eine halbkreisförmige Apsis, zwischen
dieser und dem linken Querschiff zwei runde
Türme. Über dem Mittelschiff zwei Dach-
türme, die wegen Platzmangels wie in das Dach
versenkt gezeichnet sind. Unverkennbar handelt
es sich also um die Wiedergabe einer doppel-
chörigen frühromanischen Basilika mit zwei
rechteckigen Türmen an den Enden des einen
Querschiffes und zwei runden zwischen dem
andern und der anschließenden Apsis; die
Dachtürme wird man sich nach dem Vorgange
von Essenwein (»Handb. d. Architektur« 2. Teil
III. Bd. 1. Hälfte S. 135) als Vierungstürme
zu denken haben. Das Ganze also ein voll-
ständiges Beispiel einer Bischofskirche des
XI. Jahrh.

Daß es sich aber nicht um die typische
Wiedergabe einer solchen, sondern ganz speziell
um die Bischofskirche, den Petersdom zu Köln
handelt, folgt zunächst aus dem Umstände, daß
sich die Darstellung über der Widmung des
Buches durch einen Kanonikus des Domes an
dessen Patron St. Peter befindet, dann aber daraus,
daß die auf uns gekommene Beschreibung des
alten Doms, die bald nach dem Brande im
Jahre 1248 zur Feststellung der Verpflichtungen
des Domkustos verzeichnet wurde,2) sich —
abgesehen von den Vierungstürmen — in
allen wesentlichen Teilen mit dieser Abbildung
deckt. Hiernach besaß die Kirche einen unte-



»Kölner Malerschule« S. 5. — Der Dom zu Köln mit
Text von A. Lindner, S. 1, Taf. 50.

2) Ennen u. Eckert z, »Quellen z. Gesch. d.
Stadt Köln« II, No. 277. — Ennen, »Der Dom zu
Köln« S. 16. Auffallenderweise nimmt Ennen in
dieser Monographie des Domes (ersch. 1880) keinen
Bezug auf die Abbildung im Hillinusevangeliar.
 
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