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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 4
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Göhre, Alfred: Bautzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0093
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7d

Bautzen.

Von Stadtbaurat Göhre, Bauhen.

on den Städten des östlichen Deutschlands können nur wenige aus eine so lange
und wechselreiche Geschichte zurückblicken wie Bautzen. Die zahlreichen Funde
aus der jüngeren Steinzeit, der Bronze- und frühen Eisenzeit, die in der Stadt
und in ihrer Umgebung gemacht worden sind, zeigen mit Sicherheit, datz schon
qeit Iahrtausenden Siedelungen auf der Stelle bestanden haben, wo sich heute die
Stadt Bautzen ausbreitet. An dem Platze, wo sich jetzt die Ortenburg erhebt,
befand sich ein Burgwall, die Hauptfeste der sorbenwendischen Milzener. Im
Iahre 928 soll König Heinrich und sein Sohn Otto I. die Ringmauer der Burg
errichtet haben, wie sie heute noch zum grötzten Teile erhalten ist. Otto l. erbaute
dann auf dem steil in das Spreetal abstürzenden Granitselsen die Ortenburg,
deren Name nach den neuesten Forschungen Dr. Meiches als Grenzburg zu deuten ist (das ort ^ Grenz-
ort). Im Iahre 1002 wird Bautzen vom Bischof Thietmar in Merseburg zum ersten Male als besestigter
Platz (Stadt) genannt.

Die Geschichte der Stadt Bautzen war äutzerst wechselvoll. Trübe Ieiten wurden von Zeiten be-
deutenden wirtschastlichenAufschwungs abgelöst. Zuerst stand das alte Budissin, die Hauptstadt der Lausitz,
unter der Herrschaft der deutschen Könige, bis es diesen 1002 vom Polensürsten Boleslav Chrobry ent-
rissen wurde. 1032 fiel es wieder an die Mark Meißen zurück. 1076 kam es mit der Lausitz zum Königreiche
Böhmen, 1231 an Brandenburg, 1319 wiederum an Böhmen, 1469 an den Ilngarnkönig Matthias Lor-
vinus. Bei dessenTode (1490) fiel Bautzen an Böhmen zurück, bei dem es bis in den DreitzigjährigenKrieg
hinein blieb. 1620 wurde es dann mit der Lausitz an Kurfürst Iohann Georg I. von Sachsen verpsändet
und ihm im Frieden von Prag (1635) zu erblichem Lehen überlassen.

Schon der lebhafte Wechsel in der Regierung, wie er aus vorstehenden kurzen geschichtlichen Angaben
erkennbar ist, daneben aber noch andere Umstände, vor allem die Lage Bautzens an der wichtigen Ver-
kehrsstraße von Westen nach Osten lassen es natürlich erscheinen, datz es an fast allen Kriegen, die Mittel-
deutschland berührten, teilnehmen mutzte, datz sein Schicksal, seine wirtschaftliche und städtebauliche Ent-
wicklung einem ungeheuern Wechsel unterworsen wurde. Zweimal von Kaiser Heinrich II., dann von
Konrad II. belagert, mußte es in den Iahren 1429 und 1431 Bestürmungen der Hussiten aushalten. Die
wackeren Bürger wiesen aber beide Angrifse siegreich ab. Schweres hatte die Stadt im Dreitzigjährigen
Kriege zu erdulden: der Kurfürst von Sachsen belagerte die Stadt1620 und nahm sie ein, 1631 trug das
bei Breitenfeld geschlagene kaiserliche Heer mit den Greueln des Krieges die Pest in die Mauern der Stadt,
1633 nahm Wallenstein nach hartem Kampfe die Stadt ein, besetzte sie mit grotzenTruppenmassen und
wurde erst 1634 von den Sachsen wieder aus der Stadt gedrängt, wobei diese sast vollständig durch Feuer
zerstört wurde. Ähnliche Kämpfe spielten sich dann im Iahre 1639 zwischen den Schweden und Sachsen
ab. Auch der nordische Krieg brachte 1706 und 1707 wiederum die Schweden nach Bautzen. Im sieben-
jährigen Kriege wurde Bautzen schwer durch Truppendurchzüge und Einquartierungen getrossen. Vor
seinen Toren verlor der grotze Friedrich die Schlacht bei Hochkirch. Schweres Angemach brachten dann —
abgesehen von den Leiden im Bayrischen Erbfolgekrieg (1778) und im Kriege Preutzens und Österreichs
gegen Frankreich (1792—1796) — die napoleonischen Kriege der Stadt. Napoleon selbst war des öfteren
in Bautzen.

Zum Schutze der gemeinschastlichen Interessen entstand schon in srüher Zeit, im Iahre 1346, der
Sechsstädtebund, dem autzer Bautzen die Städte Görlitz, Zittau, Lauban, Löbau und Kamenz angehörten.

Äberblickt man den vorstehenden kurzen geschichtlichen Abritz, so wird man verstehen, datz das Bild
der alten Stadt Bautzen ein überaus charakteristisches ist. Wurde auch durch die Kriege und Feuersbrünste,
vor allem im 17. und 18. Iahrhundert, ein grotzer Teil der Kunstdenkmäler der älteren Zeit zerstört, so

Anm. Für die nachstehenden Aussührungen wurde vor allem die „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen" benutzt, herausgegeben vom K. Sächs. Ministerium des Znnern, bearbeitet von
Geh. Hosrat Pros. Dr. Cornelius Gurlitt, 3Z. Hest, Dresden bei Meinhold L Söhne. Der Verfasser.
 
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