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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 3
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Schmidt, Otto Eduard: Freiberg in Sachsen
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Bruck, Robert: Burg Gnandstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0063
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Freiberg, wenn weiße Lichter den düstern Ernst der dunklen Farben mildern: im Winter am Obermarkt,
wenn die Dächer und Simse, die Steinränder und Bronzelöwen des Brunnens weitze Schneehauben
tragen, in der Sommernacht am Antermarkt, wenn das Mondlicht beim leisen Nauschen des Wassers
um die Giebel des Doms und die Kunstvollen Eisengitter des „grünen Friedhoss" spielt.

Burg Gnandstein.

Von Professor Dr. Nobert Bruck, Dresden.

s ist ein große Opfer heischendes Erbe, das vielen Adelsgeschlechtern zusiel, wenn
sie die von ihren Ahnen einst erbaute oder besessene Burg übernahmen und damit
die moralische Verpslichtung, die jahrhundertealten Bauten zu erhalten. Leicht
sertig ist das Urteil, wie bedauerlich es sei, eine alte Burg in ruinösem Zustande
zu belassen, ohne dem weiteren Versalle zu wehren. Der Sachkundige aber kennt
die grotzen Schwierigkeiten, er weiß, datz, so trutzig auch die Mauern und Türme dreinschauen mögen,
ganz abgesehen von Kriegs- und Feuersnot, die Bauten der Vernichtung durch die Zeit nicht wider-
stehen können, daß an einem solchen Baue stetig gebessert und ergänzt werden mutz und daß er eine Quelle
dauernder großer Ausgaben sür den Besiher bedeutet. Desto ersreulicher ist das Studium einer alten
Burganlage, bei der man des Besihers ehrsurchtsvolle Liebe zum Wohnsitz seiner Väter deutlich an den
Erhaltungsarbeiten erkennt, um so mehr, wenn man an den einzelnen Teilen noch heute ersehen kann,
wie sich die Geschlechter in den einzelnen Iahrhunderten in dem Baue eingerichtet, wie sie ihn zu ihren
Zwecken je nach der Veränderung der kulturellen Cntwicklung verwendet haben.

Das ist bei Burg Gnandstein der Fall, die von ihrer Anlage in der romanischen Zeit im zwölften
Iahrhundert bis zu den Bauteilen der Neuzeit sür den Sachverständigen eine klar lesbare Urkunde dar-
stellt und als ein lehrreichstes Beispiel sür die in den Iahrhunderten wechselnden Bedürfnisse und An-
sprüche gelten kann.

Seit dem Iahre 1427 bis heute gehört Gnandstein als Stammschloß der Familie von Einsiedel in
direkter Erbsolge. Aus einem Porphyrselsen, einem der äußersten Ausläufer des Crzgebirges, die sich zu
der nach Leipzig hin erstreckenden Tiesebene abslachen, ragt unweit der Altenburger Grenze das im-
posante Gnandstein als der Wachtposten im schönen Wyhratale aus, einst dazu bestimmt, die wichtige
Verkehrsstratze, die von Böhmen und Bayern hier vorüberging und nach dem Lande zwischen Saale
und Mulde, dem Osterlande, sührte, zu beherrschen und zu bewachen.

Was Gnandstein sür Sachsens Grenze in jener srühen Zeit bedeutete, beweist der Umstand, daß die
Burg den stärksten und höchsten Turm aller erhaltenen sächsischen Burgen besitzt. Welche Ansorderungen
an Lebenshaltung sein Erbauer zu stellen gewöhnt war, zeigt die Großzügigkeit der Anlage des Palas,
des einzigen, der im Königreiche Sachsen noch aus romanischer Zeit erhalten ist. So haben sich in Burg
Gnandstein vornehmer Edelsitz und wehrstarke Festung miteinander verbunden. Des Besuchers Phan-
tasie schweist zurück in die Zeit einer alten, längst vergangenen Kultur, in die Frühzeit des sächsischen
 
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