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Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Kaspar, Fred [Oth.]; Gläntzer, Volker [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

DOI issue:
Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
DOI article:
Kaspar, Fred; Barthold, Peter: Saalkammer und Torhaus: ein bürgerliches Pachtgut mit Sommerwohnungen aus der Zeit um 1590: Haus Milte bei Telgte (Kr. Warendorf)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0336
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Landgüter von Bürgern und Beamten - Lebens- und Wirtschaftsformen


4 Gut Haus Milte bei Telgte; Wirtschaftsgiebel des
Haupthauses im rekonstruierten Zustand der Bauzeit um
1590 (Bauaufnahme F. Kaspar 2009, Zeichnung I. Frohnert
2013).

Nachdem er damit bis 1590 verschiedene Besitzungen
zu einem größeren Gut vereinen konnte, bezeichnete
sich Heinrich von der Wiek seit dieser Zeit mit dem
Zusatz zu Milte. Allerdings blieb der unmittelbar nörd-
lich ohne weiteren Abstand der Hofflächen anschlie-
ßende Hof Pollert (heute Grafhorst 1) auch weiterhin
ein selbstständiger grundherrlich gebundener Besitz.
Er baute seitdem das neu geschaffene, fortan als
„Haus Milte" bezeichnete Gut systematisch aus. Hier-
bei scheint es zu einer umfangreichen Erneuerung
bzw. auch einer Neuanlage der Gräften sowie einem
Neubau von Haupthaus und Torhaus gekommen zu
sein. Das wenig später noch einmal durch Zukauf
erweiterte Gut28 blieb als ungeteilter Besitz im Ver-
band der Familie, die ihren Hauptwohnsitz allerdings
weiterhin in der Stadt Münster hatte.29 Es wurde ver-
pachtet, diente daneben aber den Eigentümern noch
bis ins 20. Jahrhundert auch als Sommersitz. Hierzu
bestand neben dem um 1590 errichteten Pächter-
wohnhaus mit seiner herrschaftlichen Wohnmöglich-
keit auch noch eine zweite herrschaftliche Wohnung
in dem 1599 errichteten Torhaus. Seit 1687 gab es
mit dem Umbau des Torhauses zu diesem Zweck wohl
nur noch den Wohnteil des Haupthauses, den man
um 1833 noch einmal völlig in zeitgemäßen Formen
erneuert und um 1903 wiederum durch einen villen-
artigen Ausbau des alten Torhauses ersetzte.

Später vermerkte Heinrich von Wiek, er habe sein Gut
für über 2 000 Rthl verbessert und ausgebaut, wobei
das notwendige Geld die Familie seiner Frau Ida
Droste bereitgestellt habe. Ihre Familie bzw. Alhard
von Droste sollte es daher nach seinem ersten Testa-
ment von 1592 auch erben. Am 25. Dezember 1598
formulierte Ida Droste, Frau des (wohl verstorbenen)
Heinrich von Wiek zur Milte allerdings ein weiteres
Testament. Zu dieser Zeit war Arnold von der Wiek,
Bruder des Heinrich von Wiek, Mitinhaber von Haus
Milte, da er in großen Schulden ausgeholfen hatte. Er
wurde nun zum Erben bestimmt. Möglich ist, dass in
diesem Zusammenhang das 1599 datierte Torhaus
errichtet wurde, um einen zweiten herrschaftlichen
Wohnbereich auf dem Gut - etwa für die Witwe des
Bauherren - zu schaffen. Bei Abfassung eines dritten
Testamentes im Jahre 1619 waren alle Erben des Ehe-
paares bereits verstorben, sodass Heinrich von Wiek
(ein Sohn?) nun seine Cousine Else Bertling, verheira-
tet mit Hermann Grotegesen, als Generalerbin ein-
setzte. Durch dieses Testament sollte das Gut Milte als
Erbschaft an die Familie Berteling gelangen, die auf
dem Haus Berteling (bzw. später Haus Runde) bei
Billerbeck saß.30 Für die folgende Zeit ist die jeweilige
Nutzung der verschiedenen zum Familienverband
Bertling/Runde gehörenden Wohnsitze im Einzelnen
nur noch schwer nachzuvollziehen.31 Dennoch scheint
im 17. und 18. Jahrhundert auf Haus Milte zumindest
zeitweilig für Teile der Familie eine Dauerwohnung
bestanden zu haben.
Nachdem Else Bertling zur Universalerbin ihres Onkels
Heinrich von Wiek zur Milte geworden war, lebte sie
noch 1649 als Witwe Grotegese auf Haus Milte.32
Nach ihrem Tode 1666 gelangte das Gut an Maria
Bertling, Tochter ihres Bruders Caspar Bertling, der mit
Maria Lembeck verheiratet gewesen war. Maria
Bertling heiratete 1663 in Telgte Johann Caspar Run-
de, Landrentmeister in Meppen.33 Er wird schon 1664
als Besitzer von Haus Milte genannt (dieses ist schat-
zungsfrei) und 1665 wird Johann Caspar Runde zur
Milte als bischöflicher Sekretär in Münster bezeich-
net.34 Das Ehepaar lebte noch 1679/85 auf Haus Mil-
te,35 unterhielt auch ein Haus im Zentrum von Müns-
ter36 und erbte 1693 auch das Haus Bertling bei Biller-
beck (später „Haus Runde"). Zu ihrer Zeit scheint
Haus Milte vernachlässigt worden zu sein, denn 1687
mussten am Torhaus wegen starker Bauschäden um-
fangreiche Bauarbeiten durchgeführt werden. Mög-
licherweise war dies mit einer Besitzweitergabe ver-
bunden und ist damit Ausdruck des Generationen-
wechsels (in diesem Jahr heiratete ihr zweitältester
Sohn). Die Bauherren haben ihre Anfangsbuchstaben
in einer aus Eisenankern gebildeten „Inschrift" an
dem Gebäude hinterlassen: Diese sind leider wohl nur
teilweise erhalten (/ M /), sodass die Namen dieser In-
habergeneration bislang noch nicht entschlüsselt wer-
den konnten.
 
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