Steinwerke in Stadt und Land Osnabrück
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Substanz bedeutet hätte. Auch eine chemische Ana-
lyse des Fugenmörtels im Bereich des Kaminzuges
und des ihn umgebenden Mauerwerkes hatte zum
Ergebnis, dass der Sand der Mörtelmischung ange-
sichts auffälliger Pfadfinderminerale aus ein und der-
selben Grube stammen muss.25 Die Nutzung der glei-
chen Sandgrube sowohl zur Bauzeit als auch noch zur
Zeit einer späteren Umbauphase kann als sehr un-
wahrscheinlich gelten. Der Wandputz im Erdgeschoss
ermöglicht keine Untersuchung des Mauerwerkes, im
Fußbodenbereich vor dem Kaminzug haben sich aller-
dings zwei kümmerliche Steinreste aus Karbonsand-
stein erhalten, die als Überbleibsel einer Kamineinfas-
sung gedeutet werden können. Da diese Werkstein-
varietät ausschließlich bei den bauzeitlichen Tür- und
Fenstereinfassungen verwendet wurde, handelt es
sich bei den Steinfragmenten mit hoher Wahrschein-
lichkeit um die Reste der bauzeitlichen Kaminwangen.
Der Blick auf den Hausgrundriss zeigt, dass dieser
Rauchabzug exakt hinter dem Rauchabzug der
Feuerstelle des Vorderhauses angelegt ist (Abb. 13).
Die notwendige Öffnungsgröße der beiden zuglosen
Schornsteine ließ sich problemlos in der bis zu 2,80 m
messenden Traufwand anlegen, möglicherweise war
dieses haustechnische Detail sogar ursächlich für die
große Wandstärke verantwortlich.
Der Raum im erhöhten Erdgeschoss ist demzufolge
bereits bauzeitlich beheizbar gewesen und kann
angesichts des zu rekonstruierenden offenen Kamins
und der prominenten Biforienfenster mit Teilungssäul-
chen und Würfelkapitell als repräsentativer Wohn-
raum angesprochen werden (Abb. 18). Das Eingangs-
portal liegt zu ebener Erde in der Nordwand und
erschließt den Raum über einen massiven Treppenlauf
mit zehn Stufen. Jeweils zwei Biforienfenster in der
West- und Südfassade belichteten den Raum. Das
westliche Fenster der Südwand hat sich in situ erhal-
ten, aus dem östlichen Fenster wurde zu unbestimm-
ter Zeit das Teilungssäulchen mit den beiden auflie-
genden Bogensteinen entfernt. Die beiden Fenster an
der Westfassade zeigen sich heute als Rekonstruk-
tionen des Jahres 1968. Im Verlauf der Spätgotik/
Renaissance waren diese Öffnungen aufgeweitet und
mit modernen Kreuzstockfenstern ausgestattet wor-
den. Die Decke über dem Erdgeschoss kann analog
zur Obergeschossdecke wohl als Holzbalkendecke auf
Konsolsteinen und mittlerem Unterzug rekonstruiert
werden. Die Reste der abgeschlagenen Konsolsteine
aus Karbonsandstein können allerdings nur über dem
Obergeschoss nachgewiesen werden, da die heutige
Deckenkonstruktion über dem Erdgeschoss die Nach-
forschungen verhindert. Die bauzeitliche Decke muss-
te bereits der Modernisierung des Hauses mit Kreuz-
stockfenstern weichen, da hierbei die Raumhöhe des
Erdgeschosses angehoben wurde. Diese jüngere
Decke wurde von einem Mittelunterzug auf einem
großen profilierten Holzständer mit Kopfbändern
unterstützt und hatte sich offensichtlich bis zu den
alliierten Luftangriffen des Jahres 1944 erhalten.26
Über die Nutzung des Obergeschosses gibt es auf-
grund der spärlichen Befundlage noch kein klares
Bild. Bislang wurde es stets als Lagergeschoss ange-
sprochen, jedoch lassen die Ausstattung mit zwei
Biforienfenstern im Westen und drei großen Spitzwin-
kelfenstern nach Süden Zweifel an dieser These auf-
kommen (Abb. 15). Ebenfalls gegen einen Lagerraum
spricht das Fehlen einer Ladeluke. Diese ist lediglich
im Dachgeschoss vorhanden und konnte ausweislich
einer quadratischen Öffnung in der Giebelspitze für
einen Windenausleger auch als solche genutzt wer-
den. Die Kaminhaube der Feuerstelle im Erdgeschoss
ragte weit bis in das Obergeschoss hinauf (Abb. 19).
Es kann zwar nicht von einer ausgesprochenen
Beheizbarkeit des Obergeschosses die Rede sein, aber
ein gewisser Kachelofeneffekt war durchaus gege-
ben. Wir können uns im Obergeschoss daher ebenso
eine untergeordnete Wohnfunktion (ggf. Schlafraum)
vorstellen. Als nachgewiesene Lagergeschosse dien-
ten wohl nur das Keller- und Dachgeschoss des
Hauses.
19 Osnabrück, Steinwerk Bierstraße 7. Blick auf die nördli-
che Traufwand mit Kaminzug im Obergeschoss. Der Pfeil
markiert die Ziegelzusetzung der ehemaligen Kaminhaube,
2010.
