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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

DOI Artikel:
Jessen, P.: Der kunstgewerbliche Geschmack in England, [3,2]: die Möbel (Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0093

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Abb. 11. Englische Schlarzimmermöbel. Aus dem Hohenzollern-Kaufliause (H. Hirsehwald) in Berlin.

DER KUNSTGEWERBLICHE GESCHMACK IN ENGLAND.

in.

Die Möbel.

(Sohluss.)

LESER klassicirende Stil, den
Sheratoii's Musterbuch ver-
tritt, ist von der neuesten
englischen Schulelebhaft auf-
genommen worden. Er fügte
sich in manchen Stücken
dem bis vor kurzem üblichen
neugotischen oder Renais-
sancestil an, durch die Vorliebe für gerade Linien
und Hölzer, durch die Einfachheit der Formen und
das Übergewicht der zweckmäßigen Einteilung und
Einrichtung über den Zierat. Ein Fortschritt lag
aber darin, dass neben den vielen kleinen Füllungen
des gotischen Gerüstes auch breite Flächen wieder
gestattet wurden, dass der Zimmermannscharakter
im Mobiliar nicht mehr so einseitig betont ward,
dass auch die Farbenwirkung des Holzes mehr in
ihr Recht trat, und dass vor allem der leichtere,
elegantere Charakter des Zier- oder Salonmöbels
besser herausgehoben werden konnte. Die größere
Beweglichkeit dieser leichteren Möbel gilt auch für
die Reinigung der Zimmer als ein Vorzug.

So erklärt es sich, dass gegenwärtig die klassi-
erenden Formen des 18. Jahrhunderts nicht nur
vielfach kopirt und direkt verwendet werden (Abb. 6),
sondern dass sie überhaupt den Geschmack des
modernsten englischen Mobiliars leiten. Im Gegen-
satz gegen die stark betonte Konstruktion des goti-
schen Möbels liebt man jetzt breite Flächen und fügt
nicht Pfosten, sondern Bretter zusammen; plastischer
Schmuck wird thunlichst ganz vermieden; man geht
in der Verachtung aller tektonischen Formen bis-
weilen so weit, dass selbst englische Schriftsteller
Einspruch erheben. Sehr mannigfach im Vergleich
zur neugotischen Mode ist die Farbe der Möbel
variirt worden. Man behält entweder die Politur der
alten Vorbilder bei, oder das Holz wird durch Lasur-
farben und Beizen lebhaft getönt und gefärbt, gern mit
den Modefarben der heutigen Koloristen, mit einem
leuchtenden Meergrün oder mit dem tiefen Ochsen-
blutrot; im Schlafzimmer ist besonders der weiße
Anstrich beliebt (s. die Abb. auf Seite 101 im Juniheft).
Eine reiche Auswahl dieser modernsten englischen
Möbel ist im Hohenzollern - Kaufhause zu Berlin
 
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