Bauernhöfe mit Zweit- und Drittwohnungen
Pächter, Verpächter, Kapital, Landwirtschaft und Sommerfrische
259
Nutzung des Obergeschosses eines Torhauses als
Gerichtssaal oder Versammlungsort abzugrenzen
sein, zumal alle diese Nutzungen mehr oder weniger
ohne Feuerstellen auskamen. Viele der Schultenfami-
lien trugen besondere Ämter und Funktionen (etwa
als Richter),112 zu deren Ausübung man ebenso die
Torhäuser nutzte. Über die Nutzung des 1547 errich-
teten Torhauses auf dem Hof Schulte Aldrup bei Gre-
ven (Kr. Steinfurt) ist Folgendes überliefert: In seiner
erblichen Funktion als Amtsschulte hatte der Hof-
inhaber einmal im Jahr alle Bauern, die zu seinem
Amtsbezirk gehörten zu einer Versammlung einzula-
den, in der die Abgaben und Dienste besprochen
wurden. Dies soll im Saal des Torhauses geschehen
sein.113 Das zweite Torhaus, das auf einem Bauernhof
des Münsterlandes überliefert ist, wurde 1567/68(d)
auf dem Hof Schulte Dernebockholt bei Sendenhorst-
Albersloh (Kr. Steinfurt) errichtet. Dessen Inhaber war
Bauerrichter, wobei überliefert ist, dass auch diese
Versammlungen auf dem Saal des Torhauses stattfan-
den.114 Ob diese Torhaussäle nur für diese jährlich ein-
malige Nutzung vorgesehen waren, ist allerdings nicht
geklärt.
Freistehende „Lusthäuser" und Gartenhäuser als
Sommerwohnung
Freistehende Lusthäuser auf landwirtschaftlichen An-
wesen konnten bislang im erhaltenen Bestand kaum
nachgewiesen werden. Sie sind allerdings gelegent-
lich aus Nachrichten in den Quellen zu erschließen,
wobei es im Einzelfall fraglich bleibt, ob es sich hier-
bei um ein „Borg" genanntes Speichergebäude han-
delte oder um ein frei in einem Gartengelände ste-
hendes und wohl auch umgräftetes Sommerhaus
über größerer Grundfläche. Eine gewisse Vorstellung
vermag ein Fachwerkgebäude des 18. Jahrhunderts
auf dem schon mehrmals erwähnten Pachthof Kurze
Rumphorst bei Telgte (Kr. Warendorf) geben. Es wird
nachweisbar seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-
derts und noch heute als „Borg" bezeichnet. Das
turmartige und in einer Gräfte stehende, aber gegen-
über einem Speicher deutlich vergrößerte Gebäude ist
in seiner Nutzung und Geschichte ungewöhnlich gut
durch eine umfangreiche Überlieferung archivalischer
Quellen dokumentiert.115 Danach ist es 1748/50 aus-
drücklich als Sommerhaus an der Stelle eines hier
schon zuvor stehenden Borg genannten Gebäudes
22 Das Sommerhaus Haus Schücking in Sassenberg (Kr. Warendorf) wurde 1754 als „Tusculanum" der in Münster ansässi-
gen Familie im Auftrage des Kanzlers Christoph Bernhard Schücking (1704-1774) nach Plänen des Architekten Johann Conrad
Schlaun inmitten eines weitläufigen Gartens errichtet. Der eingeschossige Backsteinbau mit ausgebautem Mansarddach ist
ganz nach den speziellen Bedürfnissen als Sommerhaus eingerichtet: Zentral ist hierbei der Bezug der Wohnung zum Garten.
Der mittlere Hauszugang führt über einen kurzen Flur zum Gartensaal. Seitlich von diesem Flur liegt vorn links ein Speise-
zimmer und rechts die Küche. Zum Garten befinden neben dem Saal beidseitig die Schlafzimmer des Hausherren und seiner
Ehefrau (Foto 2008).
