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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Kaspar, Fred: Einleitung: Güter, Pachthöfe und Sommersitze : Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0014
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10

Einleitung

Regel in baugeschichtlichen Untersuchungen im Ver-
hältnis zwischen Bauherr bzw. Besitzer und einem
Gebäude nicht zwischen freiem Besitz, Pacht, Lehen
und anderen Rechtsformen wie dem Meierrecht
unterschieden, zumal alle Formen auch in einem
Besitzkomplex nebeneinander bestehen konnten,
aber jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die
Funktion bestehender Bauten hatten. Um hier zu grö-
ßerer Sicherheit in der Interpretation und zu differen-
zierteren Erkenntnissen zu kommen, ist also die Bear-
beitung anderer Quellen als die Bauten selber unum-
gänglich, wozu insbesondere die Auswertung der
archivalischen Überlieferung gehört.
Wie aber nicht zuletzt bei dem hier anstehenden The-
menkomplex in manchen der vorgelegten Untersu-
chungen deutlich wird, müssen in der Gestalt ver-
gleichbare oder vergleichbar wirkende Bauten keines-
falls gleichen Zwecken gedient haben, auch wenn
sich ein solcher Zirkelschluss immer wieder in die
Interpretations-Überlegungen einschleicht. Auch wird
in manchen der Untersuchungen deutlich, dass es
unzutreffend und für die Bewertung nicht selten auch
irreführend ist, den Besitzer eines Gebäudes mit sei-
nem Nutzer gleichzusetzen. Dieses Vorgehen dürfte

insbesondere aus der Tradition der Bauernhausfor-
schung erwachsen sein, die den Hofbesitzer mit dem
Hofbewohner gleichsetzte. Ob der Besitzer eines Her-
ren- oder Landhauses dieses aber auch selber be-
wohnte, erschließt sich allerdings nur aus einer einge-
henderen Analyse seiner Lebens-, Besitz- und Fami-
liengeschichte. Vereinzelt ist zwar von der Forschung
eine solche Perspektive behandelt worden, doch blieb
es die Ausnahme: Noch immer ein gutes, aber selte-
nes Beispiel ist die Untersuchung, die Gertrud
Angermann schon 1966 zu Georg von Holle vorgelegt
hat.9 Andere Beispiele behandelte Irmintraut Richarz,
etwa die Besitzverhältnisse und Bauentwicklungen
der Güter in der Hand des Familienverbandes von
Münchhausen während des 16. und 17. Jahrhun-
derts.'0 Bei eingehender Betrachtung besaß ein sol-
cher Eigentümer zumeist mehrere Wohnungen, deren
Nutzungen im Lebens- und Jahreslauf und im familiä-
ren Gefüge sich nur aus der Gesamtkenntnis seiner
Lebensverhältnisse erkennen lässt. Plakativ die folgen-
den Ausführungen zusammengefasst, wird es Leitlinie
zukünftiger Forschungen sein müssen, klarer zwi-
schen Adelsbesitz und Adelssitz, zwischen Gutsherr,
Gut und Betreiber zu unterscheiden.


Der umgräftete Hof Haus Rüschhaus bei Münster-Nienberge wurde zwischen 1745 und 1748 durch den Architekten Johann
Conrad Schlaun nach eigenen Plänen vollständig erneuert. Als Hauptgebäude ließ er hierbei - wie auf solchen Pachthöfen
üblich - ein traditionelles Längsdielenhaus errichten. Dieses wurde allerdings mit massiven Umfassungswänden versehen, die
ebenso wie die flankierenden Wirtschaftsgebäude in ihrer Gestaltung Idealen barocker Architektur folgen. Das Gebäude dien-
te dem landwirtschaftlichen Betrieb der hier dauernd lebenden Pächterfamilie, ist allerdings durch ein groß dimensioniertes
Kammerfach erweitert, das dem in der Stadt Münster lebenden Besitzer und Bauherren als Sommerwohnung zur Verfügung

stand. (Foto Hartwig Dülberg 2009).
 
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