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Züge des Coramodustypus. Angebliche Seltenheit. 237

wo eine der obengenannten Büsten (3) aufgestellt ist, steht gegenüber
die Statue eines Jägers (52) mit anderem Bildniskopf, welche gleich-
wohl ganz allgemein und unbeanstandet ebenfalls für Commodus galt.

Es war daher sehr erwünscht, als im Jahr 1875 auf dem Es-
quilin eine wohlerhaltene Halbiigur (1) gefunden wurde, welche
nicht bloss durch ihre Aehnlichkeit mit den Münzen, sondern zu-
gleich durch die herculischen Attribute von Löwenhaut und Keule
sich in unzweideutigster "Weise als Commodus erwies, und damit
die obige Alternative zu Gunsten der vaticanischen Büste und der
mit ihr identischen Bildnisse entschied. — Auf Grund dieses Ent-
scheides dürften etwa folgende Züge als charakteristisch für Com-
modus hervorgehoben werden:

Eine schmale Kopfform und volles, gelocktes Haar, das aber
nicht wie bei L. Verus in die Stirn tritt, sondern diese in einem
Bogen umrahmt. Die Stirn selbst glatt und seitwärts zurückgewölbt;
die Brauenlinie weich und einen hohen regelmässigen Bogen bildend,
der ohne Winkel in den Nasenrücken übergeht. Die Augen etwas
vorquellend mit breit aufliegenden Lidern, ohne Zweifel ein Erb-
teil von seinem Vater her, wie wir es schon bei den mutmasslichen
Bildnissen seiner Schwester Lucilla getroffen. Dazu eine etwas ge-
bogene Nase, ein nur wenig unterkehlter Mund und ein krauser
Bart, der den Vorderteil des Kinns bloss lasst. Im Ganzen un-
leugbar ein formenschöner Kopf, aber das Gesicht von schwäch-
lichem energielosem Ausdruck, wohl zwar die natürliche Indolenz
seines Wesens, nicht aber die Zügellosigkeit und Wildheit seiner
letzten Jahre bekundend.

Von diesem den Kaiser als jungen Mann (zwischen 20 und
30 Jahren) darstellenden Typus sind uns noch mindestens ein
Dutzend Exemplare, welche sicher aus dem Altertum stammen, er-
halten; und eine fast ebenso grosse Anzahl Knaben- oder Jünglings-
köpfe werden uns weiter unten begegnen. So überaus selten, wie
Visconti behauptet1 und wie es überall wiederholt wird, sind die
Commodusbildnisse also doch nicht. Und wenn auch die in der
Zerstörung seiner Denkmäler sicli äussernde Bache des Senats nach
seinem Tode ohne Zweifel sehr ernst gemeint war, und in Born und
an manchen Orten Italiens mit Leidenschaft betrieben wurde, so
scheint doch die Rehabilitation durch Septimius Severus viele be-
seitigte Bildnisse wieder zu Ehren gebracht zu haben. Nach Winckel-
mann2 sollen noch deutliche Spuren jener Zerstörung bei den Aus-

1 Pio Clem. VI. p. 210.
1 "VV. W. VI. 1. p. 326.
 
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