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er

„bin ich
Vicenzo,

Scrmami Bitt«-, köui^l. pkrusjischrr «lunnzminlstkr.
Nach cincr Photograph!« gczctchnct von C. Kolb. sS.

Bicenzo lachte. „Daß ich eilt Narr wäre und mich
um de» bedungenen Lohn vom Grafe» brächte."
„Die Kleine könnte Dir ja eine größere Summe
versprochen haben, wenn Dn sie zu ihrer Mntter zurück-
schasstest," sagte Andreo lauernd.
„Hm, die Strohflechterin sieht auch gerade aus, als
ob sie es zahlen könne. Wenn man die sammt ihrem
Hänschen um und um kehrt, fällt ja nicht so viel her-
aus, wie ein Graf Amadeo immer in der Tasche trägt."
„Die Deutschen hätten vielleicht doch mehr gezahlt,"
bemerkte Andrea; er war noch immer mißtrauisch gegen
seinen Kameraden.
„So? Meinst Dn? Willst Dn es vielleicht Pro-
kuren? Hast Dll sie darum sortgeschafft?" gab ihm
Bicenzo zurück.
Wiederuin drohte der Streit der beiden Bieder-
männer in Thätlichkeiten anszuarten, und wieder ver-
trugen sie sich.
„Der Teufel muß sie geholt haben!"
schrie Andreo.
„Wo der Teufel nicht selber kommen
kann, da schickt er ein altes Weib," ver-
setzte Bicenzo phlegmatisch. „Wird wohl
auch hier so sein."
„Tie tolle Margherita!" rief Andreo
mit einem Wuthgehenl, „das Weib hat
mir auch meine Pistole gestohlen. Wehe
itzr, wenn ich sie fasse; mit meinen Hän-
den erwürge ich sie!"
Bon Bicenzo gefolgt stürmte er die
chrcppen hinauf, welche ans dem unter-
irdischen Gewölbe in das Innere des
Schlosses führten.
Beim Anblick der beiden fremden, wild
aussehenden Männer, die so plötzlich und
mit so zornigen Geberden dem Schoße der
Erde zu entsteigen schienen, steckten die
Diener des Schlosses erschreckt die Köpfe
zusammen. Die Meisten hatten von der
Ankunft der Fremden nichts erfahren, der
Schlvßvvgt hatte sie in Empfang ge-
nommen und ein alter Reitknecht die Pferde
und den Wagen unter Dach gebracht.
„Wo ist Margherita, wo "ist die tolle
Hexe?" brüllte Andreo, „ich muß sie fin-
den und hätte sic sich bis in die Hölle
verkrochen."
Ter Schlvßvogt bekreuzte sich ob solcher
fürchterlichen Rede, half aber doch eifrig
nach der Wahnsinnigen suchen. Alan
fand sie im ganzen Schlosse nicht und
Niemand wollte sie gesehen haben. Mar-
gherita trieb sich oft Tage lang in den
Bergen umher, sie ging und kam, ohne
daß man viel ans sie achtete; Jeder war
zufrieden, wenn sie ihm nicht in den
Weg lief.
Eine geraume Zeit verging über dein
Suchen. Endlich sand mau die Wahn-
siunige j» ziemlicher Entfernung vom
Schlosse ans einen: Felsblock sitzend, der

l> e r I o r e u.
R o in a n
von
Ludwig K a b i ch t.
lForlscljnng.)
(Nachdruck verboten.)
it einem tiefen Stöhnen, das eher dem
Geheut eines Raubthieres, als den Lauten
einer Menschenstimmc glich, erwachte
Andreo, dehnte sich, reckte alle Glieder,
rieb sich die Angen und griff dann mecha-
nisch nach seinen Waffen. Der Dolch Ivar sogleich zur
Hand, die Pistole konnte er aber nicht finden , so viel
er auch suchte und nm sich griff.
.IlaloclsttoR fluchte er und sprang auf,
denn mit einem bösen Zauber geplagt?
Bicenzo!" rief er mit lauter Stimme.
„Stehe auf. Es muß hoch am Tage
sein. Dn schläfst ja wie ein Mnrmelthier
und das Püppchen rührt und regt sich
auch nicht. Sie scheint ihre Angst ver-
schlafen zn haben, das Klügste, was sie
thun konnte."
Er tappte sich nach dem Kamin, stolperte
dabei über die Decke, aus der sein schlaf-
trunkener Kamerad sich soeben heranS-
znwickeln begann, und brachte sich unter
Fluchen und Schelten mit Mühe wieder
ans die vom langen Liegen steif geworde-
nen Beine.
„Die Kleine rührt und regt sich nicht,"
sagte Bicenzo.
„Hat einen gesunden Schlaf," lachte
der Andere, während er nach dem Feuer-
zeug nmhertappte.
„Man hört sie aber auch nicht athmen,"
bemerkte Bicenzo.
„Meinst wohl, sic soll auch so alle
Register ziehen wie Dn!" spottete sein
Kamerad. Er hatte die Streichhölzer ge-
funden, ließ eines aufflammen, zündete
eine Kerze an und trat damit an das
im Hintergründe befindliche Bett. Mit
einem lauten Schrei fuhr er so heftig
zurück, daß die Kerze beinahe zu Boden
gefallen wäre; das Bett war leer.
Er setzte den Leuchter ans den Tisch
und durchwühlte das Bett bis auf die
unterste Matratze, als ob das Mädchen
eine Stecknadel gewesen wäre, die sich
darin hätte verlieren können. Dann
leuchtete er im ganzen Gemache und im
anstoßenden Gewölbe umher und fuhr
endlich, als er die Berschwnndene nir-
gends zu entdecken vermochte, mit wüthen-
der Geberde auf seinen Gefährten los,
der in stummer Verwunderung darein-
schaute.
„Hund, vermaledeiter Hnnd!" schrie

er, die geballte Faust gegen ihn erhebend, „Dn Nullst
Dir einen schlechten Spaß mit mir machen, Dn hast
sie versteckt!"
„Schurke!" gab ihm Bicenzo giftig zurück. „Man
sucht Keinen im Sack, man hätte ihn denn selbst darein
gesteckt. Dn hast die Dirne auf die Seite gebracht."
„Elender Narr!"
„Tobe wie Du willst. Kein Anderer als Du kann
das Mädchen fortgeschafft haben."
„Du bist es gewesen!" schrie Andreo und wollte
sich ans ihn stürzen. Geschickt wich ihm Bicenzo aus.
„Ich müßte Dir ja ans den Kopf getreten sein,"
höhnte er.' „Dick genug ist Dein Schädel, aber das
hätte er am Ende doch gefühlt."
So brutal diese Logik war, wirkte sie doch über-
zeugend. Andreo wurde nachdenklich.
„Du hast sie nicht fortgeschafft?" fragte
ruhigerem Tone.
 
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