Pächter, Verpächter, Kapital, Landwirtschaft und Sommerfrische
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Nutzung des Obergeschosses eines Torhauses als
Gerichtssaal oder Versammlungsort abzugrenzen
sein, zumal alle diese Nutzungen mehr oder weniger
ohne Feuerstellen auskamen. Viele der Schultenfami-
lien trugen besondere Ämter und Funktionen (etwa
als Richter),112 zu deren Ausübung man ebenso die
Torhäuser nutzte. Über die Nutzung des 1547 errich-
teten Torhauses auf dem Hof Schulte Aldrup bei Gre-
ven (Kr. Steinfurt) ist Folgendes überliefert: In seiner
erblichen Funktion als Amtsschulte hatte der Hof-
inhaber einmal im Jahr alle Bauern, die zu seinem
Amtsbezirk gehörten zu einer Versammlung einzula-
den, in der die Abgaben und Dienste besprochen
wurden. Dies soll im Saal des Torhauses geschehen
sein.113 Das zweite Torhaus, das auf einem Bauernhof
des Münsterlandes überliefert ist, wurde 1567/68(d)
auf dem Hof Schulte Dernebockholt bei Sendenhorst-
Albersloh (Kr. Steinfurt) errichtet. Dessen Inhaber war
Bauerrichter, wobei überliefert ist, dass auch diese
Versammlungen auf dem Saal des Torhauses stattfan-
den.114 Ob diese Torhaussäle nur für diese jährlich ein-
malige Nutzung vorgesehen waren, ist allerdings nicht
geklärt.
Freistehende „Lusthäuser" und Gartenhäuser als
Sommerwohnung
Freistehende Lusthäuser auf landwirtschaftlichen An-
wesen konnten bislang im erhaltenen Bestand kaum
nachgewiesen werden. Sie sind allerdings gelegent-
lich aus Nachrichten in den Quellen zu erschließen,
wobei es im Einzelfall fraglich bleibt, ob es sich hier-
bei um ein „Borg" genanntes Speichergebäude han-
delte oder um ein frei in einem Gartengelände ste-
hendes und wohl auch umgräftetes Sommerhaus
über größerer Grundfläche. Eine gewisse Vorstellung
vermag ein Fachwerkgebäude des 18. Jahrhunderts
auf dem schon mehrmals erwähnten Pachthof Kurze
Rumphorst bei Telgte (Kr. Warendorf) geben. Es wird
nachweisbar seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-
derts und noch heute als „Borg" bezeichnet. Das
turmartige und in einer Gräfte stehende, aber gegen-
über einem Speicher deutlich vergrößerte Gebäude ist
in seiner Nutzung und Geschichte ungewöhnlich gut
durch eine umfangreiche Überlieferung archivalischer
Quellen dokumentiert.115 Danach ist es 1748/50 aus-
drücklich als Sommerhaus an der Stelle eines hier
schon zuvor stehenden Borg genannten Gebäudes
22 Das Sommerhaus Haus Schücking in Sassenberg (Kr. Warendorf) wurde 1754 als „Tusculanum" der in Münster ansässi-
gen Familie im Auftrage des Kanzlers Christoph Bernhard Schücking (1704-1774) nach Plänen des Architekten Johann Conrad
Schlaun inmitten eines weitläufigen Gartens errichtet. Der eingeschossige Backsteinbau mit ausgebautem Mansarddach ist
ganz nach den speziellen Bedürfnissen als Sommerhaus eingerichtet: Zentral ist hierbei der Bezug der Wohnung zum Garten.
Der mittlere Hauszugang führt über einen kurzen Flur zum Gartensaal. Seitlich von diesem Flur liegt vorn links ein Speise-
zimmer und rechts die Küche. Zum Garten befinden neben dem Saal beidseitig die Schlafzimmer des Hausherren und seiner
Ehefrau (Foto 2008).