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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Dörfler, Wolfgang: Bockel und Mulmshorn: zwei adelige Hallenhäuser aus der Mitte des Landkreises Rotenburg/Wümme
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0100
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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen

Gyhum, zu dem Bockei gehörte. 1684 wurden als
gemeinsame Inhaber der Gerichtsrechte vier Adelige
benannt.38 Erstaunlich ist, dass außer Otto von Düring,
dem Besitzer des 1684 schon existierenden Adels-
hofes in Bockei, noch drei andere „Interessierte" auf-
gelistet wurden. 1718 hieß es: Gyhum, (...) ein frey
Junckern-Gericht.39 Noch in der Kurhannoverschen
Landesaufnahme von 1769 steht notiert: Das adeliche
Gerichte Gyhum und am Ort Bockei findet sich die
Notiz von Marschal.40 Auf der verkleinerten Militärver-
sion dieses Kartenwerks41 ist der Umfang dieses Ge-
richtes gut zu erkennen (Abb. 10). 1828 schrieb Peter
von Kobbe: Die adeliche Börde Gyhum, sonst Gericht
der Marschalks, die zu Bockei ihren Sitz habend2
Das Kirchspiel Gyhum ist ein auffallend kleines
Kirchspiel mit wiederum starken Hinweisen auf adeli-
gen Einfluss. Die Kirche wird im 12. Jahrhundert ge-
baut worden sein und trägt - seit dem Spätmittelalter
nachgewiesen - das Margarethen-Patrozinium. Auf
der Orgelempore sind die Wappen der adeligen
Familien von Hammerstein, von Düring, von Mar-
schalk und von der Kuhla eingeschnitzt und farbig
gefasst (Abb. 11).43
1440 hatte die Witwe des Iwan von Borch III. verschie-
dene Besitzungen im Kirchspiel Gyhum an das Bistum
Verden verkauft.44 Die Familie behielt aber auch da-
nach in der Umgebung Gyhums noch Besitz, der um
1500 im Vorder Register nachgewiesen ist.45 Auf die-
sem Besitz beruht die Ausstattung des später dort
angesiedelten Gutes. Der Wohnsitz Iwan von Borchs
III. und seiner Witwe war Horneburg.
Die Zehntregister von 1384 und 1500 zeigen die
Zehntpflicht der drei Bauern des Dorfes Bockei zur
Bremer Domprobstei.46 Auch die zahlreichen späteren
Register der Jahre bis 1650 weisen drei Bauern in
Bockei nach. Das detaillierteste Schatzverzeichnis von
1647 zeigt, dass seinerzeit alle drei Bauern W. Düh-
ring zu Brobergen zum Gutsherrn hatten. Zwei der
Bauernhäuser waren drei, eines vier Fach groß, ihr
Viehbesatz und ihre Ackerflächen waren weitgehend
identisch.47


11 Die Brüstung der Orgelempore (vormals Priche der von
Hammerstein) in der Gyhumer Kirche mit vier Adelswappen.
Foto Dörfler 1997.


Sicher ist, dass ein Mitglied der Adelsfamilie von
Düring Gründer des Gutes Bockei war. Eine Erklärung
für den Übergang des Besitzes der Famile von Borch
an die Familie von Düring bietet die Gyhumer
Gemeindechronik von 1982: Nach den Tode von Iwan
van Borch (1502) - zu ergänzen wäre hier IV, da er
ein Enkel des vorhin erwähnten Iwan von Borch war -
gehen diese Besitzungen in Gyhum an seine Tochter
Ilse Margarethe über, die sich mit Otto von Düring
verheiratet. Letzterer errichtete dann in Bockei wäh-
rend des Dreißigjährigen Krieges einen selbstständig
bewirtschafteten Großhof.48
Andererseits erwähnt der Historiker Arthur von
Düring, dass Johann von Düring Erbherr zu Düring
und Bockei 1618 ein Gut Brobergen gekauft habe.49
Dieser Johann sei vor 1641 verstorben. Nun wird aus
dem Zitat nicht klar, woher der Autor den Titel zu
Düring und Bockei nahm und ob man ihn auf das Jahr
1618 beziehen darf. In einer Akte des von Hammer-
steinschen Archivs aus Bockei, das jetzt im Archiv der
Ritterschaft in Stade aufbewahrt wird, fand ich eine
Mappe mit dem Titel: Concurs Papiere Johann v. Dü-
ring zu Brobergen und Bokel 1654.50 Diese Titulierung
kann man als sicheren Hinweis darauf werten, dass es
den Hof 1654 schon gab. In derselben Akte wird an-
gesichts einer Liquidationsverhandlung des Jahres
1661 von einem Kohlhoff zu Bockei, einem Backhaus
zu Bockei und schließlich von einem Guthe zu Bockei
gesprochen, was die Annahme stützt, dass der Hof in
den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges oder in
den ersten Nachkriegsjahren gegründet worden ist.
Arthur von Düring hatte seinen Kenntnisstand 1936
so zusammengefasst: „Auf dem Besitz (Bockei) war
kein Wohn- und Wirtschaftshof, er wurde von dem
Sitze der von Borgh auf Burg Horneburg aus verwal-
tet, erst Anfang des 17. Jahrhunderts scheint an einer
günstig gelegenen Stelle in Bockei ein Gutshaus und
Wirtschaftshof erbaut, und damit ein selbständig
bewirtschaftetes Gut geschaffen zu sein."51 Diese
Datierung Anfang des 17. Jahrhunderts ist zu früh, da
die sicheren Nachweise nicht vor der Mitte des
Jahrhunderts einsetzen. Zudem ist die Hofgründung
besser mit der hiesigen ländlichen Prosperitätsphase
in der zweiten Hälfte des Dreißigjährigen Krieges und
der unmittelbaren Nachkriegszeit zu erklären.52
Die oben zitierte Behauptung, dass der Besitzüber-
gang der Güter zwischen den von Borch und den von
Düring durch eine erbberechtigte Tochter erfolgte, ist
im Übrigen auch falsch.53 Ilsabe oder Ilse war eine
Schwester Iwans IV. von Borch, der 1502 kinderlos
starb. Seine Schwester war schon seit ca. 1480 mit
Otto von Düring verheiratet und brachte nach dem
Tod ihres Bruders das Bockeier und Gyhumer Erbe in
die Familie von Düring ein.
In Arthur von Dürings Veröffentlichung von 1936 sind
die Besitzerwechsel des Gutes zwischen 1687 und
1932 nachzulesen.54 Aus der Familienüberlieferung ist
 
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