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Substanz bedeutet hätte. Auch eine chemische Ana-
lyse des Fugenmörtels im Bereich des Kaminzuges
und des ihn umgebenden Mauerwerkes hatte zum
Ergebnis, dass der Sand der Mörtelmischung ange-
sichts auffälliger Pfadfinderminerale aus ein und der-
selben Grube stammen muss.25 Die Nutzung der glei-
chen Sandgrube sowohl zur Bauzeit als auch noch zur
Zeit einer späteren Umbauphase kann als sehr un-
wahrscheinlich gelten. Der Wandputz im Erdgeschoss
ermöglicht keine Untersuchung des Mauerwerkes, im
Fußbodenbereich vor dem Kaminzug haben sich aller-
dings zwei kümmerliche Steinreste aus Karbonsand-
stein erhalten, die als Überbleibsel einer Kamineinfas-
sung gedeutet werden können. Da diese Werkstein-
varietät ausschließlich bei den bauzeitlichen Tür- und
Fenstereinfassungen verwendet wurde, handelt es
sich bei den Steinfragmenten mit hoher Wahrschein-
lichkeit um die Reste der bauzeitlichen Kaminwangen.
Der Blick auf den Hausgrundriss zeigt, dass dieser
Rauchabzug exakt hinter dem Rauchabzug der
Feuerstelle des Vorderhauses angelegt ist (Abb. 13).
Die notwendige Öffnungsgröße der beiden zuglosen
Schornsteine ließ sich problemlos in der bis zu 2,80 m
messenden Traufwand anlegen, möglicherweise war
dieses haustechnische Detail sogar ursächlich für die
große Wandstärke verantwortlich.
Der Raum im erhöhten Erdgeschoss ist demzufolge
bereits bauzeitlich beheizbar gewesen und kann
angesichts des zu rekonstruierenden offenen Kamins
und der prominenten Biforienfenster mit Teilungssäul-
chen und Würfelkapitell als repräsentativer Wohn-
raum angesprochen werden (Abb. 18). Das Eingangs-
portal liegt zu ebener Erde in der Nordwand und
erschließt den Raum über einen massiven Treppenlauf
mit zehn Stufen. Jeweils zwei Biforienfenster in der
West- und Südfassade belichteten den Raum. Das
westliche Fenster der Südwand hat sich in situ erhal-
ten, aus dem östlichen Fenster wurde zu unbestimm-
ter Zeit das Teilungssäulchen mit den beiden auflie-
genden Bogensteinen entfernt. Die beiden Fenster an
der Westfassade zeigen sich heute als Rekonstruk-
tionen des Jahres 1968. Im Verlauf der Spätgotik/
Renaissance waren diese Öffnungen aufgeweitet und
mit modernen Kreuzstockfenstern ausgestattet wor-
den. Die Decke über dem Erdgeschoss kann analog
zur Obergeschossdecke wohl als Holzbalkendecke auf
Konsolsteinen und mittlerem Unterzug rekonstruiert
werden. Die Reste der abgeschlagenen Konsolsteine
aus Karbonsandstein können allerdings nur über dem
Obergeschoss nachgewiesen werden, da die heutige
Deckenkonstruktion über dem Erdgeschoss die Nach-
forschungen verhindert. Die bauzeitliche Decke muss-
te bereits der Modernisierung des Hauses mit Kreuz-
stockfenstern weichen, da hierbei die Raumhöhe des
Erdgeschosses angehoben wurde. Diese jüngere
Decke wurde von einem Mittelunterzug auf einem
großen profilierten Holzständer mit Kopfbändern
unterstützt und hatte sich offensichtlich bis zu den
alliierten Luftangriffen des Jahres 1944 erhalten.26
Über die Nutzung des Obergeschosses gibt es auf-
grund der spärlichen Befundlage noch kein klares
Bild. Bislang wurde es stets als Lagergeschoss ange-
sprochen, jedoch lassen die Ausstattung mit zwei
Biforienfenstern im Westen und drei großen Spitzwin-
kelfenstern nach Süden Zweifel an dieser These auf-
kommen (Abb. 15). Ebenfalls gegen einen Lagerraum
spricht das Fehlen einer Ladeluke. Diese ist lediglich
im Dachgeschoss vorhanden und konnte ausweislich
einer quadratischen Öffnung in der Giebelspitze für
einen Windenausleger auch als solche genutzt wer-
den. Die Kaminhaube der Feuerstelle im Erdgeschoss
ragte weit bis in das Obergeschoss hinauf (Abb. 19).
Es kann zwar nicht von einer ausgesprochenen
Beheizbarkeit des Obergeschosses die Rede sein, aber
ein gewisser Kachelofeneffekt war durchaus gege-
ben. Wir können uns im Obergeschoss daher ebenso
eine untergeordnete Wohnfunktion (ggf. Schlafraum)
vorstellen. Als nachgewiesene Lagergeschosse dien-
ten wohl nur das Keller- und Dachgeschoss des
Hauses.
19 Osnabrück, Steinwerk Bierstraße 7. Blick auf die nördli-
che Traufwand mit Kaminzug im Obergeschoss. Der Pfeil
markiert die Ziegelzusetzung der ehemaligen Kaminhaube,
2010.