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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 21.1927

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Ziehen, Theodor: Rhythmus in allgemein philosophischer Betrachtung
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Katz, David: Vibrationssinn und Rhythmus
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https://doi.org/10.11588/diglit.14169#0220

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208

DAVID KATZ.

Wilhelm Lütgert

richtete in der Aussprache die Frage an den Hauptredner, ob ihm Rhythmus als
etwas Objektives gelte, ob er einen Rhythmus in der Geschichte anerkenne.

Schlußwort:

Ziehen: Der Vortragende erklärt sich im Schlußwort mit bestimmten Ausfüh-
rungen der Korreferenten einverstanden, gegen andere erhebt er Einwände. Herrn
Professor Lütgert erwidert er, daß er in der Tat vom geschichtsphilosophischen
Standpunkt auch in der Geschichte einen Rhythmus im weitern Sinne, etwa wie ihn
Carlyle sich gedacht habe (Hypothese eines Spiralverlaufs), annehme.

David Katz:
Vibrationssinn und Rhythmus.

(Verhandlungsleiter: Paul Menzer.)

Wohl zu den am wenigsten umstrittenen Tatsachen der Rhythmus-
forschung gehört die Feststellung, daß auf keinem Sinnesgebiet rhyth-
mische Gestalten eine solche Ausgeprägtheit besitzen wie auf dem
akustischen. Man kann natürlich den Rhythmusbegriff weiter oder
enger fassen, aber von höchster Unmittelbarkeit und in seiner Ein-
dringlichkeit jedem demonstrabel ist der an akustische Träger gebun-
dene Rhythmus. Die erste Frage, die wir an die Vibrationsempfindungen
(VE.) richten wollen, lautet: Welche Ausgeprägtheit besitzen rhyth-
mische Gebilde, deren Träger vibratorische Erlebnisse sind. Da die
VE. den akustischen Empfindungen außerordentlich verwandt sind, so
sehr, daß sie gelegentlich geradezu mit ihnen verwechselt worden sind,
durfte man erwarten, daß vibratorische Rhythmen den akustischen
nahestehen. Diese Erwartung hat sich in Versuchen bestätigt. Die
vibratorisch-rhythmischen Gestalten stehen den akustischen an Deut-
lichkeit kaum nach, für beide gelten dieselben objektiven und subjek-
tiven Bedingungen des Entstehens. Über das rein Tatsächliche hinaus
hat eine solche Feststellung darum besondere theoretische Bedeutung,
weil der Vibrationssinn entwicklungsgeschichtlich als ein Vorläufer des
Gehörsinns betrachtet werden muß, und man darum erwarten darf,
daß er, auch im Rhythmischen, manches klarer in die Erscheinung
treten lassen wird, was im Akustischen infolge der vollzogenen Diffe-
renzierung bereits verdeckt und verwischt worden ist. Diese theore-
tische Betrachtung wird sich erproben an dem, was ich über Mikro-
rhythmik sowie über die Beziehungen zwischen sensorischer und
motorischer Rhythmik werde auszuführen haben.

Die Notwendigkeit, die VE. von den Druckempfindungen scharf
zu trennen, habe ich an anderer Stelle erwiesen1). Man kann sich VE.

') D. Katz, Der Aufbau der Tastwelt, Leipzig 1925.
 
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