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38 Titas.

alter seiner Kaiserjahre, wo die Grazie seiner Jugend durch die
flavische Wohlbeleibtheit schon bedeutend modificiert war (venire
paulo projectiore). Die idealisierten Porträts dürfen in Beziehung
auf Bildnisähnlichkeit nicht ausschliesslich an jener gemessen werden.
Ihre grössere Formenschönheit beruht auf mehr als bloss künst-
lerischer Vereinfachung oder gar Schmeichelei; sie ist ohne Zweifel
ein Nachklang derjenigen Gesichts- und Körnerbildung, welche
Titus in früheren Jahren eigen waren, wie diese Porträts ja auch
durchgängig ein etwas jugendlicheres Alter zeigen. Deswegen
brauchen sie nicht als Darstellungen des Cäsar Titus gefasst zu
werden (Longperier zur Pariser Bronze). Der Neapler Colossalkopf
wenigstens stellt seiner Grösse nach sicher den Kaiser dar.

Abgesehen von diesem allgemeinen Unterschied in der Porträt-
behandlung heben wir im Einzelnen noch Folgendes hervor. Während
die kurzgelockten Haare meist flach aufliegend in unregelmässiger
Linie die Stirn begrenzen, sind sie bei der albanischen Büste (5)
wie gesträubt und bilden sie am Neapler Colossalkopf (13) einen
fast regelmässigen Bogen. — Noch grösser ist die Abweichung bei
der Florentiner Büste (14), wo sie nicht bloss nicht gelockt sind,
sondern über den Schläfen in zwei Winkeln zurücktreten, was sonst
bei Titus nicht getroffen wird. Aber dieser Kopf ist überhaupt ein
schlechtes und künstlerisch ziemlich wertloses Bildnis. — Der Arbeit
nach besser, aber ebenfalls von mangelhafter Aelmlichkeit (ob wirk-
lich Titus darstellend?) der Colossalkopf in München (28).

Das Togaschema ist verbürgt bei der in der Nähe des Lateran
gefundenen Statue des Braccio nuovo (2), wogegen die Cam-
pana'sche Statue im Louvre (19) absolut precär und dadurch
jedenfalls nicht gesicherter, dass ihr der gleiche Fundort wie der
vaticanischen (Lateran) zugeschrieben wird und dass sie dasselbe
rätselhafte alveare aufweist.

Panzerstatuen existieren noch vier: Im Pal. Kospigliosi (9),
in Neapel (12), im Louvre (20) und in Olympia (33), alle mit
wahrscheinlich zugehörigen Köpfen; die des Louvre mit dem sonst
nicht vorkommenden Motiv der auf den Schild gestützten Linken
und der mit Schienen bekleideten Beine; die von Olympia bekränzt.
Doch ist keine darunter, welche der Togastatue des Braccio nuovo
an Vorzüglichkeit gleich käme. In dieser letzteren sind nicht nur
die Gesichtszüge mit keckem Realismus und ohne alle Schmeichelei
wiedergegeben, sondern die Porträtähnlichkeit ist hier einmal aus-
nahmsweise auf die ganze Gestalt übertragen, deren stämmige, unter-
setzte Proportionen offenbar den überlieferten Mangel an Schlankheit
(mqit0 procera statura) illustrieren.
 
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