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Winghart, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Kaspar, Fred [Bearb.]; Gläntzer, Volker [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Landgüter von Bürgern und Beamten, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Barthold, Peter: Freihöfe des 16. bis 19. Jahrhunderts im Fürstentum Minden
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0365
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361

erschlossenen Gründung3 wurde es möglich, nicht nur
Näheres zu den Gründen zu ermitteln, die zur Ein-
richtung dieser Höfe im Laufe des 16. und 17. Jahr-
hunderts führten, sondern auch Einblicke in deren
Wirtschaftsweisen, ihre Bedeutung für die Inhaber so-
wie ihren Baubestand und die bauliche weitere Ent-
wicklung zu bekommen. Neben der Klärung der Be-
sitzgeschichte machte es eine Auswertung entspre-
chender Kirchenbücher4 und landesherrlicher Archive5
möglich, auch Nachrichten über Unterpächter, auf
dem Hof wohnende Verwandte und Gesinde zu be-
kommen.
Auffallend ist der teilweise häufige Wechsel der
Eigentümer der Freihöfe. Ermöglicht durch den Frei-
brief, wurden diese Höfe nicht nur zum Statussymbol,
Zeichen für den erfolgreichen Aufstieg einer Familie,
sondern auch zu Spekulationsobjekten, zu einer Mög-
lichkeit der Geldanlage und war es zudem ermöglicht,
auch Teile oder einzelne Grundstücke davon zu ver-
kaufen. Zumeist mit einem herrschaftlichen Haus aus-
gestattet, wurden die Höfe aber zunächst in der Regel
nicht von den Besitzern dauerhaft bewohnt, sondern
von ihnen als Sommersitz genutzt, während die
Landwirtschaft durch Bedienstete betrieben bzw. ins-
gesamt oder in Teilen verpachtet war.
Der Unterhalt der oft auf den Freihöfen errichteten
umfangreichen Anlagen mit Herrenhaus, manchmal
auch mit Gärten und Teichen setzte größere Einkünfte
voraus. Von vornherein oft nicht groß genug, manch-
mal aber auch nachträglich verkleinert, hatten viele
der Freihöfe keine ausreichende Wirtschaftskraft, um
ihren Bestand dauerhaft zu sichern, insbesondere
nachdem sich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die
Erträge aus landwirtschaftlicher Tätigkeit wesentlich
verschlechtert hatten. So sind sie vereinzelt schon
nach kaum mehr als einer Generation wieder zu dem
Bauernhof gewandelt worden, aus dem sie zumeist
hervorgangen waren. Aufstieg und Niedergang der
Freihöfe dokumentiert sich daher nicht zuletzt in der
Art und dem Aufwand der auf den Höfen stehenden
Hauptgebäude, die von den bäuerlichen Längsdielen-
häusern bis zu selbständig stehenden, zweigeschossi-
gen Herrenhäusern reichen konnten. Von diesen hat
sich allerdings nach dem Niedergang der Freihöfe
kaum noch etwas bis heute erhalten, wobei die
Beschreibungen in den überlieferten archivalischen
Quellen nur grobe Kenntnisse vermitteln. Danach
kam es nicht selten zu der charakteristischen Ver-
bindung von herrschaftlicher Wohnung und landwirt-
schaftlichem Gebäude in der auch andernorts be-
kannten Form eines T-Hauses.
Nach der Definition kann ein Freihof nicht in der Stadt
liegen. Daher kann es nicht um die freien Höfe gehen,
die sich in den drei Städten des Fürstentums Minden,
in Minden, Lübbecke und Petershagen sowie dem
befestigten Amtsort Hausberge befanden, sondern
nur um die große Zahl von freien Höfen, die in den

Kirchdörfern, Dörfern und auf dem platten Land la-
gen. Hiervon sind allerdings die landtagsfähigen Rit-
tergüter zu unterscheiden, da sie in einer anderen
rechtlichen Tradition stehen. Bei ihnen handelt es sich
in der Regel um Lehngüter, deren adelige Aufsitzer bei
jedem Wechsel neu belehnt werden mußten. Der
Erwerb eines Freihofes war für vermögende Bürger
oder den Militär- und Beamtenadel des 16. bis 17.
Jahrhunderts die entscheidende Möglichkeit, an steu-
erfreien und damit lukrativen Grundbesitz außerhalb
der Städte zu gelangen.6 Freihöfe waren sogenannte
Allodialgüter, die keinem Lehnsverband angehörten
und somit von ihren Eigentümern als freies Eigentum
ohne Zustimmung Dritter verkauft werden konnten.
Allerdings war ihre Zahl nicht feststehend, denn auch
im Fürstentum Minden war es möglich, ein Lehngut
gegen Zahlung einer bestimmten Summe zu Allodial-
gut wandeln zu lassen.
Die Zeit der von den Mindener Bischöfen vergebenen
Freihöfe scheint im späten 17. Jahrhundert zu Ende
gegangen zu sein. Hierbei spielte eine entscheidende
Rolle, dass die Freihöfe steuerfrei waren, was nach
1648 die Steuerdirektion der neuen brandenburgi-
schen Regierung in Minden schnell als großes Ärger-
nis empfand.7 Der Landesherr Friedrich Wilhelm von
Brandenburg, „der Große Kurfürst" (1640-1688) ließ
1684 von neun Höfen die Freiheiten aufheben lassen.
Grundsätzlich sollen die Freiheiten welche die vorigen
Bischöfe mit Conses des Thumb Capitulß ertheilet...
haben nicht länger als zu derselben Lebzeiten beste-
hen8 Tatsächlich haben viele der Freihöfe in der Regel
schon im Laufe des 18. Jahrhunderts ihren besonde-
ren Charakter verloren und wurden wieder zu „nor-
malen" Bauernhöfen.
In einem zweiten Teil werden dann einige Neugrün-
dungen von landwirtschaftlichen Betrieben im unmit-
telbaren Umkreis der Stadt Minden betrachtet, die
zwischen 1760 und der Mitte des 19. Jahrhunderts
entstanden. Diese gehen nicht mehr auf die Erteilung
von Freibriefen zurück, sondern wurden von Städtern
als Kapitalanlage außerhalb der Stadt gegründet, aber
von den Besitzern und Zeitgenossen ebenfalls als
„Güter" bezeichnet. Gerade diese jüngeren Gutshöfe
sind heute kaum noch erhalten, da sie inzwischen von
der sich ausweitenden Stadt verschluckt und durchge-
hend heute bebaut sind.
Duxscher Freihof in Minden-Aminghausen,
Breekamp 7, heute Bauernhof
Am 6. Juli 1563 bestätigt Herzog Georg von Braun-
schweig-Lüneburg als Bischof von Bremen und Min-
den seinem Neffen Erich Duxen, neben den schon
bestehenden Freiheiten umb geleisteder getreuwer
dienste willen auch die Aufhebung des Mahlzwanges
für dessen „Freien Hove zu Aminckhausen."9
Erich Dux war schon spätestens 1560 Droste des
bischöflichen Amtes Hausberge10 und hatte vermut-
 
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