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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 6
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Die Burgenfahrt der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen vom 15.-20. Juni 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0136
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Die Burgenfahrt

der Vereinigung zur Erhaltung deutscher
Burgen vom 13.-20. Iuni 1914.

nmittelbar vor dem drohenden Ausbruch des gewaltigsten aller Kriege haben wir
unsere Burgensahrt durch Sachsen vollbracht, ohne Ahnung, wie bald die gast-
freundlichen Wirte in Wechselburg und Waldenburg von den ersten Vorboten dieses
Völkerringens getrofsen werden würden.

Noch am 19. Iuni, also wenige Tage vor jenem sluchwürdigen Verbrechen von
Sarajewo, waren wir Gäste der Gräslich Schönburgschen Familie in Wechselburg,
nahen Verwandten des dort ermordeten Thronsolger-Paares — die Herzogin von
Hohenberg und die Gräfin Schönburg waren Schwestern —. Kein Wölkchen trübte damals den Glanz
des Tages im Schlosse zu Wechselburg und kein Schatten siel auf den schönen Verlauf unserer Fahrt.

Welch ein Gegensatz heute! Damals eine Schar fröhlicher Menschen, das schöne Land durchstreisend,
sich ersreuend an der Schönheit der Natur und den einzigartigen Wehrbauten der versonnenen Zeugen
srüherer Kämpse, heute aus allen Gesichtern der Ernst der Tage trotz unserer gewaltigen Siege und ein
Teil unserer Grenzlande von der Kriegssurie durchtobt und verwüstet.

Wie die vorangegangenen Burgensahrten war auch die Fahrt durch das Sachsenland seit Iahr und
Tag vorher auf das sorgsältigste geplant und vorbereitet worden.

Eine besondere Auszeichnung wurde der Burgenfahrt durch Seine Königliche Hoheit den Prinzen
Iohann Georg von Sachsen zuteil, der die Gnade hatte, das Protektorat über die Fahrt zu übernehmen
und höchstsein tätigstes Interesse sür das gute Gelingen der Veranstaltung in unendlichen Vorverhand-
lungen und durch eigene sürstliche Gastsreundschast zu erweisen.

Ebenso gebührt der Dank der Vereinigung dem sür die Fahrt gebildeten Sächsischen Landesausschutz,
dessen Vorsitz der Präsident der ersten sächsischen Kammer, Oberstmarschall Graf Vitzthum von
Eckstädt, freundlichst übernommen und meisterhast gesührt hat und dem unermüdlichen Herrn
Geheimen Obersinanzrat Dr. von Geldern-Crispendors sür die tatkrästige Anterstützung
und Förderung bei Durchführung unserer Pläne.

Die reich blühende Industrie Sachsens gibt dem Lande sast überall ein Gepräge durchaus rastloser
Arbeitssreude, gehört es doch zu den dichtbevölkertsten Gebieten der deutschen Gaue. Aber nur wenig
abseits der grotzen Orte und Verkehrsstratzen zeigt sich die Natur in den anmutigsten Bildern, lockt doch allein
die Schönheit des Elbetales alljährlich ungezählte Scharen herbei. Rauher Wald und wildreiches Gebirge,
sruchtbare Niederungen und reizvolle, stille Täler wechseln in bunter Neihensolge. And über das Land
verstreut überall Burgen und Schlösser in nie geahnter Menge und Schönheit, viele auch hier seit langem
zerstört und als Ruine die Tage verträumend, die meisten aber doch, vielleicht mehr wie in anderen Gegen-
den, wohlerhalten und bewohnt.

Den Ruinen wird aber auch in Sachsen eine liebevolle Fürsorge zuteil sowohl durch die rührige Tätig-
keit der staatlichen Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler, wie durch die hohen Besitzer der
alten Familiensitze und durch die weitesten Kreise sreiwilliger Kunstsreunde.

Die Burgensahrt, zum ersten Male 6 Tage während, begann im Osten des Königreichs, in der sreundlich
gelegenen Stadt Zittau.

Im Bürgersaal des 1834—40 gebauten alten Rathauses, einem stimmungsvollen Raume, geschmück't
durch Fenster mit prächtigen Glasmalereien und den Bronzebüsten verdienter Stadtväter, versammelten sich
die Teilnehmer. Neben den Behörden der Stadt hatten sich Vertreter der Staatsregierung eingefunden, um
die aus allen deutschen Landesteilen eingetrossenen Burgensahrer zu begrützen und willkommen zu heitzen.

Für die Regierung sprach in sormvollendeter Rede der Amtshauptmann von Watzdors, der zum
Schlutz ein Hoch auf die beiden Herrscher Seine Majestät den Kaiser und den König von Sachsen ausbrachte.
 
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